Kategorie: Kapital und Arbeit

Werkschließung in Gendorf: 3M in Arbeiterhand!

Dezember letzten Jahres gab der Konzern 3M bekannt, die Produktion der Stoffgruppe PFAS (Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen) bis 2025 einzustellen. Hintergrund sei vor allem die Diskussion um ein weitreichendes Verbot dieser Stoffgruppe.

der funke


Ein Wegfall der Herstellung von PFAS hätte europaweit gravierende wirtschaftliche Auswirkungen, so auch für die Region Oberbayern. Im Chemiepark Gendorf fürchten 700 Beschäftigten des Dyneon-Werks, einer Tochter von 3M, um ihre Existenz. Insgesamt schätzt die Gewerkschaft IG BCE, dass mit Zulieferern und Dienstleistern rund 10.000 Arbeitsplätze von der Dyneon-Schließung bedroht sind, weil es etwa 40 % der EU-weiten PFAS-Produktion verantwortet.

Eine komplexe Stoffgruppe: PFAS

Kaum eine andere Stoffgruppe findet so viel Anwendung wie PFAS: auf Pfannen, Regenjacken, Akkus oder in Halbleitern, selbst in Wärmepumpen und Windrädern. Aufgrund der einzigartigen Eigenschaften ist die Stoffgruppe besonders in der chemischen Industrie, Galvano- und Elektrotechnik, Maschinenbau sowie der Medizin kaum wegzudenken. Sie können extremen Temperaturen standhalten, widerstehen aggressiven Substanzen wie Säuren und Basen, sind wasser- und fettabweisend und Nichtleiter.

Das wiederum macht die Entsorgung, Verarbeitung und Herstellung sehr aufwendig, geldintensiv und langwierig. Auch stehen einige Moleküle im Verdacht krebserregend, entwicklungshemmend, Schilddrüsen- und Leberschädigend u. v. m. zu sein. Andere wiederum sind so unbedenklich, dass sie in Asthmasprays verwendet werden. Das mitunter Schwerwiegendste an der Stoffgruppe von rund 12.000 Molekülen ist jedoch, dass zu den meisten kein toxikologisches Gutachten vorliegt. Grund dafür ist der weltweit andauernde verantwortungslose Umgang mit der Stoffgruppe durch die Unternehmen.

Verschmutzung im Landkreis Altötting

Besonders belastet sind vor allem Arbeiter von 3M, die diesen Stoffen seit Jahrzehnten unter unzureichender Arbeitssicherheit ausgesetzt waren und teilweise noch sind. Auch die Einwohner des Landkreises Altötting sind von der Umweltproblematik betroffen. Anschaulich zeigen das Blutproben aus Emmerting aus dem Jahr 2009 und 2015 mit deutlich erhöhten gesundheitsschädlichen PFOA-Werten – eine Stoffgruppe der PFAS. Die Überschreitung kann entwicklungstoxische Effekte, geringes Geburtsgewicht, Diabetes Typ II, verminderte Fertilität, geringere Antikörperbildung u. v. m. herbeiführen.

Mindestens seit den 60ern wussten die PFAS-Produzenten sehr genau, welchen Schaden sie mit der Verschmutzung an Menschen und Umwelt anrichten, und hielten diese Informationen bis zu einem Gerichtsbeschluss zur Offenlegung im Jahr 2000 geheim. Es ist ein grandioses Beispiel dafür, wie Kapitalisten dieser Branche des Profites wegen wissentlich Mensch und Umwelt vergiften und dabei der bürgerliche Staat indirekte Rückendeckung gibt.

Wenig verwunderlich ist auch, dass sich Dyneon nach jahrzehntelanger Verschmutzung bei der Finanzierung von Bodenaushebungen und Grund-/Trinkwasserreinigung querstellt. Insgesamt ist eine Fläche von rund 190 km2 mit PFAS belastet, die sich bis nach Österreich zieht.

Die gesamte Region ist in Gefahr

Im kapitalistischen Rahmen sind die Möglichkeiten ausgeschöpft, dem Widerspruch zwischen Nützlichkeit und Gefährlichkeit dieser Chemikalien zu begegnen. Diese Stoffe weiterhin zu verwenden, ist möglich, ohne uns und der Umwelt zu schaden. Dafür muss die Forschung a) umweltfreundlichere Alternativen erarbeiten und b) Verfahren entwickeln, die PFAS vollständig zerstören. Tatsächlich gibt es bereits Ansätze, die lange und kurzkettige PFAS vollständig zerstören.

Das Beispiel 3M zeigt, dass wir uns nicht auf den bürgerlichen Staat und Kapitalisten verlassen dürfen. Andauernd erleben wir, wie uns bewusst elementare Informationen über Umweltverschmutzung und Toxizität zugunsten von Profiten vorenthalten werden. Wir können uns nur auf unsere eigene Kraft als Klasse verlassen. Die Aufgabe der IG BCE und des Betriebsrats ist jetzt, einen Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze zu organisieren. Wir dürfen uns nicht mit dem Verlust oder „sozial abgesicherter“ Schließung zufriedengeben. Gerade jetzt gilt es in die Offensive für die Kontrolle, demokratische Planung und umwelttechnische Umsetzung durch die Arbeitenden vor Ort zu treten. Es braucht den solidarischen Kampf aller Arbeitenden des Chemieparks, der betroffenen Unternehmen und 3M.

Erhalt der Produktion und aller Arbeitsplätze bei Dyneon und allen betroffenen Unternehmen! 

Freigabe der Geschäftsbücher, geheimen Studien, Verträge und Patente von 3M zugunsten der Forschung und Transparenz! 

Enteignung, Vergesellschaftung und demokratische Kontrolle durch die Arbeitenden von 3M und ihren Töchtergesellschaften! 

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