Kategorie: Kapital und Arbeit

Tarifkampf Hamburger Hochbahn: Verhandlungsergebnis liegt vor – Betriebsversammlung und Urabstimmung einfordern!

Am 14. Februar war die vierte Verhandlungsrunde im Tarifkampf bei der Hamburger Hochbahn AG (HHA). Unerwartet hat sich die ver.di-Tarifkommission auf ein Verhandlungsergebnis mit den Hochbahn Vorstand und dem Arbeitgeberverband eingelassen. Doch das letzte Wort muss bei den Beschäftigten der Hochbahn liegen. Wir sind der Meinung, dass es eine Betriebsversammlung mit Urabstimmung über das Ergebnis und über die Fortsetzung des Kampfes braucht.

flickr / Rob Dammers


Das Verhandlungsergebnis sieht eine zweistufige Tabellenerhöhung von mindestens 400 € vor. Die Laufzeit beträgt 18 Monate. Daneben soll die Jahressonderzahlung etwas aufgestockt sowie eine Inflationsausgleichsprämie einmalig in Höhe von 750 € bzw. 1.500 € ausgezahlt werden – abhängig von der Wochenarbeitszeit. Für die Azubis soll die Vergütung zum 1. Januar 2023 um 200 € angehoben, so wie eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 750 € ausgezahlt werden. Außerdem sollen sie das Deutschlandticket ab 1. Mai 2023 kostenfrei erhalten – sollte dieses Ticket tatsächlich jemals von der Bundesregierung umgesetzt werden, schließlich wird das Startdatum regelmäßig nach hinten verschoben.

Dieses Ergebnis steht in starkem Gegensatz zu den Forderungen und der Lebenssituation der Hochbahnerinnen und Hochbahner. Zum einen fordern sie 600 € Lohnerhöhung in diesem Jahr. Zum anderen gehört Hamburg ohnehin zu den teuersten Städten Deutschlands, weshalb die hohe Inflation für Nahrungsmittel (+20,7 %) und auch die enorm hohen Energiepreise den Lebensstandard stark nach unten drücken.

Der Senat der Stadt Hamburg, welche Eigentümerin der HHA ist, scheint nicht bereit zu sein den Hochbahnern die geforderte Lohnerhöhung einzuräumen. Dabei berichtet die FAZ, dass die Stadt fast 1,55 Milliarden Euro Dividende als Anteilseignerin der Reederei Hapag-Lloyd erhalten wird, welche zu den großen Krisengewinnlern gehört. Insgesamt sollen demnach im Zuge der Hauptversammlung im Mai 11,1 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Dieses Geld könnte den öffentlichen Nahverkehr in Hamburg revolutionieren, wenn die Rederei in öffentlichem Eigentum stünde und von den Hamburger Arbeitern demokratisch kontrolliert wäre. Geld ist genug vorhanden.

Ausgebremste Kampfbereitschaft

Am 1. Februar waren 2.000 Hochbahnerinnen und Hochbahner für 24 Stunden im Warnstreik. Das war ein inspirierendes und kämpferisches Signal, das der ver.di-Tarifkommission die nötige Entschlossenheit für die darauffolgenden Verhandlungsrunden hätte einflößen müssen. Doch bereits in der dritten Verhandlungsrunde machte die Kommission unnötige Zugeständnisse, ohne die Belegschaft darüber abstimmen zu lassen. Noch verblüffender ist jedoch, dass die vierte Runde mit diesem Verhandlungsergebnis endete.

Damit hat die ver.di-Tarifkommission den Hochbahnern eine bedeutende Möglichkeit entrissen, ihre Kampfkraft und Solidarität mit noch mehr Entschiedenheit zu demonstrieren. Vor allem hätten in den kommenden Tagen und Wochen die verschiedenen Tarifkämpfe im öffentlichen Dienst (öD), bei der Post sowie ab Ende Februar bei der Deutschen Bahn zusammengelegt werden können. Am Donnerstag (16.02.) streikt die HADAG (ein Tochterunternehmen der Hochbahn) sowie andere Stellen des öD und am Freitag wird an vielen Flughäfen gestreikt, so auch in Hamburg. Gemeinsame Streiks über verschiedene Betriebe und Branchen hinweg, hätten eine bedeutende Signalwirkung nicht nur in diesen Tarifkämpfen, sondern für alle Lohnabhängigen in Deutschland und darüber hinaus.

