Seit 3 Uhr stehen Kolleginnen und Kollegen vor der Zentrale des Busunternehmens HEAG mobilo und kein Bus fährt mehr. Die Kollegen erklären mir, dass Sie für einen angemessenen und gerechten Lohn kämpfen, neben weiteren Forderungen, die sich auf Pausenzeiten, Urlaub und Betriebsrente beziehen.
Ein Kollege berichtete mir, dass es für die Busfahrer seit rund sieben Jahren keine Lohnerhöhung gegeben hat. Vom Unternehmen kamen verschiedene Entschuldigungen und Ausreden, einmal die wirtschaftliche Lage, dann eine neue Straßenbahnlinie. Dies hat er lange Zeit akzeptiert, für den Konzern und seinen Arbeitsplatz, er fährt schließlich gerne Bus. Aber mittlerweile geht es einfach nicht mehr! Der Lohn aus Vollzeitarbeit reicht nicht zum Leben aus, vor allem wenn man noch eine Familie hat. Es gibt viele, die noch einen Nebenjob brauchen, z.B. im Krankenhaus putzen oder im Supermarkt die Regale füllen. Und einige müssen beim Sozialamt Wohngeld oder andere Unterstützung beantragen. Die Kollegen fühlen sich also zu recht erniedrigt! Auch um die soziale Anerkennung Ihres Berufes geht es vielen. Ein Busfahrer hat viel Verantwortung, den ganzen Tag muss er Fahrgäste sicher transportieren, auch mit dem Airliner Bus von Darmstadt über die stark befahrene Autobahn direkt zum Flughafen Frankfurt. Am Abend und bei Nacht besteht die Gefahr, überfallen zu werden. All diese Verantwortung wird jedoch nicht ausreichend honoriert und vergütet.
Im Gegensatz dazu hat der Chef von HEAG mobilo seit 2011 EInkommenserhöhungen von 21,3% erhalten und bezieht derzeit ein Jahresgehalt von ca. 250.000 Euro. Auch die jährliche Fahrpreiserhöhung kommt den Busfahrern nicht zu Gute. Insgesamt wird deutlich, dass ein politisches Umdenken notwendig ist. Der HEAG-Konzern, welcher zu 94,99% der Stadt Darmstadt gehört, hat 74% der Unternehmensanteile an HEAG mobilo. Somit ist die Stadtpolitik gefragt, hier Lohngerechtigkeit durchzusetzen. Aber das ist offensichtlich nicht im Interesse der grün-schwarzen Koalition im Darmstädter Rathaus und der schwarz-grünen Landesregierung in Hessen.
Der aktuelle Streik hat eine lange Vorgeschichte. Schon 2004 protestierten Gewerkschaften gegen den von der damaligen CDU-Alleinregierung in Hessen per Gesetz gewollten Dumpingwettbewerb im Öffentlichen Nahverkehr. Demnach sollten die Kommunen und Verkehrsverbünde bei der Ausschreibung von Linien für Busse und Bahnen den jeweils billigsten Anbieter bevorzugen. So kam es zu einer regelrechten Flucht aus den Tarifwerk für den Öffentlichen Dienst, die den vormals relativ unbedeutenden LHO erst stark machte. Viele der im LHO organisierten Streikbetriebe in größeren Städten sind Billigtöchter und Ausgründungen kommunaler Verkehrsbetriebe. Sie wurden unter dem Diktat der „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Kostensenkung“ gebildet. Andere LHO-Mitglieder sind Ableger internationaler Konzerne und Finanzanleger wie Transdev, First Group und Netinera, die mit dem staatlich subventionierten deutschen Nahverkehr rasche Rendite erzielen wollen.
Wir sind gegen das Diktat der „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Kostensenkung“. Der Öffentliche Personennahverkehr darf kein Spielball für Liberalisierung, Dumpingwettbewerb und private Profitmaximierung sein. Er gehört in öffentliche Hände und unter die demokratische Kontrolle der Öffentlichkeit und der Beschäftigten. Löhne und Arbeitsbedingungen müssen denen im Öffentlichen Dienst entsprechen. Die Busfahrer haben unsere volle Unterstützung verdient. Ihr Kampf ist unser Kampf!
|