Kategorie: Kapital und Arbeit

Amazon: Tarifvertrag oder „Ab in’s All“

Seit 2013 kämpft die Belegschaft bei Amazon mit ver.di für einen unterzeichneten Tarifvertrag, doch bisher noch ohne Erfolg. Ab dem 1. November haben die Beschäftigten an mehreren Standorten erneut die Arbeit niedergelegt und fordern gerechte Löhne. Derweil möchte Amazon ein 10 Milliarden Dollar schweres Projekt ins All schießen.

Bild: public domain


Wer und Was ist Amazon?

In Deutschland besitzt Amazon 17 Logistikzentren an 16 Standorten mit rund 16.000 Beschäftigten. Amazon kann als gewaltiges Online-Shoppingcenter angesehen werden, mit einem wichtigen Unterschied zu anderen Händlern: Amazon selbst muss mittlerweile keine Marktanteile mehr gewinnen oder in der Konkurrenz zu anderen Unternehmen profitabler wirtschaften. Es bildet selbst den Markt, auf dem Unternehmen aller Art sowie Privatpersonen Waren verkaufen können. Aber das Unternehmen Amazon ist noch vielmehr als dieser Markt, es ist zudem Hersteller von Waren; Streaming-Anbieter; Logistik-, Versand- und Lieferdienst u.v.m. Das macht Amazon zu einem „Markt-Riesen“ mit Monopolstellung.

Die Aktionäre und das Management des Unternehmens möchten nun ein weiteres Monopol erschließen: die Internetversorgung. Ihr sogenanntes Projekt Kuiper sieht vor, 3.236 Satelliten zu bauen und in die Erdumlaufbahn zu bringen, über welche die Internetversorgung laufen soll. Die US-Regierung hat diesen Plan bereits genehmigt und Amazon möchte vor Ende 2022 mit der Umsetzung starten. Das Projekt steht in Konkurrenz zu Starlink von SpaceX, das bereits über 1660 Satelliten in Betrieb genommen hat. Astronomen kritisieren diese Projekte, weil sie die wissenschaftliche Erforschung des Weltraums behindern.

Diese Konkurrenz wird auf den Rücken der weltweit 1,3 Millionen Amazon-Beschäftigten ausgetragen. Statt mit den Krisengewinnen, die das Unternehmen gemacht hat, die Löhne anzuheben, die Arbeitsbedingungen aufzubessern und mehr Personal einzustellen, werden lieber 10 Milliarden ins All geschossen.

Ab Allerheiligen wurde gestreikt

Nun gehen die Arbieterinnen und Arbeiter wieder in die Offensive. Am 1. November legten Beschäftigte in Leipzig und Bad Hersfeld die Arbeit nieder. Am Folgetag gingen Beschäftigte an den Standorten Werne, Rheinberg, Koblenz und Graben in den Streik. Sie streiken mit der der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Ihre Forderungen sind gemessen an den Gewinnen des „Riesen-Konzerns“ bescheiden: Sie wollen, dass das Amazon-Management die Entgelterhöhungen der in den vergangenen Wochen erzielten Tarifabschlüsse im Einzelhandel „umgehend“ an die Amazon-Beschäftigten weitergibt.

Dazu sagt Orhan Akman, ver.di-Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel, dass es nicht angehen kann, „dass sich ein milliardenschwerer multinationaler Konzern dumm und dusselig verdient und sich dennoch weigert, den Beschäftigten die Lohnsteigerungen zukommen zu lassen, die andere Unternehmen der Branche den Kolleginnen und Kollegen zahlen“.

