Kategorie: Kapital und Arbeit |
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„Von der Stimmung her hätten sie am liebsten schon im Dezember gestreikt.“ – Interview mit einem Azubi der Hamburger Hochbahn. |
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Die Lohntarifrunde bei der Hochbahn hat begonnen. Zeit, einen nüchternen Blick auf das respektlose Angebot des Arbeitgeberverbandes zu werfen. |
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Die Bosse bieten den Arbeitern lediglich eine Lohnerhöhung von 7,5 % insgesamt auf zwei Jahre bis Ende 2024 an und eine Inflationsausgleichprämie von 3.000 Euro. Das ist ein herber Schlag gegen die Forderungen der Hochbahner mit 600 Euro mehr Lohn, einer Anhebung der Ausbildungsvergütung von 258 Euro, sowie einer kostenlosen Proficard für Azubis und einer Tarifvertragslaufzeit von zwölf Monaten. Das enttäuschende Angebot aus der zweiten Verhandlungsrunde ist ebenfalls ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten und Lichtjahre von den Forderungen ver.dis entfernt. Nicht überraschend, dass die Beschäftigten darauf ablehnend reagiert haben. Wir sprachen noch vor der zweiten Verhandlungsrunde mit einem Azubi der Hochbahn unter anderem über die aktuelle Stimmung, die Streikbereitschaft und den öffentlichen Nahverkehr.
Der Funke: Du bist Azubi bei der Hochbahn. Magst du uns erklären, warum die Hochbahn für Hamburg ein so wichtiges Unternehmen ist? Azubi: Wir haben in Hamburg den Hamburger Verkehrsverbund, wo die verschiedenen Verkehrsbetriebe zusammenarbeiten und die Hochbahn macht 50 % dessen aus. Das liegt daran, dass wir die U-Bahn-Linien und die meisten Buslinien innerhalb von Hamburg betreiben. Und ich würde sagen, ohne öffentlichen Nahverkehr kann eine Großstadt wie Hamburg nicht funktionieren. Der Funke: Du hast die Buslinien angesprochen. Es werden fast 2.000 zusätzliche Busfahrer bis 2030 benötigt. Kannst du uns erzählen, wie die Stimmung unter deinen Azubi-Kollegen und generell in der Belegschaft gerade ist? Azubi: Welche Gruppe vor allen Dingen gerade sehr belastet ist, sind die der Busfahrer. Bei uns als Azubis ist es generell so, wir sehen natürlich den Fachkräftemangel bei uns in den Abteilungen. Sehen auch die Belastung, aber auf der anderen Seite ist das auch eine gewisse Sicherheit, die man hat, weil man hohe Übernahmechancen hat. Allerdings ist es so, dass es da auch Unterschiede gibt. Ich war vor kurzem in einer Abteilung, wo die Stimmung eher schlecht ist, was Bezahlung und Arbeitsbedingungen angeht. Auch wegen diverser Zuschüsse, die ungerechterweise manche zugesprochen bekommen und andere, gleichwichtige Arbeiter nicht. Der Funke: Das Management hat eine Reportage im NDR drehen lassen, um die Hochbahn als besonders attraktiven Arbeitgeber darzustellen. Wie wurde es unter den Kollegen diskutiert? Und vielleicht magst du ja direkt darauf antworten: Wie sieht die Arbeitsrealität wirklich aus? Azubi: Über die Reportage wird ein bisschen gesprochen, tatsächlich. In den Gesprächen ging es darum, dass die Firma sich einen guten Kollegen ausgesucht hat, der die Hochbahn überdurchschnittlich mag. Natürlich wird darüber gesprochen, dass das nicht die realen Bedingungen der Fahrer widerspiegelt. Und der Kollege, der liebt die Arbeit, das ist nichts Schlimmes, aber es ist natürlich blöd, wenn es dargestellt wird, als würde jeder die Arbeit lieben. Wiederum habe ich aus einigen Chats und Gesprächen rausgehört, dass der Unmut in den letzten Jahren schon wesentlich größer geworden ist, was die Verkehrssituation in Hamburg, die gesunkene