Kategorie: Kapital und Arbeit

Bei der Bio Company geht es nicht um die Umwelt!

In diesem Leserbrief berichtet eine Beschäftigte der „Bio Company“ anonym über die Arbeitsbedingungen bei der Bio-Supermarktkette und darüber, wie das Unternehmen Kunden beim Thema Nachhaltigkeit hinters Licht führt.

der funke


Montag, 6 Uhr morgens – Schichtbeginn. Die dritte Woche in Folge helfe ich in einer Filiale am anderen Ende der Stadt aus, weil hier die Not heute am größten ist. Wir sind unterbesetzt, denn die Hälfte meiner Kollegen ist beurlaubt oder krankgeschrieben. Solche Tage sind keine Einzelfälle, sondern die Regel. Die konstante Unterbesetzung und etlichen Krankschreibungen werden von der Geschäftsführung in Kauf genommen. Nur ein Viertel der Angestellten pro Filiale sind vollzeitbeschäftigt – die überwältigende Mehrheit ist in Teilzeit angestellt oder arbeitet als Aushilfe, die spontan in Krisenzeiten den Brand löschen muss und von Filiale zu Filiale geschubst wird.

Auf der Website der „Bio Company“ heißt es: „Grundlage für unsere Entwicklung und unseren Erfolg sind motivierte und engagierte Mitarbeiter*innen. Für sie schaffen wir faire Arbeitsbedingungen und ein gesundes Arbeitsumfeld, das so gestaltet ist, dass jeder gerne und mit Freude zur Arbeit kommt.“ 

Aushilfen erhalten in der „Bio Company“ nicht mehr als den gesetzlichen Mindestlohn, auch der Lohn der Vollzeitangestellten liegt weit unter dem Durchschnitt der Lebensmittelbranche. Das Unternehmen heuchelt den Kunden die Illusion eines angenehmen Arbeitsklimas vor, das mit der Realität nichts zu tun hat. Schon morgens ist die Stimmung schlecht, im Mittelpunkt der Gespräche zwischen uns Kollegen steht oft der Frust über das Unternehmen und der Wunsch danach, den Job zu wechseln. Viele Auszubildende, die ich während meiner Arbeit kennengelernt habe, brechen ihre Lehre noch in der Ausbildungszeit ab.

Wer anfangen möchte, bei der „Bio Company“ zu arbeiten, bekommt seine vorgeschriebene Arbeitskleidung nicht etwa vom Unternehmen bereitgestellt, sondern diese Kleidung muss selbst bezahlt werden. 40 € werden vom ersten Lohn für zwei T-Shirts, eine dünne Jacke und eine Schürze abgezogen. In den ersten vier Stunden der „Karriere“ habe ich also de facto gratis gearbeitet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist es zwar möglich, dieses Geld zurückzuerhalten, allerdings muss die Bekleidung dafür in einwandfreiem Zustand zurückgegeben werden. Das gestaltet sich schwierig, da die Nähte schon nach kurzer Zeit aufgehen und die Kleidung nach einigen Jahren auseinanderfällt, wie mir Kollegen berichtet haben.

Auf der Website heißt es weiter: „Verlasse dich mit ,Bio Company‘ auf einen starken Arbeitgeber, der Mitarbeiter*innen langfristig bindet und dir innerhalb unserer Unternehmensstrukturen einen großzügigen Gestaltungsfreiraum schafft, um dich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln.“

Von der Macht des starken „Arbeitgebers“ und dem Vertrauen, das den Mitarbeitern entgegengebracht wird, kann ich mich jeden Tag nach Schichtende überzeugen lassen, wenn meine Tasche beim Herausgehen von der Marktleitung kontrolliert wird. Beim Auszählen der Kasse am Abend erfolgt schon bei einer Habe-Soll-Differenz von 5 € ein persönliches Gespräch. 

Jeder, der schon einmal eine Filiale von innen gesehen hat, kennt die vier verschiedenen Mülltonnen am Ausgang, über denen die Kunden auf großen Schildern über die Relevanz der Mülltrennung hingewiesen werden. Mülltrennung sei ein kleiner Schritt, durch den es jedem Kunden möglich sei, einen Beitrag zu einer umweltbewussteren Gesellschaft zu leisten. Nach Schichtende werden jedoch alle Müllbeutel in denselben Container geschmissen – Umweltbewusstsein adieu.

Letzten Endes ist das Firmenkonzept, das von Herzen einen großen Wert auf „Natürlichkeit, Engagement und Persönlichkeit“ legen würde, nichts als ein Verkaufsmasche. Kaum einem meiner Kollegen geht es in seiner Arbeit um die Liebe zu Bioprodukten. Eine faire Bezahlung ist das Letzte, was man von der „Bio Company“ als „Arbeitgeber“ erwarten kann. Dem Kunden wird vorgetäuscht, er könne selbst einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten, indem er Bioprodukte kauft. Es gibt keinen „guten Konsum“ im Kapitalismus.

Die „Bio Company“ ist ein kapitalistisches Unternehmen, das jährlich Millionenprofite einfährt. Das Einkaufserlebnis befriedigt das Verantwortungsgefühl der Kunden, aber für eine umweltbewusstere und klimagerechte Welt tritt man hier sicher nicht ein. Auf das Problem des Klimawandels kann uns kein kapitalistisches Unternehmen eine Antwort bieten, denn die Wurzeln des Problems sind in unserem Wirtschaftssystem selbst zu finden. Der Platz all derjenigen, die tatsächlich für eine bessere Welt kämpfen möchten, ist im organisierten Klassenkampf. 

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