Kategorie: Kapital und Arbeit

Gemeinsam auf die Straße Tarifkämpfe vereinen!

In den letzten Monaten braut sich unter der Oberfläche ein Sturm zusammen, der sich in einzelnen klassenkämpferischen Streiks und Aktionen ankündigt. Es wurde bzw. wird gestreikt in Kitas, Häfen, Kranken-, Möbel- und Warenhäusern, im Nahverkehr, bei der Deutschen Bahn, Müllabfuhr, Deutschen Post, an Flughäfen und noch vielen weiteren Branchen.

ver.di Frankfurt


Die Streikpause, die während der Coronapandemie vorherrschte, wurde beendet. Stattdessen tritt die Arbeiterklasse wieder in kollektive Verteidigungskämpfe, welche ihr durch die Kapitalistenklasse aufgezwungen werden. Busfahrer in Metropolregionen oder Großstädten brauchen teilweise einen Nebenjob, um über die Runden zu kommen. Andere laufen permanent in ihren Dispo oder sind sogar auf Wohngeld angewiesen.

Am 27. März demonstrierte die Arbeiterklasse in Deutschland ihre potenzielle Macht. Große Teile des öffentlichen Verkehrs einschließlich Bus, Bahn, Autobahnen, Wasserstraßen und Flughäfen wurden bestreikt. Der Arbeitskampf von ver.di und EVG wurde vorher in der bürgerlichen Presse als unverhältnismäßiger „Megastreik“ diffamiert und den Streikenden vorgeworfen, sie würden die Betroffenen „in Geiselhaft nehmen“. Dieser Streik hätte ein über Tarif- und Branchengrenzen hinausreichender Vollstreik werden können.

Doch diese Kampfmaßnahmen werden organisatorisch bisher noch getrennt durchgeführt mit parallel stattfindenden Kundgebungen und punktuellen Streiks. Doch um diesen Kampf zu gewinnen, muss die Arbeiterklasse als Einheit gemeinsam kämpfen, um den nächsten Streik zu einem wirklichen Megastreik zu machen!

Kämpfe vereinen

Die Kampfkraft der Arbeiterklasse ist eine kollektive Stärke. Sie ist nicht nur davon abhängig, wie viele Kollegen sich im Betrieb beteiligen, sondern auch wie viele Betriebe und letztlich auch wie viele Branchen streiken. Wenn dieser Kampf koordiniert stattfindet, statt in verschiedenen Betrieben zu unterschiedlichen Zeiten, dann ist die gebündelte Kraft der Arbeiterklasse eine echte Bedrohung für die Bosse. Wie der Megastreik am 27. März zeigte, ist es möglich und notwendig, partikulare Interessen zu überwinden.

Auch am 3. März fand solch eine Vereinigung statt, als in sieben Bundesländern im öffentlichen Nahverkehr gestreikt wurde und vielerorts Fridays for Future gemeinsam mit den Beschäftigten demonstrierte. Bereits Ende 2019 suchte die Klimabewegung den Schulterschluss mit der Arbeiterbewegung, um ihre Forderungen durchzusetzen. Schon damals löste dies eine Debatte über den politischen Streik aus. Kapitalvertreter und BDA-Chef Steffen Kampeter bezeichnete dies als eine gefährliche Grenzüberschreitung und warnte, dass Streiks nicht für allgemeine politische Ziele eingesetzt werden dürfen.

Die aktuellen Streiks sind die ersten Warnschüsse der Arbeiterklasse an Kapital und Regierung. Sie demonstriert ihre Macht und wird sich selbst ihrer eigenen Macht gewahr. Die Herrschenden sind sich dessen schmerzlich bewusst und versuchen mit allen Mitteln, weitere solcher Ereignisse zu verhindern. Angriffe auf das Streikrecht, wie sie Kampeter im Zuge der Streikmaßnahmen im Flugverkehrssektor forderte, sind nur ein erster Ausblick. Dass im Zuge dessen auch Gewalt eingesetzt wird, um Streiks zu brechen, zeigt der Vorfall bei einer Spedition, bei der streikende LKW-Fahrer von rechtsradikalen Paramilitärs angegriffen

wurden. Aber auch die Hamburger Hafenarbeiter haben im letzten Jahr die Rolle des bürgerlichen Staats, der Polizei, in der Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit mit Knüppeln und Pfefferspray erfahren. Um solche Angriffe zu vereiteln, müssen die Gewerkschaften geschlossen vorgehen und auf ihre unabhängige Macht bauen.