Freundlichkeit der Fahrgäste und den Respekt gegenüber den Leuten am Steuer betrifft. Das passiert zusätzlich zum schlechten Gehalt und den Zusatzbelastungen, weil Leute fehlen und die Zusatzschichten gemacht werden müssen. Das kommt alles on top. Wenn ich nun eine Reportage im Fernsehen sehe oder eine Dokumentation, dann möchte ich eigentlich, dass die Realität dargestellt wird und keinen Imagefilm. Es ist ja eher eine Reportage über diese bestimmte Person und nicht über die Gruppe der Busfahrer. Und das ist schlecht, wenn die Leute nun den Fernseher einschalten, den Film sehen und denken, ach toll, die freuen sich da nachts mit im Bus herumzufahren. Und das ist natürlich Quatsch. Der Funke: Magst du nochmal generell ein paar Arbeitsbedingungen schildern? Was sind die ein, zwei größten Probleme während der Arbeit als Beschäftigter der Hochbahn, sofern man das zusammenfassen kann bei den unterschiedlichen Tätigkeiten, die man hat. Azubi: Jetzt auch auf den Busbereich, würde ich mal sagen, dass es eine hohe Verantwortung ist, wenn man zum Beispiel diesen Mercedes CapaCity L betrachtet. Das ist der neue, ganz lange Bus, der ist 21 Meter lang und da sitzt nur ein Mensch vorne, hat über sich noch mal drei Bildschirme, die dem Bus die Außenkameras zeigen, muss auf seine Spiegel achten, hat dann bis zu 190 Fahrgäste und muss auf den Straßenverkehr achten, wird möglicherweise auch noch im Bus angesprochen, weil irgendwas gefragt wird oder es irgendwelche Probleme gibt. Und ich glaube, das wird von vielen unterschätzt, was das für eine Verantwortung und Belastung ist und auf was man sich alles konzentrieren muss. Und dann arbeiten die Leute da sehr lange, machen Zusatzschichten und haben Schichtdienst, was auch noch mal eine Belastung ist, können deswegen eventuell nicht so gut schlafen. Man sollte sich bewusst machen, dass auch wir mit dem Bus selbst mitfahren. Und ich möchte da jemanden sitzen haben, der ausgeschlafen ist und sich auch auf die Sachen konzentrieren kann und nicht, dass da jemand sitzt, der überlastet ist. Tendenziell müssen die Arbeitsbedingungen vor allem in diesem Bereich verbessert werden, weil es eine sehr hohe Belastung und Verantwortung ist. Und im Technikbereich gibt es zum Teil Kollegen, die bis zu 100 Überstunden oder mehr haben, obwohl betrieblich vereinbart nur 40 Überstunden möglich sind. Und bis 100 fragt auch eigentlich niemand nach. Und ja, das ist eine hohe Belastung. Also tendenziell würde ich sagen, dass in den meisten Bereichen eine hohe Verantwortung dahintersteckt und dass das nicht dementsprechend vergütet wird. Dass man sich das Leben in Hamburg leisten muss und das für viele nicht so einfach ist. Vor allem, wenn man sich die Mieten anguckt. Und auch die aktuelle Inflation ist nicht gerade schön. Der Funke: Also kann man allgemein sagen, du kritisierst die zu große Diskrepanz zwischen Leistung und Entlohnung, oder? Azubi: Das ist auf jeden Fall ein großer Punkt. Der Funke: Bei der Hochbahn haben gerade die Tarifverhandlungen begonnen. Für Azubis werden 258 € mehr Lohn gefordert sowie ein kostenloses Profiticket. Was sagst du zu den Forderungen? Azubi: Also wir finden die Forderung natürlich gut. Wir haben momentan auch eine Unterschriftenaktion am Laufen. Die Unterschriften sollen dann am 26. Januar, also bei der nächsten Verhandlungsrunde dem Arbeitgeber übergeben werden. Da wurden bei den Auszubildenden im Ausbildungszentrum zum Beispiel ein paar Unterschriften gesammelt und da hieß es dann auch, mehr Geld ja, da unterschreibe ich natürlich sofort. Allerdings würde ich schon