Kategorie: Kapital und Arbeit

Galeria Karstadt Kaufhof: Keine Kompromisse und Appelle mehr!

Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) holt erneut zu einem kolossalen Kahlschlag aus: 52 der 129 Warenhäuser sollen im Zuge des Insolvenzverfahrens geschlossen werden. 5.000 Arbeiter würden ihren Job verlieren. Dabei setzt der österreichische Milliardär René Benko, der Eigentümer des Unternehmens Signa Holding dem GKK gehört, auf die gleiche zynische Taktik wie bereits 2020. Wie konnte es dazu kommen und wie können die Beschäftigten die Entlassungen verhindern?

flickr / Galeria Kaufhof Store


 

Erst als Tragödie….

2020 standen die Beschäftigten von GKK bereits vor einer ähnlichen Situation. Der vorgestellte “Sanierungsplan” sah die Schließung von 62 der 172 Warenhäuser, sowie die Schließung von 20 Filialen von Karstadt Sports vor. Letztlich wurden “nur” insgesamt 40 Standorte geschlossen und 4.000 Stellen gestrichen. Begründet wurde diese Rationalisierung mit “hohen Verlusten” durch die Corona-Pandemie und “hohen Mieten”.

Das “Verlustgeschäft” der Warenhauskette hat Benko und seinen Firmen dabei allerdings nicht geschadet: Recherchen von “Focus” zeigten, dass sich die Signa-Eigentümer, darunter auch die “Familie Benko Privatstiftung” bisher insgesamt 450 Millionen Euro Dividende auszahlen konnten. Das Mieten-Argument war genauso scheinheilig, denn bei zahlreichen Filialen ist die Signa Holding gleichzeitig Immobilieneigentümer und Vermieter. Trotzdem hat der Staat dem Konzern mit insgesamt 680 Millionen Euro Staatshilfen, sprich: Steuergeldern, kräftig unter die Arme gegriffen.

2020 verfolgte der Konzern eine zynische Salamitaktik, die das Ziel hatte, die Kampfmoral der Beschäftigten zu untergraben. Anfangs wurde die Zahl der bedrohten Standorte sehr hoch angesetzt, zunächst auf rund 80, dann auf 62 und am Ende auf 52. Diese schrittweisen Zugeständnisse waren Kalkül und die Anfangszahl “80” purer Bluff. Den Beschäftigten sollte suggeriert werden, dass, wenn sie kuschen, sie doch noch eine Chance haben, dass ihre Filiale verschont bleibt. Der Konzern wusste ganz genau, dass er es nicht mit allen Beschäftigten auf einmal aufnehmen konnte, deshalb spielte er sie gegeneinander durch diese Taktik aus und spielte mit ihren Ängsten, um zu bezwecken, dass die Arbeiter der verschonten Häuser keinen Streik riskieren. Die Verantwortlichen bei ver.di haben damals nicht den notwendigen Zusammenhalt aller Beschäftigten organisiert und damit die Position der Beschäftigten insgesamt geschwächt. Die ver.di-Führung appellierte lediglich an die Politik und die “soziale Verantwortung” der Eigentümer und forderte bei Schließungen die Verlängerung der Transfergesellschaft. So akzeptierte sie die Schließungen von Filialen, noch bevor sie einen echten Kampf organisierte.

Wir von Der Funke haben schon damals gesagt: Wer jetzt noch knapp der Entlassung entkommen ist, ist in ein paar Jahren dran, deshalb braucht es einen Streik aller Beschäftigten von GKK. Unsere Genossen nahmen an Kundgebungen der GKK-Arbeiter in Berlin und Mainz teil und kamen mit einigen Arbeitern ins Gespräch. In den Gesprächen stellen wir fest, dass die Beschäftigten eine hohe Kampfbereitschaft hatten und bereit waren, gemeinsam zu streiken. Doch zu so einem Kampf kam es nicht, weil die ver.di-Führung so einen Streik ausgeschlagen und stattdessen auf eine Lösung am grünen Tisch gesetzt hat. Es hätte aber auch anders laufen können – diese Lektion muss für die verbleibenden Filialen gezogen werden, damit die Beschäftigten nicht erneut gegeneinander ausgespielt werden.

