Dass in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise auch Betriebe mit schwieriger Auftragslage streikfähig sind, hat die Belegschaft des gut organisierten und streikerfahrenen Wiesbadener Automobilzulieferers Federal Mogul unter Beweis gestellt. Mit Beginn der Frühstückspause um 9 Uhr legten am Montag rund 800 Arbeiter der Früh- und Normalschicht befristet die Arbeit nieder und versammelten sich vor dem Werkstor zur Kundgebung der IG Metall. „Für die Arbeitgeber ist nie der richtige Zeitpunkt für eine ordentliche Lohnerhöhung“, bringt es IG Metall-Sekretär Michael Erhardt auf den Punkt.
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Er unterstreicht die Bedeutung der Nachfrage für die Konjunktur und rechnet vor, dass eine volle Durchsetzung der Lohnforderung von acht Prozent die gesamte Metall- und Elektroindustrie über ein Jahr bescheidene 14 Milliarden Euro kosten würde, während die Bundesregierung einen Risikoschirm von 480 Milliarden über den Banken aufgeklappt habe: „Wo ist da die Dimension“?
Der hochspezialisierte Betrieb, in dem der heutige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking vor 20 Jahren Geschäftsführer war, liefert Gleitlager und Buchsen für die Autoindustrie und spürt jetzt hautnah die Überproduktionskrise der Branche. Gleichwohl zeigt sich der Betriebsratsvorsitzende Alfred Matejka selbstbewusst: „Ohne unsere Produkte würde kein Auto laufen.“ Nach langen Jahren der Umverteilung von unten nach oben gehe es nun darum, diesen Trend zu stoppen und „zurückzuholen was uns zusteht und was wir brauchen“ und dabei „keine Rücksicht auf die Milliardäre“ zu nehmen. „Lieber uns acht Prozent zahlen als sie an der Börse zu verspekulieren“, fordert Matejka unter Beifall der Belegschaft. Im Gegensatz zum „verbrecherischen Handeln von Zockern“, die mit Beträgen ohne Gegenwert jonglierten, „verdienen wir auf ehrliche Art und Weise unter Geld“, so Matejka. Wenn die Arbeitgeber die Verhandlungen jetzt auf die lange Bank schieben wollten, helfe nur ein rascher Erzwingungsstreik, um letzten Endes möglichst nahe an die Forderung von 8 Prozent heranzukommen.
Auch Christiane Benner von der IG Metall-Vorstandsverwaltung sieht die Metall-Arbeitgeber mit verantwortlich für die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise. Denn sie hätten in den letzten Jahren mit riesigen Renditevorgaben die Blase mit aufgebläht und die Gewinne auf Kosten der Beschäftigten weiter gesteigert. Der Warnstreik in Wiesbaden war nur eine von vielen Dutzend Aktionen der IG Metall allein im Bezirk Frankfurt, der die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen umfasst. In einem ersten Schub hatten hier über 16.000 Beschäftigte für die Lohnforderung befristet die Arbeit niedergelegt.
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