sagen, dass es auch für die Auszubildenden ruhig mehr sein könnte. Da hat man sich aber schon auf einen Kompromiss geeinigt, bevor man überhaupt in die Verhandlungen gegangen ist, wo dann natürlich die Hoffnung ist, dass das auch angeboten wird. Die Lufthansa konnte auch rund 200 € mehr für die Auszubildenden aushandeln im Sommer. Das ist auch ein realistischer Betrag, den wir bekommen können. Natürlich würden wir uns auch mehr wünschen, die Hochbahn ist in der Lage, mehr zu zahlen. Allerdings ist es so, dass die Hochbahn als Unternehmen, das Hamburg gehört nicht in Konkurrenz mit anderen Ausbildungsstätten, die der Stadt gehören, gehen. Es wird befürchtet, dass nicht genügend junge Leute ihre Ausbildung bei den ganzen anderen städtischen Unternehmen anfangen wollen. Also soll die Entlohnung überall niedrig sein, dann muss auch keiner nachziehen bei Erhöhungen. Dahinter steckt der politische und Konkurrenzgedanke, dass man sonst die Ausbildung generell in Hamburg zu teuer für die Betriebe machen würde. Der Funke: Wie sieht das aus mit den doch sehr hohen Lebenshaltungskosten in Hamburg und deinem Ausbildungsgehalt? Würdest du sagen, das ist stemmbar, oder siehst du da auch finanzielle Engpässe? Azubi: Also ich wohne allein, muss meine Miete selbstständig bezahlen, meinen Strom, Wasser und Heizkosten. Ich würde schon sagen, dass das mit meinem aktuellen Ausbildungsgehalt eine hohe Belastung ist. Ich bekomm noch mein Kindergeld ausgezahlt und habe dann rund 1.000 € zur Verfügung und muss davon knapp 600 € für die Wohnkosten bezahlen. Ich konnte zum Glück so viel Strom sparen, dass ich von Hamburg Energie Geld zurückbekommen habe, aber ich muss mich natürlich dann, was privaten Konsum angeht, drastisch zurückschrauben. Es ist schon so, dass man überlegen muss, wann kaufe ich mir neue Schuhe oder eine neue Hose. Und jetzt sind die Lebensmittel drastisch teurer geworden und da muss man natürlich bei den anderen Bereichen noch weiter zurückfahren… Der Funke: Das sind knapp 60 %, die du von deinem verfügbaren Geld für deine Wohnung bezahlen muss. Wie ist das bei deinen Azubikollegen? Habt ihr darüber schon gesprochen? Azubi: Ich habe auch von anderen gehört die auch alleine wohnen, dass es eine Belastung ist. Gerade hinsichtlich der neuen Stromtarife in diesem Jahr. Was ich vielleicht noch dazu sagen muss, ich habe auch Ausbildungsbeihilfe beantragt, was von der Arbeitsagentur gezahlt werden würde. Ich habe meine Ausbildungsvergütung nachgewiesen und daraus hat das Arbeitsamt den Durchschnittsbetrag errechnet, den ich sozusagen verdiene über diese drei Jahre. Dann kam raus, dass ich zu „reich“ bin, zu viel verdiene. Also ich glaube der Betrag, den man als Auszubildender im Monat braucht, lagen bei rund 760 € für Wohnung, Fahrtkosten und Lebenshaltungskosten. Dementsprechend fallen in der Regel die staatlichen Förderungen auch schon weg von unserem Ausbildungsgehalt, aber in Hamburg reicht das eigentlich nicht. Der Funke: Nach der ersten Verhandlungsrunde am 9. Januar zwischen Arbeitgeberverband und der ver.di-Tarifkommission, liegt ein Angebot der Arbeitgeber vor, dass die Forderungen der Beschäftigten nicht annähernd erfüllt. Wie fällt die Reaktion unter deinen Kollegen aus? Azubi: Also die Reaktionen sind, dass das Angebot definitiv nicht reicht. Der Arbeitgeberverband und die Arbeitgeber pochen darauf, diesen prozentualen Anstieg auf die Tabelle umzusetzen. Jetzt sind es vor allem die unteren Gehälter oder unteren Gehaltsgruppen, die dadurch weniger Geld bekommen würden. Die Einmalzahlungen finden in der Regel die meisten