…dann als Farce

Ende Oktober 2022 beantragte GKK dann erneut ein Insolvenzverfahren und die Diskussion um Filialschließungen brach wieder aus. Nun kündigte GKK im März 2023 abermals an, dass rund 52 der 129 Filialen geschlossen werden sollen. Wieder droht rund 5.000 Beschäftigten der Jobverlust. Die Schließungen sollen in zwei Schritten vollzogen werden: die ersten Schließungen Ende Juli 2023 und der Rest Ende Januar 2024. Ob die restlichen Filialen erhalten werden, hat die Gläubigerversammlung am 27. März entschieden. Dort wurde über den Insolvenzplan abgestimmt, sollte der nicht angenommen werden, hätte das ein sofortiges Ende der Filialen bedeutet. Die Versammlung hat den Plan allerdings angenommen, was nun aber bedeutet, dass 47 Filialen schließen werden.

Von den mehr als 5.000 Beschäftigten, die den Arbeitsplatz verlieren, arbeiten 4.300 in den Filialen, die geschlossen werden. Weitere 700 werden aus den 77 verbleibenden Filialen entlassen, denn auch da droht Personalabbau, Flächenreduzierung usw. Auch diejenigen, die nicht entlassen werden, können mit Lohnverzicht und größerer Arbeitslast rechnen. Schon seit Jahren verzichten Beschäftigte für den Konzern auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, auf den Flächentarifverträge und vieles mehr. Ein Galeria-Verkäufer verdient dadurch durchschnittlich 5.500 Euro weniger pro Jahr als im Tarifvertrag vorgesehen. Als Abfindung sollen die Beschäftigten der Warenhäuser, die geschlossen werden, eine Umschulung erhalten. Der Arbeitsminister Hubertus Heil hat angekündigt, eine Vereinbarung für eine Tarifgesellschaft zu schaffen, um den Betroffenen einen neuen Anschluss zu ermöglichen.

Dass viele von den Beschäftigten vielleicht schon im höheren Alter sind, oder nicht in der Lage sind, jetzt noch eine Umschulung zu machen, wird nicht beachtet. Jedoch steht jetzt schon fest, dass nicht alle der angekündigten Filialen schließen werden, sondern die “Salami-Taktik” von 2020 fortgeführt wird. Es wird mit mehr Schließungen gedroht, als eigentlich durchgesetzt werden. Die “geretteten” Filialen werden dann als Erfolg verkauft.

Arndt Geiwitz, der „Galeria-Generalbevollmächtigte“ begründet die vorgesehenen Schließungen der Filialen mit „volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den lokalen Gegebenheiten“. Das Unternehmen nannte außerdem weitere Gründe, wie den Gebäudezustand, Investitionsbedarf, die Kaufkraftentwicklung und vor allem die Mietbelastung. Verschwiegen wird das pure Profitinteresse, das hinter dem Niedergang der Kaufhauskette steht. Denn das Unternehmen, dem GKK fast zu 100% gehört, ist Signa genauer gesagt einem Teil des Unternehmens: der Signa Holding.

Die Machenschaften des René Benko

Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 vom österreichischen Multimilliardär Rene Benko gegründet (Vermögen 2021 laut Forbes: 5,6 Mrd. USD) und hat zwei Kerngeschäftsbereiche: Immobilienspekulation (Signa Real Estate) und Handel (Signa Retail). Seit 2012 gehört nun die komplette Karstadt Warenhaus GmbH der Signa Gruppe und 2018 erfolgte die Fusionierung mit Galeria Kaufhof. Neben GKK gehört ihm bspw. auch das Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg, Oberpollinger in München (die zusammen die KaDeWe Group GmbH bilden) aber auch das „Goldene Quartier“ in Wien, die Globus-Kette in der Schweiz, und einiges mehr.

Das Geschäftsmodell von Rene Benko und Signa ist nicht immer durchsichtig, aber folgt einem Prinzip, welches von der Wochenzeitung „Die Zeit“ folgendermaßen beschrieben wurde: „Kaufen, luxussanieren und Miete hochtreiben“. Denn was nicht vergessen werden darf, auch in Anbetracht der Zustände rund um GKK: In erster Linie ist Benko ein Immobilienspekulant. Auch bei GKK können wir folgende Methode beobachten: Signa kauft die Warenhäuser in guter Innenstadtlage (zum Beispiel: Berlin Alexanderplatz, Ku’damm) und trennt das Handelsgeschäft von den wertvollen Immobilien. Von den Immobilien, die Signa besitzt, kassiert sie hohe Mieten. Die Immobiliensparte Signa Prime wird dann das Gebäude noch sanieren oder große Umbauprojekte starten. In weniger attraktiven Lagen hingegen hat Signa die Immobilien nie besessen oder direkt weiterverkauft, aber auch da muss das Warenhaus dann hohe Mieten zahlen, was die finanzielle Lage für die Filiale weiter verschlechtert. Ausgelagert wird die finanzielle Schieflage, dann an den Beschäftigten des Unternehmens in der Einzelhandelssparte.