Ironischer Weise bezeichnete ein Pressesprecher Amazons die Bezahlung der Beschäftigten als „exzellent“. Doch diese kapitalistische Selbstinszenierung täuscht nur einen überschaubaren Teil der Bevölkerung. Wie denn auch? Ein Stundenlohn von 12 Euro kann, wachsende Arbeitsbelastung, steigende Inflation, steigende Lebenserhaltungskosten nicht aufwiegen. Abgesehen davon zwingt der Konzern den Arbeitern extreme Arbeitsbedingungen auf, wie ver.di-Sekretärin Sylwia Lech aufzählt: „Immenser Druck, ständige Leistungsverdichtung, permanente Leistungskontrollen, schlechte Führungskultur, unzureichende Erholungs-⁠, Durchatmungszeiten und fehlende Wertschätzung, gepaart mit mangelhaften Infektionsschutzvorkehrungen“.

Profitabel durch Disziplinierung

Seit 2013 kämpfen Amazon-Beschäftigte für die Gültigkeit des Flächentarifvertrags Einzel- und Versandhandel. Der Klassenkampf bei Amazon ist omnipräsent: Täglich versuchen die Beschäftigten die gewerkschaftliche Organisationskraft zu erhöhen, wogegen das Management z.B. mit Überwachung am Arbeitsplatz vorgeht. Auch den jüngsten Streik wollte das Managment sabotieren, dazu sollten die Belegschaften in den Logistikzentren in den Bundesländern in denen Allerheiligen kein gesetztlicher Feiertag ist, Bestellungen von vom Feiertag erfassten Logistikzentren abfertigen. Diese ausbeuterische Idee Amazons fiel Flach, weil die infrgaekommenden Logistikzentren in Streik traten.

Diese Kampfansage von oben hat System und reiht sich in die Methoden des Amazon-Managements ein, mit denen sie die Arbeiterinnen und Arbeiter zu disziplinieren versuchen. Ob Stress. Ob Drohungen. Ob Corona Ausbrüche. Immer wieder hören wir, wie prekär die Arbeitsbedingungen bei Amazon sind. Es kommt häufig vor, dass Arbeiter 30km am Tag durch die Hallen laufen müssen, schaffen sie das nicht, gibt es mitunter eine Kündigung. Durch häufigen Managerwechsel werden immer wieder neue Möglichkeiten versucht, die Waren noch schneller zum Kunden zu befördern. Darunter leiden die Angestellten.

Auch die Coronaschutzmaßnahmen werden nur mangelhaft eingehalten, wie Mitarbeiter berichten. Selten werden 1,50 Meter Abstand garantiert, meistens weiß keiner ob wirklich auf die Hygiene bei den Arbeitsgeräten geachtet wird. Einer von ihnen, Peter Fritz, berichtete bei ver.di: „Was bei uns in Sachen für den Corona-Schutz getan wird, ist echt schräg. Da werden einerseits die Spinde aus dem Umkleidebereich weiträumig bis in die Kantine verteilt, um Schutzabstände einzuhalten – andererseits kommen rund 100 Leute für die Normalschicht zur gleichen Zeit an und stehen dann zur Übergabe bei Schichtwechsel dicht zusammen mit denen, die sie am Arbeitsplatz ablösen. Zur Arbeit kommen viele mit dem überfüllten Shuttle-Bus von der Straßenbahn zum Lager. Wer will bei diesem Durcheinander noch wissen, ob sich jemand mit dem Coronavirus infiziert hat?“

Das passiert in so ziemlich allen Sektoren unserer Wirtschaft, wo Massenproduktion stattfindet, prekäre Arbeitsbedingungen aufgezwungen oder Niedriglöhne gezahlt werden. Amazon gehört dazu. Immer wieder kam es zu größeren Infektionsherden in Amazon-Verteilerzentren so etwa in Garbsen bei Hannover, Bayreuth und Winsen.

In den USA haben sich bis Mitte September 2020 mindestens 20.000 Amazon-Beschäftigte mit Corona infiziert. Und dagegen geht der „Online-Riese“ so hart es geht vor: Emily Cunningham und Maren Costa, zwei Ex-Amazon Arbeiterinnen aus den USA wollten durch eine Petition innerhalb Amazons das Unternehmen dazu bewegen, ausreichende Schutzmaßnahmen zu treffen. Kurz darauf wurden sie gefeuert. Das ist die Tagesordnung bei Amazon.

