Kategorie: Kapital und Arbeit

1. Mai: Reformismus in der Krise, Sozialismus im Aufwind!

Der 1. Mai ist in Deutschland normalerweise von den DGB-Gewerkschaften dominiert. Im ersten und zweiten Jahr der Corona-Pandemie organisierten die Gewerkschaften hauptsächlich Online-Veranstaltungen. Selbst im zweiten Corona-Jahr ließen sie vieler Orts die Demonstrationen und Kundgebungen ausfallen. In diesem Jahr hatten die bundesweiten Kundgebungen und Demonstrationen sehr durchwachsenem Charakter.

Bild: der funke


Der 1. Mai zeigt die Krise des Reformismus überdeutlich sowie die Entfremdung der Gewerkschaftsapparate und Funktionäre von der Arbeiterklasse. Das Motto des DGB war „GeMAInsam Zukunft gestalten“, wurde aber vom Krieg in der Ukraine überschattet. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann stellte sich mit seiner Rede bei der zentralen Kundgebung in Berlin auf die Seite der Imperialisten der NATO, EU und Deutschlands: „Mit dem verbrecherischen Angriff Putins auf die Ukraine ist Krieg als Mittel der Politik nach über 20 Jahren nach Europa zurückgekehrt. Unsere Werte wie Menschenrechte, Frieden und soziale Gerechtigkeit sind keine Selbstverständlichkeit. Dieser menschenverachtende Krieg ist ein Angriff auf die europäische Friedensordnung und auf unsere Demokratie“.

Das ist dieselbe Propaganda, die tagtäglich von der Bundesregierung, den bürgerlichen Medien, allen EU und NATO-Ländern gefahren wird. Während Hoffmann Kritik an der weißrussischen und russischen Regierung übte, die kritische Stimmen gegen den Krieg unterdrücken und Gewerkschafter inhaftieren, verlor er kein Wort über die Repression, die Linke und Gewerkschafter in der Ukraine seit Jahren und vor allem jetzt im Krieg erleiden müssen. Das hat mit Internationalismus nichts zu tun und verschleiert nur den wirklichen Charakter dieses imperialistischen Stellvertreterkrieges zwischen der NATO und Russland, den die ukrainische Bevölkerung mit ihrem Blut und die Arbeiterklasse weltweit mit Kürzungen, Entlassungen, Inflation und Sozialabbau bezahlen muss. Schuld an diesem Krieg liegt nicht allein beim reaktionären Putin-Regime, sondern auch und insbesondere bei der NATO – der reaktionärsten Kraft auf der Welt. Das gilt es hervorzuheben und zu kritisieren. Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Zwar meinte Hoffmann, dass der DGB „Nein“ zur massiven Aufrüstung sagt und es nicht „kritiklos“ hinnehmen würde, „wenn die Bundesregierung ankündigt, dass der Rüstungshaushalt dauerhaft auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO aufgestockt werden soll“. Aber vorher relativierte er schon diese Aussage: „Ohne Frage steht die deutsche Bundesregierung – stehen wir alle (sic!) – in der Verantwortung, einen substanziellen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit im Rahmen der EU und der NATO zu leisten. Für die Gewerkschaften war das aber nie nur eine Frage der Verteidigungsausgaben.“ Von handfester Kritik fehlte jede Spur, vor allem wie sich diese äußern soll. Klassenkampf, d.h. Demonstrationen und Streiks gegen Aufrüstung und Militarisierung, wird es von dieser Seite wohl kaum geben.

Nach zwei Jahren quasi Burgfrieden in der Corona-Pandemie, bleibt die DGB-Führung auch in der Kriegsfrage hinter der Regierung und der Kapitalistenklasse Deutschlands eingereiht. Gegen die Inflation, gegen Sozialabbau, gegen den Klimawandel, gegen Jobabbau und Lohndumping hat die Führung des DGB nichts zu bieten. Der Reformismus hat keine Perspektive, wie die kapitalistische Krise fortschrittlich überwunden werden könnte. Ihr Festhalten an der Sozialpartnerschaft kann keine Lösungen aufzeigen. Deshalb gärt es an der Basis und besonders in der Jugend.