Den Kampf auf eine höhere Ebene führen

Karin Welge, die Verhandlungsführerin im öffentlichen Dienst auf Seiten der Bosse, meinte, dass man die Belastung, die durch Gesetze ausgelöst werden, nicht in Tarifverhandlungen kompensieren könne. Mit solchen Argumenten sollen die Streikenden dazu gebracht werden, Angebote anzunehmen, die nicht mal die Inflation ausgleichen. Die gegenwärtigen Tarif- und Arbeitskämpfe, die immer wieder an scheinbaren Sachzwängen scheitern, sind ein Signal an die Arbeiterklasse, dass sie für ihre Interessen einen politischen Kampf führen muss.

Wenn die ökonomische Seite des Klassenkampfes um Erhöhung des Lohns und Verbesserung der Arbeitsbedingungen verschlossen ist, dann wird sich die Arbeiterbewegung gezwungenermaßen zur politischen Seite wenden müssen. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sollten sich nicht mit der Phrase abspeisen lassen, dass die Kommunen und der Bund kein Geld besitzen, ebenso wenig Arbeiter in privaten Betrieben wie der Deutschen Bahn AG, wenn die Unternehmer über Geldsorgen klagen. Stattdessen sollten sie einfordern, dass die Profite der Kapitalisten für diese Zwecke abgeschöpft werden.

Gleichzeitig sollten die Arbeiter der Deutschen Post und anderer Unternehmen – da es ja unter kapitalistischen Profitzwang keine angemessenen Arbeitsbedingungen zu geben scheint – dafür kämpfen, dass ihr Betrieb wieder in staatliche Hand überführt wird, bei gleichzeitiger Kontrolle der Belegschaft über ihren Betrieb. Der erste Schritt dahin ist die Offenlegung der Geschäftsbücher, um das Ausmaß des Profitierens der Kapitalistenklasse offenzulegen.

Politische Forderungen, die letztlich das Privateigentum angreifen oder die Kapitalisten in ihren Rechten einschränken, lassen sich jedoch nicht in einem getrennten Kampf durchsetzen. Hierfür braucht es ein Programm, das die Forderung der gesamten Arbeiterklasse aufgreift und generalisiert. Dieses sollte unter anderem die bundesweite Anpassung der Löhne an die steigenden Lebenskosten fordern, sich für einen Stopp der steigenden Mietkosten einsetzen, den Wiederaufbau von Gesundheits- und Bildungssektor einfordern und durch die Verstaatlichung von den großen Energieunternehmen niedrige Energiekosten durchsetzen.

Dieses noch recht begrenzte Programm würde bereits Millionen mobilisieren können. Die vergangenen Kämpfe haben gezeigt, dass Arbeiter für offensive Forderungen streikbereit sind und in solchen Fällen der Gewerkschaft beitreten. Forderungen, wie die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, wie sie gerade in der bevorstehenden Tarifrunde der Stahlindustrie gestellt wird, werden auf Begeisterung in der Belegschaft stoßen und die Streikbereitschaft weiter ankurbeln. Eine Umsetzung dieser Forderung benötigt aber eine Mobilisierung über die Stahlindustrie hinaus und daher ebenso eine Verknüpfung mit anderen offensiven Forderungen.

