Gestresste Paketboten brechen in den frühen Morgenstunden von den Depots auf und sind oftmals noch am Abend im Einsatz. Zeit für eine Verschnaufpause bleibt ihnen meistens nicht. Überall in Stadt und Land begegnen uns Kastenwagen mit Firmenlogos wie Hermes, UPS, DPD, DHL, TNT und GLS.
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Wer heute bei einem dieser Paketdienste anheuert, muss sich auf einen 12-Stunden-Tag zu einem Hungerlohn einstellen, der unterm Strich oftmals nicht einmal dem gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro entspricht. Die Jobs vergeben die Konzerne meist nicht direkt. Sie beauftragen Subunternehmen, die den Druck voll an ihre Fahrer weitergeben. Manche Paketfirmen setzen auch Scheinselbstständige mit eigenen Fahrzeugen ein, die dann pro zugestelltes Paket einen mageren Festbetrag bekommen. Weil die Vorgaben so strikt sind und auch olympiareife junge Menschen die Anzahl der pro Tag auszuliefernden Pakete – 200 oder mehr – in acht Stunden nicht bewältigen, leisten viele Fahrer Tag für Tag unbezahlte Überstunden. Zeit für eine Mittagspause bleibt meistens nicht. Abends können sie sich nur noch müde auf das Sofa legen. „Bis zur Rente mit 67 halte ich das nicht durch“, sagen viele.
Der Job von Paketzusteller ist in mehrfacher Hinsicht Knochenarbeit: Ständige Anspannung am Steuer auf überfüllten Straßen, Zeitdruck, bis zu 40 kg schwere Pakete über steile Treppen im Laufschritt hoch tragen, Benachrichtigungen ausfüllen, wenn Empfänger nicht da sind, die optimale Route ausarbeiten, die eigene Müdigkeit unterdrücken. Zunehmend heuern die Subunternehmer Paketfahrer aus Ländern wie Bulgarien oder Rumänien an. Diese gelten wegen mangelnder Sprachkenntnisse und der Armut in ihren Herkunftsländern als besonders genügsam und nehmen noch weniger Lohn hin. Oft sind sie zudem privaten Arbeitsvermittlern und geldgierigen Vermietern ausgeliefert.
Eigentlich sollte laut Gesetz ein Betriebsrat als Interessenvertretung der Beschäftigten die Einhaltung von Gesetzen, Regelungen, Mindeststandards und Schutzrechten für abhängig Beschäftigte überwachen. Doch in den meisten Subunternehmen gibt es keinen Betriebsrat. Eine effektive Kontrolle von Arbeitszeiten, Mindestlohn und anderen Schutzbestimmungen durch staatliche Behörden findet oftmals nicht statt und ist offenbar von den Entscheidungsträgern auch nicht gewollt.
DPD, DHL, TNT und GLS haben eines gemeinsam: Sie sind aus der Privatisierung einst staatlicher Postbehörden in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien hervorgegangen und längst zur weltumspannenden Konzernen geworden. Anstatt wie früher zu kooperieren, kämpfen sie heute mit harten Bandagen und eigenen Flotten gegeneinander um Marktanteile. Aktionäre drängen auf hohe Renditen, das Risiko wird voll auf die Beschäftigten abgewälzt.
Weil heute immer mehr Menschen ihre Waren zu Hause per Mausklick bestellen, sind Paketdienste zu einer Wachstumsbranche geworden. Das lockt renditehungrige Kapitalanleger an und schlägt auch bei der privatisierten Deutschen Post DHL durch, die im Inland immer noch die Nr. 1 der Branche ist. Bis zum Einstieg in die Postprivatisierung Mitte der 1990er Jahre hatten Postler als Beamte oder Tarifkräfte noch einheitliche Einkommen, Arbeitsbedingungen und sichere Lebensperspektiven im Unternehmen. Seither befindet sich alles im freien Fall. Ältere Postler mit Beamtenstatus und alten Verträgen sind ein „Auslaufmodell“. Inzwischen verrichten in der Paketzustellung Beschäftigte mit höchst unterschiedlichen Einkommen und Bedingungen ein und dieselbe Arbeit. 2015 gründete die Deutsche Post eigens die Billigtochter Delivery, bei der alle neuen Kräfte zu deutlich schlechteren Bedingungen anheuern. Von den existenzsichernden Einkommen, Betriebsrenten, Arbeitszeiten und Sozialleistungen bei der alten Bundespost können sie nur träumen.
Fazit: Die 1994 von der schwarz-gelben Regierung Kohl mit Hilfe der SPD eingeleitete Postprivatisierung hat Beschäftigten, Kleinkunden und einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung enorm geschadet. Gewinne wurden privatisiert, Verluste sozialisiert. Die Privatisierung muss wieder rückgängig gemacht werden. Statt Dumpingwettbewerb zwischen privaten Konzernen auf dem Rücken der Beschäftigten und Umwelt brauchen wir eine moderne Post als öffentliche Einrichtung der Daseinsvorsorge unter demokratischer Kontrolle von Beschäftigten, Gewerkschaften und Staat.
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