Kategorie: Kapital und Arbeit

Mitbestimmung verteidigen, Selbstbestimmung erkämpfen!

Vom 1. März bis zum 31. Mai 2018 finden bundesweit in zigtausend Betrieben wieder Betriebsratswahlen statt. Jeder politisch engagierte und klassenbewusste Mensch sollte an seinem Arbeitsplatz die Rechte eines Betriebsrats verteidigen, seine Arbeit unterstützen, begleiten und kontrollieren. Und am besten selbst dafür kandidieren.


Betriebsräte sind eine im Betriebsverfassungsgesetz verankerte Interessenvertretung der Beschäftigten und können der unternehmerischen Willkür bestimmteGrenzen setzen. Sie fungieren als Anlaufstelle, bei der die Beschäftigten ihre Interessen einbringen und Rat suchen können. Der Betriebsrat hat über die Einhaltung und Umsetzung von Gesetzen,

Schutzvorschriften, Tarifvertragen und Betriebsvereinbarungen zu wachen. Er soll bei der Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitszeiten mitreden. Er kann einer Kündigung von Beschäftigten widersprechen und hat selbst Kündigungsschutz.

Hat ein Betrieb mindestens 100 Beschäftigte, so kann der Betriebsrat einen Wirtschaftsausschuss einrichten, dem die Unternehmensleitung Einblick in ihre Geschäftsplanung gewahren muss. Schon solche Informationen können in Krisen- und Konfliktsituationen sehr hilfreich sein. Betriebe mit Betriebsrat zahlen nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) mehr als zehn Prozent höhere Lohne und Gehalter als Firmen ohne eine gewählte Interessenvertretung.

Ohne Betriebsrat schauen Beschäftigte oft in die Rohre. So gehen die Opfer von Personalabbau oder Insolvenz in vielen Fällen mit weniger oder ganz ohne Abfindung nach Hause, wenn es keinen Betriebsrat gibt, der über einen Teilinteressensausgleich oder Sozialplan verhandeln konnte. Gehört der Betrieb zu einem Konzern, so kann ein Betriebsrat manchmal auch bei der Vermittlung eines Arbeitsplatzes an einem anderen Standort behilflich sein.

Nach der Wahl kommt es darauf an, wie informiert, engagiert und konsequent die neuen Betriebsrate sind und inwieweit es den DGB-Gewerkschaften gelingt, Betriebsräte so intensiv zu schulen, damit sie über den engen Horizont hinaus und internationalistisch denken und nicht nur den „eigenen“ Laden im Blick haben. Wir brauchen Betriebsräte, die ihre Rechte voll ausschöpfen und sich nicht in Konkurrenz zu Belegschaft und Betriebsrat anderer Unternehmen oder Leiharbeitern sehen. Angekündigte Kandidaturen von Vorfeldorganisationen der rassistischen Rechtspartei AfD müssen wir enttarnen, denn sie konnten Betriebsräte und Belegschaften spalten und für Verwirrung sorgen.

Sitzen wir wirklich alle in einem Boot?

Dass eine herrschende Klasse Vertreter der unterdrückten Klasse mit „an Bord“ holt, um ihre Herrschaft abzusichern, ist nichts Neues. Mitwirkungsrechte können die Illusion von einem großen Boot und gemeinsamen Interessen nahren. Manche Chefs lassen „ihre“ Beschäftigten gerne da mitreden, wo es um eine Steigerung der Effizienz und somit ihrer Profite geht. Anderswo jedoch herrschen frühkapitalistische Kommandoverhältnisse vor und drehen Chefs durch, wenn ein Untergebener überhaupt Reizwörter wie „Betriebsrat“ und „Gewerkschaft“ in den Mund nimmt oder wenn Betriebsrate sich nicht einlullen lassen, sondern die Belegschaft konsequent vertreten.

Viele Manager scheuen keine noch so unsauberen Mittel und Kosten, um aufmüpfige Betriebsrate mit Zuckerbrot und Peitsche zu neutralisieren oder rauszuekeln und betriebsratsfreie Zonen zu schaffen. Vielfach müssen „geheime“ Gewerkschaftsmitglieder konspirativ vorgehen, um überhaupt einen Betriebsrat zu gründen. Auch wenn wachsame Betriebsrate unternehmerische Willkür bremsen können, so sitzen Kapitalbesitzer in dieser Gesellschaft letztlich am längeren Hebel. Sie mochten sich nicht von Lohnabhängigen, Politik oder Gewerkschaften „dreinreden“ lassen, wenn es um Profitaussichten geht. Sie möchten über ihr Eigentum ohne Einschränkung schalten und walten. Wer Eigentum hat, hat letzten Endes die Verfugungsgewalt und ist „Herr im Haus“. Es ist immer noch so wie in einer alten Karikatur: Der demokratische Sektor endet am Betriebstor. Jedes Stück Mitsprache oder Kontrolle und auch demokratische Rechte wie Streikrecht und Demonstrationsrecht mussten erkämpft und müssen jetzt umso zäher verteidigt werden. Die deutsche „Sozialpartnerschaft“ und die „Mitbestimmung“ sind kein großzügiges Geschenk der Kapitalisten und Bankiers, sondern Folge von erzwungenen Zugeständnissen nach dem Zusammenbruch des alten Systems in den Jahren 1918 und 1945.

Zu Reformen waren die Herrschenden immer bereit, wenn sie Angst vor der Revolution hatten. Bevor Kapitalisten ihren Besitz abgeben, lassen sie Arbeiter/Gewerkschaften lieber kontrolliert „mitreden“ – in der Hoffnung, sie mit „ins Boot zu ziehen“ und von dem abzulenken, was ihnen eigentlich zusteht.

Daher: Klassenkämpferische, selbstbewusste und engagierte Betriebsräte wählen und ihnen den Rucken starken! Rechte Tarnlisten der AfD stoppen! Mitbestimmung verteidigen – Selbstbestimmung erkämpfen!

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