Die Machtfrage stellen

Je politischer die Streiks werden, desto häufiger wird man zu hören bekommen, dass man sich an die vorgegebenen Spielregeln halten soll. Doch sozialer Fortschritt und demokratische Rechte wurden nicht freiwillig durch die Herrschenden erlassen, sondern auf dem Boden

eines Rechtsbruchs erkämpft. Denken wir nur an die Pioniere der Arbeiterbewegung, die illegale Arbeitervereine gegründet haben und die Revolution von 1918, die den Acht-Stunden-Tag durchgesetzt hat.

Die deutsche Geschichte kennt mehrere Generalstreiks und größere politische Streiks. Seit einem Gerichtsurteil von 1952 werden politische Streiks mehrheitlich als illegal betrachtet. Dies basiert aber einerseits auf einer engen Auslegung des Urteils und andererseits auf der Nichtanerkennung der Macht der Arbeiterklasse durch die Gewerkschaftsführung. Beispielsweise streikten 1972 etwa 100.000 Beamte, Angestellte und Arbeiter, als SPD-Kanzler Willy Brandt durch ein Misstrauensvotum durch CDU und CSU gestürzt werden sollte. Dieser bewusste Regelverstoß blieb juristisch ungeahndet, weil jedes Gerichtsverfahren nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen hätte.

Rechtsfragen sind also immer Machtfragen im Klassenkampf der einen Klasse gegen die andere. Die aktuell geforderten Angriffe auf das Streikrecht zeigen deutlich, dass man sich auf geschriebene Worte nicht einfach verlassen sollte. Stattdessen zeigt sich hier mit aller Deutlichkeit, dass sich das Streikrecht nur durch einen politischen Streik verteidigen lässt.

Tatsächlich stellt ein unbefristeter Generalstreik die Machtfrage allgemein. Denn nicht nur bleibt die Produktion stehen, sondern auch die Regierung ist unfähig zu handeln, während die Arbeiterklasse ihre eigenen Organe bildet, um eine Art Notbetrieb aufrechtzuerhalten. Sie nimmt ihr Leben selbst in die Hand. Spätestens in diesen Momenten zeigt sich der bürgerliche Staat als Unterdrückungsorgan gegen die Arbeiterklasse und das bürgerliche Recht entblößt sich als Recht der Herrschenden. In dieser Situation spielt die Führung der Bewegung eine zentrale Rolle, die durch eine weitergehende Perspektive einen Weg vorwärts aufzeigen muss, da ansonsten die gesamte Bewegung nach einiger Zeit zusammenbricht.

Doch auch schon ein befristeter Generalstreik wäre ein enormer Schritt vorwärts für die hiesige Arbeiterbewegung. Die Untätigkeit der DGB-Gewerkschaftsführung, diesen Prozess vorzubereiten, liegt nicht nur an ihrer Rechtsgläubigkeit, sondern auch an einer Angst vor der Arbeiterklasse selbst. Sie drückt den Deckel auf den kochenden Topf, denn sie merkt, dass die Gewerkschaftsmitglieder radikalere Forderungen stellen, als es der enge Rahmen der Sozialpartnerschaft erlaubt. Noch kontrolliert die Führung die Bewegung, doch der sich anstauende Druck wird sich unweigerlich Bahnen graben und letztlich auch einen Austausch der Führung bedeuten. Davor hat die bisherige Führung Angst und versucht, dies mit allen Mitteln zu verhindern, während sie dadurch jedoch nur noch größere Explosionen vorbereitet. Die Arbeiterklasse wird zwingend die Machtfrage auch innerhalb der Gewerkschaften stellen und für eine demokratische Kontrolle von unten kämpfen.

Den Beginn solcher Prozesse sehen wir bereits in Frankreich. Aber dass diese neue Führung ein sozialistisches Programm aufstellt, welches fähig ist, den Klassenkampf vorwärts zu führen, ist kein Automatismus. Der Einfluss von marxistischen Ideen und Kräften auf die Arbeiterbewegung muss erkämpft werden. Hierfür müssen Revolutionäre sich in einer Organisation zusammenschließen und den politischen Kampf vorantreiben.

 

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