Kürzlich streikten 500.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in Großbritannien. Dort wird sogar über einen Generalstreik diskutiert, um die Krise der Lebenskosten zu bekämpfen. In Frankreich streikten jüngst über 3 Millionen Menschen gegen die Angriffe der Regierung auf die Rente. Die Krise des Kapitalismus zwingt die Arbeiterklasse in allen Ländern zur Gegenwehr und dazu, dem sozialpartnerschaftlichen Kurs der Gewerkschaftsführungen zu widersprechen.

Wie geht es jetzt weiter?

Im ver.di-Tarifinfo wird den ver.di-Mitgliedern zwei Wochen Zeit gegeben per Brief über die Annahme oder die Ablehnung des Verhandlungsergebnisses abzustimmen. Jedoch ist das Abstimmungsergebnis für die Tarifkommission nicht bindend, sie hat die Entscheidungshoheit und entscheidet letztlich nach eigenem Ermessen.

Auch sind keine demokratischen Diskussionen der Beschäftigten über das Verhandlungsergebnis vorgesehen. Nur Gespräche mit den Mitgliedern der Tarifkommission bei deren Besuchen „auf den Busbetriebshöfen und in Euren Bereichen“ sind geplant. Dadurch lässt sich keine echte Meinung bilden, weil man nicht sehen kann, wie die Stimmung in den verschiedenen Betriebshöfen und Bereichen ist. Und so kann auch keine solidarische Diskussion darüber geführt werden, wie der Kampf weitergehen kann, wenn die Beschäftigten das Ergebnis ausschlagen sollten.

So ein Vorgehen hat lange Tradition in den Führungsgremien und Tarifkommissionen der DGB-Gewerkschaften. Es gibt den Funktionären frei Hand, so zu handeln, wie sie es für richtig halten. Vor allem müssen sie sie ihre Entscheidungen nicht vor versammelter Mannschaft erklären und zur Diskussion und Abstimmung stellen. Ohne kollektive demokratische Entscheidungsfindung in den Gewerkschaften und bei Tarifkämpfen, gibt es für Gewerkschaftsgremien keine bindenden Beschlüsse der Gewerkschaftsmitglieder.

Außerdem lässt eine Briefwahl, die jeder für sich macht, viel Spielraum für Einschüchterung und Druck durch die Bosse. Diese werden jetzt das Verhandlungsergebnis als große Geste an die Beschäftigten darstellen und sie drängen, das Ergebnis zu akzeptieren.

Es kann auch anders laufen

Wir vom Funke sind der Meinung, dass wir Gewerkschaftsmitglieder uns echte Demokratie in unseren Gewerkschaften zurückerobern müssen. Dazu gehört auch Arbeiterkontrolle über die Tarifkämpfe. Wir sind der Meinung, dass jeder entscheidende Schritt in einem Tarifkampf den Beschäftigten zur Diskussion und Abstimmung gestellt werden muss.

Deshalb denken wir, dass die Hochbahnerinnen und Hochbahner eine von der ver.di-Tarifkommission organisiert Betriebsversammlung aller Beschäftigten der Hochbahn – nicht nur der ver.di-Mitglieder – einfordern sollten. Dort können sie das Verhandlungsergebnis ohne Einmischung der Bosse diskutieren und kollektiv darüber abstimmen. Die Meinungen der Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen der Hochbahn sollten gehört werden können, damit eine Entscheidung gefällt werden kann, die tatsächlich im Sinne der Mehrheit der Hochbahner ist.

Diese Abstimmung sollte als Urabstimmung organisiert werden. Sollte eine Mehrheit der Betriebsversammlung das Verhandlungsergebnis ablehnen, dann sollte dies bindend für die Tarifkommission sein. In so einem Fall sollte die Kommission das Ergebnis gegenüber den Bossen ablehnen und im Gegenzug den Erzwingungsstreik organisieren.

Allen sollte klar sein, dass dieser Abschluss in den kommenden Tarifverhandlungen für Entgeltsystem und Manteltarifvertrag bei der HHA hergenommen werden wird, um Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen abzuwürgen. Deshalb ist es umso wichtiger das jetzt gemeinsam gekämpft wird und die Hochbahner keine Niederlage hinnehmen.

Der Kampf ist noch nicht vorbei. Nehmt euch das letzte Wort.

 

slider unten de rev

bdk slider unten

veranstaltungen 2

werde aktiv 2

button deutsche rev homepage

Modulblock Shop

Modulblock DefenceMarxism