Während in Berlin 2024 die Karstadt Kaufhof Filialen in Charlottenburg und Wedding schließen müssen, wird am Alexanderplatz ein großes Umbauprojekt gestartet. Um das Projekt umzusetzen, wurde ein Deal mit dem Rot-Rot-Grünen Berliner Senat ausgehandelt. Das Unternehmen erpresste dafür die Politik: Als 2020 schon einige Filialen wegen Insolvenz geschlossen werden sollten, „verhandelte“ Signa mit dem Senat und handelte aus, dass die Arbeitsplätze bei GKK an 3 Standorten für 3 Jahre erhalten bleiben, dafür der Senat dem Unternehmen baurechtlich entgegen kommt. In einem „Letter of Intent“ von 2020 haben Signa und der Berliner Senat die Bauprojekte am Alexanderplatz und Kurfürstendamm gemeinsam besiegelt. Signa versprach Investitionen von 45 Mio. Euro, gleichzeitig fehle aber das Geld, um die anderen Filialen zu erhalten. Hier wird offen zur Schau gestellt, dass es dem Unternehmen um nichts anderes als reinem Profitinteresse, in dem Fall Immobilienspekulation, geht und der Berliner Senat macht mit: Auf Kosten der Arbeiter.

Nun sprach die LINKE in einem RBB interview selbst von „Erpressung“ und erkannte drei Jahre zu spät, dass Signa nie Interesse am Standort und Arbeitsplatzerhalt hatte. Die LINKE fordert jetzt „die Zusammenarbeit mit Signa einzustellen. Die Bauvorhaben sollten sofort gestoppt werden“. Das, nachdem Klaus Lederer, der Kultursenator aus der Linkspartei, das Dokument für diese Abmachung 2020 selbst unterzeichnet hatte.

Wir dürfen keine Illusionen in den Staat und die Politik haben, die werden diesen Kahlschlag nicht stoppen. Hätten die gutbezahlten Spitzenpolitiker Linkspartei wirklich Interesse daran gehabt, die Arbeitsplätze zu erhalten, hätten sie sich nicht auf diesen Deal eingelassen. Nur die Arbeiter selbst können nun mittels Streiks und Arbeitskämpfen genug Druck auf die Kapitalisten ausüben.

Was jetzt?

Die angekündigten Entlassungen bedeuten für die Beschäftigten eine soziale Katastrophe, grade in Zeiten von Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten! Es gilt jetzt, alle Entlassungen zu verhindern. Die Forderungen von ver.di erstrecken sich bisher lediglich auf den Austausch des Managements und dem Einfordern von Investitionen sowie eines “tragfähigen Zukunftskonzepts” vonseiten der Geschäftsführung. Erreicht werden soll das mit dem Sammeln von Unterschriften und dem Auffahren von bunt geschmückten Bussen vor den betroffenen Filialen. Ferner hat ver.di angekündigt “mit den Betriebsräten und aktiven Belegschaften aus den betroffenen Warenhäusern um jeden Arbeitsplatz kämpfen".

Was das konkret heißt, ist bislang unklar. Mit bloßen Appellen an die Geschäftsführung, untermauert mit Unterschriftensammlungen wird ver.di seine schon unzureichenden Forderungen kaum erfüllen können, geschweige denn die bestehende hohe Kampfbereitschaft der Belegschaften ausnutzen können.

Doch es ist absolut möglich, die Entlassungen zu verhindern, wenn wir die Lehren aus der Erfahrung von 2020 ziehen: Wir dürfen uns nicht von der Salamitaktik spalten lassen. Was es jetzt braucht, ist der Streik aller Beschäftigter bei GKK mit dem Ziel jede Entlassung zu verhindern. Denn eine Niederlage für einen Teil der Beschäftigten ist eine Niederlage für alle Beschäftigten, denn die Bosse fühlen sich durch einen Teilsieg bestärkt darin und werden weitere Angriffe (Entlassungen, Lohnkürzungen, etc.) fahren.