Auch in Deutschland greift Amazon zu krassen Disziplinierungsmaßnahmen. Beschäftigte werden durch Spy-Software und Spitzel auf die Minute überwacht. Ziel sind Arbeiter, die zu oft aufs Klo müssen, zu langsam sind oder Widerstand organisieren. Auch eine breite gewerkschaftliche Organisation innerhalb des Unternehmens wird dadurch bisher effizient verhindert. Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Barbara Thiel, untersagte der Amazon Logistik Winsen GmbH die ununterbrochene Erhebung und Verwendung von bestimmten Beschäftigten Daten. Amazon hat dagegen Klage eingelegt, das Verfahren ist bei Redaktionsschluss nicht abgeschlossen. Zudem hat Amazon beim Thema Überwachung noch ein Ass im Ärmel: Eine Ausschreibung für zwei Stellen, mit der Aufgabe heimlich die Beschäftigten zu überwachen. Am besten „mit Erfahrung aus dem Geheimdienstwesen des Militärs oder der Strafverfolgung“ um die „gewerkschaftliche Bedrohung abzuwenden“.

Doch ist das alles für eine Marktwirtschaft normal? Ja! Im kapitalistischen Konkurrenzkampf müssen sich Unternehmen gegenseitig unterbieten, um ihre Waren zu verkaufen und ihre Profite zu realisieren. Dafür nutzen sie alle Möglichkeiten, um die Ausbeutung der Arbeiterklasse zu erhöhen. Niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten, unbezahlte Überstunden, kurze oder keine Pausenzeiten, Leistungsdruck durch Überwachung, ständiger Stress am Arbeitsplatz, Kündigungen u.v.m. sind die Mittel, mit denen die Kapitalistenklasse die Profitabilität ihrer Unternehmen zu erhalten versucht.

Den Streik ausweiten

Die jüngsten Streiks fanden an sieben der 17 Amazon-Logistikzentren in Deutschland statt. Das gibt dem Unternehmen die Möglichkeit Bestellungen auch an anderen Standorten abzufertigen und die Streikanstrengungen der Beschäftigten zu untergraben. Amazon beliefert seine Kunden sogar je nach Verfügbarkeit der Waren auch von andern europäischen Standorten oder wenn nötig aus den USA. So kann ein Streik, der nicht bundesweit oder gar international geführt wird, nicht genug Druck auf Amazon ausüben.

Deshalb muss ver.di die Anstrengungen für die gewerkschaftliche Organisierung vergrößern und über die Bestreikung nur einzelner Standorte hinausgehen. Der nächste Schritt sollte die Ausweitung der Streiks zu einem bundesweiten Streik an allen Standorten sein mit einem Appell an die Amazon-Beschäftigten in Europa und ihre Gewerkschaften zur Koordination des Streiks auf dem ganzen Kontinent. Das Unternehmen selbst zeigt uns die Notwendigkeit des gemeinsamen internationalen Klassenkampfes auf. Nur die internationale Solidarität der Arbeiterklasse und ihr gemeinsamer und zeitgleicher Kampf über Grenzen hinweg, ist im Stande Monopolen wie Amazon substanzielle Verbesserungen des Arbeitsschutzes, der Arbeitszeiten und Löhne abzuringen.

Damit aber Amazon und die gewaltigen Profite des Unternehmens im Interesse und für die Bedürfnisse der Allgemeinheit eingesetzt werden können, muss es dem Privatbesitz weniger Kapitalisten, wie Jeff Bezos und Co. entrissen werden. Amazon sollte enteignet, vergesellschaftet und unter demokratischer Kontrolle und Planung durch die Beschäftigten und die Arbeiterklasse insgesamt kommen. Amazon und die anderen kapitalistischen Monopole zeigen, dass der nächste notwenige Schritt hin zu einer fortschrittlichen Entwicklung der Menschheit, der weltweite Bruch mit dem Privateigentum und der Produktion für den Profit ist.

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