Der 1. Mai fiel von Stadt zu Stadt unterschiedlich aus. Auffällig ist, dass die DGB-Aktionen oft schlechter besucht waren, als die Demonstrationen von linken und linksradikalen Bündnissen. Das war bereits im letzten Jahr sehr auffällig. Aber dieses Jahr konnten die Führungen der DGB-Gewerkschaften keine Corona-Verordnungen als Vorwand für schwache oder ausbleibende Mobilisierungen hernehmen. In Berlin waren dieses Jahr nach offiziellen Zahlen 5.000 Teilnehmer bei der DGB-Aktion, während etwa 14.000 an der Revolutionären 1. Mai Demo teilnahmen. Die Stimmung unter den jüngeren Schichten der Demonstrierenden war deutlich aufgeheizt. In Berlin wurde die regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ausgebuht. Vor der Bühne formierte sich Protest, auch Aktivisten des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ waren vor Ort. Sie werden seit bald einem Jahr hingehalten. Aus den Reihen des Protests flog ein Ei in Richtung Giffey, das sein wohlfeiles Ziel nur knapp verfehlte. Schlussendlich musste die Bürgermeisterin ihre Rede abbrechen.

In München demonstrierten etwa 1.500 Teilnehmer. Die Demonstration war im Wesentlichen sehr klassenkämpferisch und nahm auch Bezug auf die laufende Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst. An der Demonstration und Kundgebung nahmen sehr viele Frauen teil. Es gab einen großen Block von ver.di. Auch in München gab es starken Protest gegen den Auftritt des Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD) bei der Abschlusskundgebung des DGB am Marienplatz. Der Oberbürgermeister (OB) forderte massive Waffenlieferungen an die Ukraine. Dabei wurde er enorm ausgepfiffen und unterbrochen. Die Demonstrierenden riefen Parolen wie „Siemens, Daimler, Deutsche Bank – Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ sowie immer wieder „Klassenkampf, Klassenkampf“ und“ Kampf der Inflation – mehr Lohn“. Vor der Tribüne positionierten sich viele Mitglieder der Gewerkschaft ver.di. Sie hielten Tafeln in die Höhe, mit der Parole „OB Reiter = Arbeitgeber – Arbeitgeber weg von der Tribüne“. Das nahm Bezug auf die laufende Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst, in welcher die kommunalen Regierungen, die Bosse stellen. Die anwesenden Gewerkschaftsfunktionäre versuchten dagegenzuhalten, was ihnen akustisch schlecht gelang.

Symptomatisch zeigte sich die Krise des Reformismus daran, dass es dem trägen sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsapparat selbst an traditionellen Feiertagen schwerfällt, breit zu mobilisieren. Aber das ist nicht verwunderlich. Die Sonntagsreden eines ver.di Vorsitzenden Frank Werneke in Mainz und anderer Funktionäre und ihre inszenierte Empörung über die „Arbeitgeber“, die sich nicht „sozialpartnerschaftlich“ verhalten, nimmt niemand ernst. Junge Arbeiter und radikalisierte Jugendliche fühlen sich von den blassen Kundgebungen mit Volksfestcharakter nicht angezogen. Sie wollen für eine bessere Zukunft kämpfen und nicht ihr ohnehin mageres Einkommen am Würstelstand vergeuden. Zumal bei der aktuellen Inflation, eine wenig schmackhafte Bratwurst für über drei Euro, nicht besonders verlockend ist. So fehlten selbst traditionelle 1. Mai Besucher bei vielen dieser Veranstaltungen.