schlecht. Tatsächlich, weil sie den Sinn hinter der Einmalzahlung sehen bzw. dahinter auch sehen, dass es eben nicht auf die Tabelle kommt und ab dem nächsten Jahr fehlen wird. Das Angebot war für das Jahr 2023 eine Erhöhung auf die Tabelle von 4,5 % und eine Einmalzahlung in drei Etappen a 1.000 €, also insgesamt 3.000 € netto und für das nächste Jahr 2024 weitere 3 % auf die Tabelle. Der Arbeitgeber sagt, dass wir jetzt eine Inflation im Jahr 2022 von knapp 7 % hatten. Sie haben natürlich auch die Monate Januar und Februar eingerechnet, wo die Inflation eigentlich nur bei knapp 2 % lag, glaube ich, was natürlich den Schnitt drückt. Und dann haben sie auch aus ihrer Rechnung, was sie uns auf die Tabelle zahlen möchten die Energiekosten rausgenommen, weil sie den Staat in der Verantwortung sehen, für die Mehrkosten der Energie aufzukommen und sagen das ist nicht ihre Verantwortung als Arbeitgeber, sondern da ist der Staat für verantwortlich, das auszugleichen. Und dann gibt es die 3.000 € Einmalzahlung als Bonus und das sind umgerechnet 250 € pro Monat. Allerdings fehlen die 250 € ab Januar 2024 und dann sagen sie insgesamt kommen wir dann in einigen Gruppen schon fast auf eure Forderung. Das Problem ist wie gesagt, dass 2024 dann diese 3.000 € fehlen werden, sich die Tabelle auch nur um 3 % erhöhen wird und die Inflation sicher nicht sinken wird. Und ich glaube ein Inflationsausgleich sollte auch nur die Minimalforderung sein, weil wir ja vorher schon besprochen hatten, was die Belastungen in einigen Bereichen sind und dass da schon in den letzten Jahren auch vor der drastischen Inflation zu wenig gezahlt wurde. Dann vielleicht noch meine persönliche Meinung zu dem Angebot. Also ich sehe das vor allem kritisch, weil vor allen Dingen die Taktik der Arbeitgeber dahintersteht, die Belegschaft zu spalten. Die aus den oberen Gruppen sagen: „Das ist ein Top Angebot – 3.000 € Einmalzahlung ist doch super, nehmen wir alles mit.“ Und die Beschäftigten aus den unteren Gehaltsgruppen werden sagen „Das reicht nicht, das Angebot, das ist schlecht, wir müssen weiterverhandeln.“ Und die anderen sagen, „Warum wird dann immer so viel verhandelt und am Ende kommt sowieso nichts dabei rum? Dann nehmen wir doch gleich das Angebot, was wir schon haben.“ Diese prozentuale Aufstockung, das ist eine politische Forderung vom Arbeitgeberverband, und dadurch wird der Abstand zwischen den Gehaltsgruppen immer größer. Ich finde diese einheitliche Erhöhung der Tabelle ist wesentlich besser, weil ja dadurch die unteren Gruppen mehr profitieren können. Ich sage, das ist gerecht, weil sie zu wenig verdienen, auch schon in der Vergangenheit zu wenig verdient haben und deswegen ist das eine gute Forderung, finde ich. Der Funke: Wenn auf einer Betriebsversammlung das Angebot diskutiert werden würde... Azubi: Ja das Problem ist, der Betriebsrat hat sich im Dezember nicht getraut eine Betriebsversammlung zu machen, weil der Arbeitgeber gesagt hat, das würde wegen Corona zu gefährlich sein. Und der Betriebsrat ist damit eingeknickt. Der Funke: Aber nehmen wir an, das funktioniert jetzt. Und alle Abteilungen würden zu Wort kommen und über die nächsten Schritte in dem Tarifkampf sprechen und abstimmen. Was denkst du, wofür wird sich die Mehrheit entscheiden? Azubi: Also die Mehrheit ist dafür, dass gestreikt wird, wenn jetzt die nächste Verhandlungsrunde vorbei ist. Die Mehrheit würde sich dafür entscheiden, jetzt den Betrieb stillzulegen und in den Arbeitskampf zu gehen. Von der Stimmung her hätten sie am liebsten auch schon im Dezember gestreikt. Der