Kategorie: Kapital und Arbeit |
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Telekom: Privatisierung ist schädlich |
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Auch nach dem jüngsten Beschluss des Telekom-Aufsichtsrats zum massiven Arbeitsplatzabbau im Konzern gingen am Wochenende wieder betroffene Gewerkschafter auf die Straße. Wie berichtet hatte das oberste Kontrollgremium der Deutschen Telekom vergangenen Montag mehrheitlich grünes Licht für die Pläne vom Konzernchef Kai-Uwe Ricke gegeben, der bis 2008 rund 32.000 Stellen streichen will. Dagegen protestierten in Wiesbaden am Samstag noch einmal Telekom-Beschäftigte mit einer Mahnwache und Kundgebung vor einem Telekom-Laden in der Innenstadt. Bei Sturm und Schnee verteilten sie Informationen an die Passanten und sammelten zahlreiche Unterschriften für einen Appell, mit dem Ricke aufgefordert wird, sein Augenmerk auf die Verbesserung von Qualität und Service zu legen und den Personalabbau zu stoppen. Weitere Aktionen mit dieser Zielsetzung sind auch für das neue Jahr geplant.
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"Der Wind hat sich gedreht", kommentierte Otto Seckler, örtlicher Telekom-Betriebsrat und Mitglied im Wiesbadener ver.di-Bezirksvorstand, das starke öffentliche Echo auf den gewerkschaftlichen Protest. "Früher waren wir Angriffen ausgesetzt und haben uns viele Menschen zugerufen: ‚Ihr wart ein Staatsbetrieb, jetzt lernt Ihr endlich mal zu arbeiten'. Jetzt stellen wir fest, dass die Öffentlichkeit sich mit uns solidarisiert." Einziger Grund für den geplanten Personalabbau, so Otto Seckler, sei die sogenannte "Kostenstruktur". Die älteren Arbeitskräfte seien für den Konzern "zu teuer" und sollen daher zum Ausscheiden gedrängt werden. Der Konzernvorstand plane gleichzeitig, 6000 Menschen neu einzustellen, weil sie um etwa 30 Prozent billiger seien. Die Kosten für den Vorruhestand der im Konzern eingesetzten Beamten wolle der Telekom-Vorstand auf den Staat abwälzen. Privatisierung hat für Beschäftigte nichts gebrachtWas hat die vor 10 Jahren von der Regierung Kohl eingeleitete Privatisierung für die Telekom-Beschäftigten gebracht? "Für normale Beschäftigte gar nichts", stellt Otto Seckler fest. "Seit 1995 sind 120.000 Arbeitsplätze weggefallen. Die Einkommen sind zurückgegangen. Der Arbeitsdruck ist gestiegen. Die Kluft zwischen Managersalären und Durchschnittseinkommen ist größer denn je. Irgendwann ist Geiz so geil, dass alles kaputt geht." Entgegen anderslautender Vorurteile war auch die alte staatliche Telekom bzw. der Fernmeldebereich der Deutschen Bundespost keine "marode" Behörde. Schon in den 80er Jahren produzierte sie hohe Überschüsse, mit denen u.a. durch Quersubventionierung eine flächendecke und bürgernahe Postversorgung sichergestellt wurde. Darüber hinaus flossen aus diesen Überschüssen jährlich immer noch rund fünf Milliarden DM in den Bundeshaushalt ein. Den Privatisierern ging es einzig und allein um diese Überschüsse - zu Lasten öffentlicher Kassen. Nachdem die vermeintlich "faulen" und gescholtenen Fernmeldebeamten Anfang der 90er Jahre mit staatlichen Milliardenspritzen im sogenannten "Aufbau Ost" das modernste Telekomnetz der Welt erschaffen hatten, wurde dann die Telekom für den Börsengang freigegeben. Die unter der Regierung Kohl begonnene Privatisierung und Ausplünderung wurde ab 1998 auch unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) konsequent fortgesetzt. Die Mehrheit der T-Aktien befindet sich inzwischen in privaten Händen. Allerdings hält der Bund immer noch ein größeres Aktienpaket und könnte daher auch auf Unternehmensentscheidungen Einfluss nehmen. Doch bei der Telekom-Aufsichtsratssitzung am Montag hatte auch der Vertreter der Bundesregierung in dem Gremium, der amtierende Finanz-Staatssekretär Volker Halsch (SPD), mit den übrigen Vertretern der Anteilseigner gestimmt und somit den Personalabbauplänen zur Mehrheit verholfen. Dies stößt auch in seiner eigenen Partei auf Ablehnung. So kritisierte der Wiesbadener SPD-Landtagsabgeordnete Marco Pighetti, der sich der ver.di-Mahnwache am Samstag anschloss, das Abstimmungsverhalten des Staatssekretärs: "Ich hätte mir gewünscht, dass unsere Vertreter im Aufsichtsrat da nicht mitgestimmt hätten", erklärte er auf Anfrage. Auch die örtliche Bundestagsabgeordnete und Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul solidarisierte sich mit den Gewerkschaftern, wollte sich allerdings auf unsere Anfrage am Rande der Protestaktion nicht zum Abstimmungsverhalten des Vertreters der Bundesregierung im Telekom-Aufsichsrat äußern. |