Welche Folgen das hat, wenn Gewerkschaften keine Kämpfe organisieren, zeigt der 1. Mai in Würzburg. 2019 schaffte es der DGB noch etwa 300 Personen zur traditionellen Demo zu mobilisieren. Dieses Jahr waren es offiziell nur noch 150. Dagegen fand am selben Tag eine 1.500 Personen starke Demonstration mit reaktionären Parolen gegen Impfpflicht und Corona-Maßnahmen statt. Zwar blieb diese unter den Erwartungen der Organisatoren, aber stellt die DGB-Aktion deutlich in den Schatten. Das ist die Konsequenz der Sozialpartnerschaft. Jahrzehnte von Mitverwaltung des Kapitalismus, schwächen die reformistischen Massenorganisationen und nehmen ihnen die Mobilisierungskraft. Die Arbeiterklasse muss ständig und immer mehr zahlen und ihre gewerkschaftliche Vertretung hat keine Antworten und organisiert keine großen bundesweiten kämpfe. In der Krise des Kapitalismus lässt sich mit moderaten Bitten für Lohnsteigerungen, die „wenigstens“ die Inflation aufwiegen, keiner mehr locken. Dieses politische Vakuum können zwischenzeitlich reaktionäre Kräfte als vermeintliche Alternative teilweise auffüllen.

Oft war die Stimmung auf den offiziellen Gewerkschafts-Kundgebungen trüb, von Klassenkampf keine Spur. Die Mehrheit der Teilnehmer waren desillusionierte Ehrenamtliche, Betriebsräte, Funktionäre und Sekretäre aus Gewerkschaften und Parteien. Viele haben ihre besten Jahre bereits hinter sich gelassen und versprühen kaum mehr Kampfwillen. Andernorts war es wiederum umgekehrt, die Teilnehmerzahl sowohl an den Demonstrationen und Kundgebungen war um einiges höher als in der Vergangenheit. Besonders auffällig war, dass auch Schüler und Schülerinnen am 1. Mai teilnahmen. Meist lag das aber daran, dass von Seiten linker und linksradikaler Bündnisse deutlich stärker mobilisiert wurde. So etwa in Thüringen unter dem Motto „No War but Class War!“. In vielen Städten schlossen sich radikalisierte Jugendliche und junge Arbeiter an. So etwa in Hamburg beim Bündnis „Wer hat der gibt“. Die Atmosphäre war kämpferisch und es waren viele unorganisierte Schüler, Studenten und Arbeiter vor Ort. In den Redebeiträgen brachten sie ihren Unmut über die steigenden Lebensmittelpreise und Mieten zum Ausdruck. Sehr häufig wurde der Slogan „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ gerufen.

Wir waren in Berlin, Bremen, Hamburg, Köln, Erfurt, Essen, Köln, Mainz, Marburg, München, Würzburg und weiteren Städten auf den Demonstrationen und Kundgebungen dabei. Auf unseren Bannern waren Sprüche wie „Socialism in our lifetime“, „Kapitalismus = Krise! Klassenkampf organisieren!“; „Sozialismus oder Barbarei“, „Klassenkampf statt Vaterland“, „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ zu lesen. Wir verkauften bei unseren Infoständen verschiedene Bücher und Broschüren zu marxistischer Theorie. Vor allem verkauften wir die aktuelle Ausgabe unserer Zeitung, mit dem Titel „Was tun? Revolution!“. Wir konnten neue Interessierte finden, vor allen Dingen jüngere Kollegen und Kolleginnen, Schüler und Studenten hatten Interesse an revolutionären Ideen.

Die Krise des Kapitalismus bringt die Notwendigkeit des Sozialismus vehement auf die Tagesordnung. Wo die Massenorganisationen keine Antworten und Perspektiven aufzeigen können, sucht sich der Maulwurf der Revolution einen anderen Weg. Die Jugend steht in diesem Kampf an vorderster Front. Marxisten müssen sie organisieren und ihr eine revolutionäre Klassenperspektive geben. Damit der 1. Mai wieder ein Kampftag werden kann, braucht es eine starke marxistische Strömung mit einem revolutionären sozialistischen Programm. Deshalb organisieren wir uns weltweit in der International Marxist Tendency!



























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