Kategorie: Kapital und Arbeit |
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Phoenix aus der Asche – Die Hoffnung stirbt zuletzt |
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In der Tradition des Strike-Bike wollen 21 Nordhäuser Fahrradwerker ab Sommer selbstbestimmt weiter produzieren.Als die Belegschaft des Fahrradwerks Bike Systems in Nordhausen Anfang November 2007 nach fast vier Monaten Besetzung schweren Herzens den Betrieb räumte und in eine Transfergesellschaft überwechselte, wollten einige Belegschaftsangehörige den Gedanken nicht aufgeben, eines Tages doch wieder Fahrräder in Nordhausen zu produzieren. Eine Woche lang hatten sie im Rahmen der Besetzung letzten Oktober in eigener Regie und Verantwortung 1800 „Strike Bikes“ produziert und damit sich selbst und aller Welt bewiesen, dass eine selbstverwaltete Produktion in einer Fabrik mitten in Deutschland möglich ist (wir berichteten). | |||
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Diese Erfahrung prägte die im Verein Bikes in Nordhausen e.V. zusammengeschlossenen Arbeiter. Mit Hochdruck bereiteten sie in den letzten Monaten einen Neuanfang vor und gründeten hierzu im März die Strike-Bike GmbH, in der 21 ehemalige Mitarbeiter der Bike Systems eine neue Anstellung finden. Die Auswahl wurde im Verein unter Berücksichtigung sozialer und fachlicher Kriterien beschlossen, betont der Vorsitzende André Kegel. Er und sein Kollege Manfred Handke, ehemaliges Betriebsratsmitglied, werden als Geschäftführer der GmbH fungieren. Für ihre neuen Aufgaben haben sie sich u.a. in der noch laufenden Transfermaßnahme mit Lehrgängen mit Finanz- und Lohnbuchhaltung, Existenzgründungsfragen, Business-Englisch, EDV und Büro-Software fit gemacht. Die künftigen „Manager“ werden, so Kegel, aber ebenso wie alle anderen Arbeiter einen Einheits-Stundenlohn erhalten. Zudem sei festgelegt, dass alle Betriebsangehörigen gleiches Entscheidungsrecht bei der Arbeitsplatzgestaltung, Produktentwicklung und -benennung hätten – und natürlich die Pflicht, sich selbst in die Entwicklung der Firma mit kreativen Vorschlägen etwa zur Produktionsverbesserung einzubringen, betont Kegel, der mit seinen 30 Jahren der Jüngste im Betrieb war und weiter sein wird: „Wir brauchen keine Befehlsempfänger und haben gemerkt, dass in jedem von uns viel Potenzial steckt.“ „Um zu zeigen, dass wir wieder auf dem Fahrradmarkt zurückgekehrt sind, beginnen wir die Fahrradproduktion mit 2000 Exemplaren eines schwarzen 28-Zoll-Tourensportfahrrades namens Black Edition, erklärt Manfred Handke. Dabei handele es sich um ein von der künftigen Belegschaft entwickeltes robustes Herren- und Damenfahrrad, eine qualitative Weiterentwicklung des roten Strike Bike-Modells vom Oktober. Damit habe man auch auf entsprechende Anfragen aus dem Fahrradfachhandel reagiert, so Handke. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, bringt er das Engagement auf den Punkt und erinnert sich an schwere Tage Mitte November 2007, als die vertriebenen Arbeiter mit ansehen mussten, wie die gesamten Produktionsanlagen der alten Firma Bike Systems innerhalb von 14 Tagen abgebaut und nach Ungarn abtransportiert wurden. „Unser Wunsch, eine weitere Fahrradproduktion mit den vorhandenen Produktionsmitteln der Firma Bike Systems durchführen zu können, zerplatze wie eine Seifenblase“, so der Ex-Betriebsrat. Die Produktion der Black Edition soll im Frühsommer auf einer Etage des früheren Fahrradwerks wieder aufgenommen werden, sobald die dafür notwendigen Installationen vorgenommen sind. Bestellungen für das rund 300 Euro teure Rad werden ab der kommenden Woche entgegengenommen. Später sollen auch andere Produkte entwickelt werden. Ideen für ein Elektrobike und einen praktischen und robusten Handwagen für den Transport schwerer Güter sind bereits vorhanden und könnten dann bis Jahresende konkret Gestalt annehmen. Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, wird in dem alten und neuen Produktionsgebäude an der Freiherr vom Stein-Straße 31 Tag der Offenen Tür gefeiert. Dazu werden viele Nordhäuser erwartet, die im letzten Jahr mit Sympathie und Solidarität das Engagement der Fahrradwerker begleitet hatten. |