Seit dem Anfang Oktober kämpften Beschäftigte des öffentlichen Dienstes der Länder mit ihren Gewerkschaften ver.di, DBB, GEW, IG BAU und GdP für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Bundesweit organisierten sie Streiks, Kundgebungen, aktive Mittagspausen und andere betriebliche Aktionen.
In drei Verhandlungsrunden stritten die Gewerkschaften mit dem Arbeitgeberverband TdL. Zeitweilig sah es so aus, dass die TdL einen Abschluss abblocken und die Landesbeschäftigen ihrer Tarifbindung berauben würden. Die TdL versperrte sich gegen die mäßigen Forderungen der Gewerkschaften und pochte darauf die Arbeitsvorgänge umzudefinieren, d.h. die Eingruppierungen in den Entgelttabellen zu verschlechtern. Beides ist nicht eingetreten. Am 29. November einigten sich Gewerkschaften und TdL auf einen Abschluss.
Der Tarifvertrag soll rückwirkend ab dem 01. Oktober 2021 für 24 Monate gelten (bis 30.09.2023). In den ersten 14 Monaten soll es keine Entgelterhöhungen geben. Erst ab dem 01.12.2022 sollen Steigerungen von 2,8 Prozent erfolgen. Bei einer aktuellen Inflation von 5,2 Prozent – es ist nicht absehbar, dass diese in nächster Zeit substanziell absinken wird – ist das ein enormer Reallohnverlust. Zudem sollen Azubis minimale Erhöhungen der Auszubildendenvergütung von 50 Euro bzw. 70 Euro (Azubis im Gesundheitswesen) erhalten. Im Gesundheitswesen sollen Zulagen aufgestockt werden. Bis dahin sollen sich die Beschäftigten mit einer steuer- und abgabenfreien Coronaprämie in Höhe von 1.300 Euro (für Azubis 650 Euro) zufriedengeben.
Das Ergebnis ist blanker Hohn von Seiten der TdL – nichts anderes war zu erwarten. Seit Jahrzehnten laufen Angriffe auf die Arbeitsverhältnisse in Form von Einsparungen, Arbeitsverdichtung, Befristungen, usw. Obendrauf kommt der Ausnahmezustand durch die Corona-Pandemie. Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst sind ausgezerrt. Das muss ein Ende haben!
Deshalb ist es heuchlerisch von Seiten der Vorsitzenden der Gewerkschaften, die Coronaprämie als Entgelterhöhung an die Beschäftigten zu verkaufen. Die Prämie ist eine Einmalzahlung, die sich nicht nachhaltig auf den Lohn auswirkt. Schlechte Ergebnisse dürfen nicht schöngeredet werden. Und es ist Augenwischerei, den Abschluss auf das gegenwärtige „Kräfteverhältnis“ abzuschieben. Ja, der Organisierungsgrad ist niedrig. Aber fehlende Koordination der Streiks, kaum wahrnehmbare öffentliche Kampagne, fehlende langfristige politische und organisatorische Vorbereitung der Mitglieder auf die anstehenden Kämpfe, fehlende Perspektive auf einen einheitlichen bundesweiten unbefristeten Kampf, usw. schwächen erst die Kampfkraft der Gewerkschaften.
Es braucht einen Strategiewechsel: Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft! Es braucht eine Führung, die bereit ist zu kämpfen. Deshalb: Jetzt den Tarifabschluss bei den Mitgliederbefragungen ablehnen und einen bundesweiten Erzwingungsstreik organisieren. Wir brauchen eine klassenkämpferische, vernetzte und organisierte Basis für durchsetzungsstarke Gewerkschaften.
|