Diesen Streik zu organisieren ist die Aufgabe der ver.di-Führung. Wo sie zaudert, müssen die Beschäftigten Druck aufbauen. Ein erster Schritt dazu wäre, diese Frage in Betriebsversammlungen zu diskutieren und Kontakt mit den Beschäftigten anderer Filialen aufzunehmen. Die Erfahrung von 2020 hat gezeigt, dass die sozialpartnerschaftliche Ausrichtung der Gewerkschaftsspitzen in die Katastrophe führt. Deswegen sprechen wir uns für folgende Kampfmaßnahmen aus:

1) Wenn die Geschäftsführung behauptet, dass eine Bezahlung nach dem Flächentarifvertrag „in absehbarer Zeit finanziell unmöglich wie auch inhaltlich unpassend“ sei und die Belegschaft zudem im Jahr auf 5.500 Euro verzichten soll, sollen sie die Geschäftsbücher offenlegen und beweisen, dass kein Geld vorhanden ist!

2) Organisierung und Mobilisierung des Streiks aller Warenhäuser mit dem Ziel alle Filialen und Arbeitsplätze zu erhalten: Erreicht werden könnte das z.B. durch das Erheben von sehr hohen Forderungen in den Sozialtarifvertragsverhandlungen, wodurch Entlassungen extrem teuer würden.

3) Organisierung von Solidarität aus der Bevölkerung und sozialen Bewegungen durch das Auffahren einer öffentlichen Kampagne, wo das Verhalten von Benko und seiner Signa skandalisiert wird.

4) Schluss mit der sozialpartnerschaftlichen Ausrichtung der Gewerkschaften! Für einen Kampf ohne angezogene Handbremse! Wenn der Konzern nicht dazu in der Lage ist, die Arbeitsplätze der Beschäftigten zu sichern, muss er unter demokratischer Kontrolle durch die Beschäftigten vergesellschaftet werden!

5) Für demokratische Strukturen in den Gewerkschaften! Die Beschäftigten müssen über ihre Forderungen, ihre Kampfmaßnahmen und mögliche Angebote der Bosse selbst diskutieren und entscheiden. Und zwar nicht in isolierten Briefabstimmungen, sondern nach einer gemeinsamen Debatte im Betrieb.

Sozialpartnerschaft führt in die Niederlage!

Um einen kämpferischen Streik ohne angezogene Handbremse durchzuführen, muss sich die ver.di-Führung dringend von der Sozialpartnerschaft verabschieden, welche auf einem “kooperativen Verhältnis” der Kapitalisten und Arbeiter beruht. Ein “kooperatives Verhältnis” zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse bedeutet jedoch, dass die Krise auf die Arbeiterklasse abgewälzt wird. Man sieht an den aktuellen Arbeitskämpfen, wie sehr sich die Klassengegensätze zuspitzen und die Tarifforderungen der Arbeiter und die Tarifangebote der Kapitalisten immer weiter auseinanderklaffen.

Die Zeit des relativen Klassenfriedens in Deutschland ist endgültig vorbei, denn wir befinden uns nicht mehr im Nachkriegsaufschwung, wo soziale Zugeständnisse gemacht werden konnten, sondern in der tiefsten Krise des Kapitalismus seit seiner Existenz. Dauerhafte Reformen sind nicht mehr möglich und die Kapitalisten sehen sich immer mehr gezwungen, die sozialen Errungenschaften der Vergangenheit und den Lebensstandard der Arbeiterklasse anzugreifen, um ihre Profite zu retten. Damit erodiert das Fundament der Sozialpartnerschaft immer weiter.

Die Gewerkschaften und Arbeiterparteien müssen sich dringend dieser Entwicklung bewusst werden und wieder ihrer ureigenen Aufgabe nachkommen, nämlich die gegensätzlichen Interessen der Kapitalisten und der Arbeiterklasse zu benennen, uneingeschränkt die Interessen letzterer vertreten und ihnen einen Kampfplan zu Erreichung ihrer Ziele vorlegen.

Seit 2020 appelliert die Führung von ver.di erfolglos an die “soziale und unternehmerische Verantwortung” Benkos, doch Benko und seine Firmen sind offenkundig keine “kooperativen Sozialpartner”, sondern unsere Gegner, die sich nicht um die Zukunft der Belegschaft scheren.

Es braucht dringend neue Methoden, denn es geht um alles oder nichts. Einen neuen Job zu finden, wird für einen Großteil der Beschäftigten aus Altersgründen schwierig, genauso schwierig wie die Zeit bis zur Rente zu überbrücken. Viele würden mit einer Rente auf Hartz-IV-Niveau in der Altersarmut enden. Es ist die Aufgabe von ver.di, das zu verhindern.

 

 

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