Funke: Die Erwartungen wurden demnach bei der ersten Verhandlungsrunde nicht erfüllt. Was sind jetzt die Erwartungen an die zweite Verhandlungsrunde und insbesondere an ver.di, also die Verhandlungsführung? Azubi: Da ist jetzt schon eine Aktion geplant, dass Unterschriften gesammelt und übergeben werden sollen. Ich glaube mindestens die Hälfte der Beschäftigten, um deutlich zu machen, dass die Belegschaft hinter der Forderung steht. Was ich persönlich schade finde, ist, dass es in einigen Vertrauensleute-Gruppen die Idee gab, man könnte schon eine kleine Demonstration in der Steinstraße veranstalten, um nochmal der Tarifrunde ein bisschen Druck zu verleihen. Das wurde dann aber tatsächlich von einigen abgelehnt, denn die Angst war da, dass nicht genügend Leute zu dieser Demonstration kommen würden. Dabei wäre das eigentlich meiner Auffassung nach eine schöne Geste gewesen, weil man auch direkt vor dem Hochbahnhaus (Zentrale Verwaltung) eine Demonstration macht. Und das hätte dann auch der Arbeitgeber sehen müssen. Ansonsten sind die Erwartungen natürlich, dass unseren Forderungen nachgekommen wird vom Arbeitgeber. Unsere Erwartung an ver.di lautet, dass sie unsere Forderungen bestmöglich vertreten und auch dementsprechend gegen den Arbeitgeber verfahren, oder es so endet, dass nach der 2. Verhandlungsrunde gestreikt werden kann. Ein Streik wäre auch für die Gewerkschaft und für den Zusammenhalt innerhalb der Hochbahn von den Kollegen eigentlich das Beste. Und dann hätte man auch vielleicht mal einen Ort, wo alle zusammenstehen und sagen können, wie scheiße es eigentlich gerade läuft, was jetzt gerade so ein bisschen untergeht. Der Funke: Den Arbeitskampf kann man nur gewinnen, wenn die Belegschaft geeint ist, die Solidarität besonders hoch ist und das Ziel zum Kämpfen sich lohnt. Die Arbeitgeber versuchen auf verschiedene Weise zu spalten, zum Beispiel durch Einschüchterung, durch die unterschiedlichen Entgelttabellen, aber auch durch das vorliegende Angebot. Was bräuchte es aus deiner Sicht, damit die Solidarität und auch Kampfkraft der Belegschaft maximal hoch ist? Azubi: Ich würde schon sagen, dass ein Streik mit dazu zählt. Einfach um zu zeigen, dass es auch was bringt, wenn man zusammenarbeitet oder zusammen in den Arbeitskampf gehen kann. Der Funke: Werden die Azubis auch streiken, wenn ver.di dazu aufruft? Azubi: Da gibt es tatsächlich gespaltene Meinungen dazu. Einige sind sofort streikbereit, weil sie sagen wir müssen beim Arbeitskampf mitmachen. Es gibt welche, die sagen, als Azubi lohnt es sich ja sowieso nicht zu streiken, denn das würde nichts bewirken, da wir weder Kosten verursachen, noch den Betrieb dadurch aufhalten würden. Die anderen sagen auch, sie müssten lernen und sich auf die Prüfung vorbereiten, können deswegen nicht streiken. Das ist auf jeden Fall gespalten. Der Funke: Laufen bereits Streikvorbereitung und wie organisiert ihr die Solidarität im Betrieb? Azubi: Die Betriebshöfe sind alle recht gut organisiert. Bei der Technik gibt es intern schon einige, die sich Gedanken machen, wo man überhaupt streiken darf. Ansonsten konkrete Streikideen und wie man jetzt die Kollegen dazu bewegt, gibt es jetzt noch nicht. Es gibt auch verschiedene Fotoaktionen. Auf den Betriebshöfen und in den Werkstätten wurden bereits ein paar Fotos gemacht, wo Kollegen Schilder mit den Forderungen hochhalten, und da soll eine Collage draus erstellt werden, um zu zeigen, dass viele Leute streikbereit sind. Der Funke: Vielleicht eine kleine Frage off Topic, aber trotzdem zugehörig. Die DGB-Chefin Yasmin Fahimi hat vor einigen Wochen die Bonuszahlungen an Manager und Vorstände trotz der Staatshilfen, die geflossen sind, verteidigt und sich gegen kapitalismuskritische Grundsatzdebatten ausgesprochen. Dabei hat sie sich sehr deutlich auf die Seite der Bosse und gegen die mehrwertschaffenden Arbeiter gestellt. Glaubst du, die Gewerkschaften müssen kämpferischer sein? Und wie oder worin siehst du deren Aufgabe? Azubi: Die Gewerkschaften sollten definitiv kämpferischer sein. Auch die ver.di ist da noch sehr bürgerlich, zaghaft und zögerlich vielleicht. Ich glaube, dass innerhalb des DGBs die Gewerkschaften auf jeden Fall mehr machen könnten. Auch die Belegschaft sollte da mitmachen, denn die Gewerkschaft besteht vor allem aus den Leuten, die arbeiten in den Betrieben. Es gibt keinen Grund als Beschäftigter nicht bei uns in der Gewerkschaft zu sein. Der Funke: Breite Solidarität ist gerade wichtig. Vor allen Dingen mit euch natürlich. Wie können aber Arbeiter, Azubis, Studenten und Schüler euch in eurem Kampf unterstützen? Du hast selbst herausgestellt, wie… Azubi: …wichtig der öffentliche Nahverkehr für Hamburg ist. Das Problem ist, dass wenn wir streiken, dann trifft der Streik nicht nur den Arbeitgeber. Der Ärger ist auch auf der Seite der Fahrgäste, weil sie nicht zur Arbeit oder in die Schule kommen. Das Meckern über den öffentlichen Nahverkehr ist sowieso Volkssport hier in Deutschland und ich glaube, dass heizt man damit ein bisschen mit an. Mir wurde tatsächlich erzählt, dass beim letzten Streik bei der Gewerkschaft angerufen wurde und zum Teil Morddrohungen ausgesprochen wurden. Das Verständnis über die Verantwortung, welche hinter unserer Arbeit steckt, sollte da sein und wir dementsprechend entlohnt werden sollten. Das heißt, dass der Streik gerechtfertigt ist. Wenn man natürlich weiterdenkt, könnte man sagen okay, der öffentliche Nahverkehr streikt, dann machen andere Beschäftigte krank oder kommen auch nicht zur Arbeit. Das heißt, dass man generell eine größere Auswirkung hat und dass dann auch der Senat direkt angesprochen wird, weil der schlussendlich das Geld freigeben muss. Und ich glaube, wenn man eine große Solidarität in der Bevölkerung hat, die sagt, wir wissen oder wir verstehen, warum die Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehres mehr Gehalt verdient haben und sich dem Streik anschließen, vielleicht direkt auch in ihrem Betrieb streiken oder nicht zur Schule gehen, nicht das Auto zur Arbeit nehmen, sondern sagen, wir kommen halt gar nicht zur Arbeit. Ich glaube, das wäre auf jeden Fall ein guter Punkt, anstatt sich darüber aufzuregen, dass die U-Bahn nicht fährt. Der Funke: Das betrifft aber nicht Studenten und Schüler, die schmälern nicht die Profite ihres Bosses. Was könnte eine Möglichkeit sein, außer Verstand einzufordern dafür, wie sie sich beteiligen können oder Solidarität kundtun können? Azubi: Junge Leute sind für einige Themen besser zu erreichen. Die sind vielleicht ein bisschen mehr damit befasst, weil sie täglich mit dem Bus zur Schule oder zur Uni fahren. Das sind dann auch Themen, die einige junge Leute auf jeden Fall beschäftigt, gerade wenn man auf den Klimawandel blickt. Man möchte mehr zum öffentlichen Nahverkehr, daher muss die Branche gestärkt und sich solidarisiert werden mit dem Streik. Studenten könnten sich dem Streik anschließen. Bei Schülern ist das vielleicht zwiegespalten, aber wenn zum Beispiel gesagt wird, in ganz Hamburg fahren keine Busse und U-Bahnen, dass sie sagen, wir kommen nicht zur Schule also schließen wir uns der Demo an. Bei FFF hat es auch geklappt, dass sie mit der Schule absprechen konnten, wir gehen zu einem Streik oder zu einer Demonstration. Die Lehrkräfte könnten sich ebenfalls solidarisch mit uns zeigen, weil sie auch ein Interesse daran haben, dass der öffentliche Nahverkehr in der Stadt funktioniert. Der Funke: Machen es genug, muss man natürlich auch nichts absprechen mit der Schule. Das gleiche gilt für Arbeiter, die können natürlich auch selbst streiken. Da wären wir auch wieder beim Thema Gewerkschaften. Wäre sogar noch besser als krankmachen. Die Eltern der Schüler würde das ja auch betreffen. Was würdest du sagen, wie können wir euch unterstützen – als marxistische Organisation? Azubi: Also auf jeden Fall die Genossen zur Solidarität aufrufen. Ansonsten die genügende Bildungsarbeit oder den Grundstein für die Bildungsarbeit legen, damit auch einige Beschäftigte verstehen, wofür so ein Streik wichtig ist. Es gibt auch welche, die andere marktwirtschaftliche Vorstellungen haben und behaupten es sei gerechtfertigt, dass Busfahrer wenig verdienen und Menschen mit höherwertiger Ausbildung deutlich mehr verdienen. Dass da entgegengearbeitet werden kann, mittels Bildungsarbeit, sodass es auch bei den Beschäftigten ankommt. Da muss von der politischen Organisation eurerseits die Bildungsarbeit geliefert werden, damit beispielsweise linke Leute, die auch in der Ausbildung und Gewerkschaft sind, darauf zurückgreifen können, oder wenn sich Leute gewerkschaftlich organisieren, dann auch mit marxistischen Inhalten konfrontiert werden. Der Funke: Was hältst du denn von der Idee, den gesamten öffentlichen Nahverkehr wirklich in öffentliche Hand zu überführen und nach den Bedürfnissen der Beschäftigten und Kunden auszurichten, statt nach Profit? Azubi: Ich persönlich finde das eine gute Idee, als ersten Schritt den öffentlichen Nahverkehr wieder staatlich zu organisieren anstelle als Aktiengesellschaft, die dem Staat gehört und nach marktwirtschaftlichen Regeln aufgebaut ist. Es sollte weniger auf den Profit geachtet werden, sondern mehr auf die Qualität, den Ausbau und Modernisierung. Das sind viele Themen, die dort mit reinspielen und natürlich könnte man dann über demokratische Wege die Bevölkerung fragen, wie sie denn ausbauen wollen würden. Ich würde sagen, das Profitstreben ist auch mit das größte Problem. Um es drastisch zu sagen, wenn das Geld keine Rolle spielen würde, dann hätte man natürlich schon lange z.B. eine U-Bahn nach Harburg aufbauen können, um hier eine zweite Anbindung in den Süden zu haben. Um vielleicht größer drauf zu blicken: Jetzt wird die U5 gebaut. DIE LINKE bezeichnet das als völligen Nonsens, weil ihr Gegenentwurf, der Bau einer Straßenbahn, günstiger und schneller zu bauen sei. Und da frage ich mich, warum gerade diese Fraktion das eine dem anderen vorzieht. Anstatt beides einzufordern. Wir wollen die Straßenbahn haben, die schnell und günstiger errichtet ist und die U-Bahn. Der Funke: Vielen Dank für deine Zeit und die Einschätzungen. Viel Erfolg, dass es mit dem Streik klappt! Eine letzte Anmerkung der Redaktion: Wie wir gesehen haben, ist es wahr, dass die Streikbereitschaft bei der Hamburger Hochbahn sehr hoch ist. Unsere vollste Solidarität gilt den Beschäftigen – keine ihrer Forderungen kann zu hoch sein! Die Bosse und ihre Vertreter setzen auf Spaltung der Belegschaft, faule Tricks und Propaganda. Sie schieben die Verantwortung von sich weg. Wir sagen: Dann müssen sich die Hochbahner holen, was ihnen zusteht! Keinen Kompromiss bei den Forderungen! Streiken!
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