Kategorie: Kapital und Arbeit |
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Streikbruch in der KiTa? |
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Der bundesweite Streik in Kindertagsstätten und anderen kommunalen Einrichtungen findet Zuspruch. In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden wurde erste Kritik an der Rekrutierung von Zivildienst- leistenden und Praktikanten für Streikbrucharbeiten laut. Zielscheibe der Kritik ist der Leiter des Wiesbadener Amts für Soziale Arbeit, Franz Betz. Er hatte im konservativen Wiesbadener Kurier von einer steigenden Nachfrage nach "Notdiensten" berichtet. So seien am Dienstag "700 Kinder von ihren Eltern in die Notfallgruppen gebracht" worden und somit "300 Kinder mehr" als während eines Warnstreiks in den vergangenen Wochen. |
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Für Notdienste stünden in der Stadt 1000 Plätze zur Verfügung, zitiert das Blatt den Amtsleiter und SPD-Mann. Eine Praktikantin bei einer Einrichtung der Stadt Wiesbaden wies allerdings darauf hin, dass sie ebenso wie andere Praktikanten und Zivildienstleistende von den Vorgesetzten für den "Notdienst" rekrutiert worden sei, um eine komplette Schließung der Einrichtung zu verhindern. "Dabei sollte der Chef über den Streik froh sein, weil auch er davon profitiert, wenn sich nach dem Streik die Arbeitsbedingungen verbessern und die Mitarbeiter besser motiviert sind", erklärte die Betroffene. Sie hat Verständnis für den Arbeitskampf und möchte anonym bleiben. Es könne nicht angehen, dass Hilfspersonal bei Streiks einspringe und Arbeit mit großer Verantwortung übernehme, die sonst nur von qualifizierten Kräften nach einer fünfjährigen Ausbildung geleistet werde. Wenn keine voll ausgebildeten Kräfte vorhanden seien, dann müsse die Einrichtung eben komplett geschlossen bleiben. Auch der örtliche IG BAU-Gewerkschaftssekretär Veit Wilhelmy, der durch seine gewerkschaftliche Beratungsarbeit auf diesen Fall gestoßen war, schloss sich der Kritik an. Es sei "höchst verwerflich", wenn die Stadtverwaltung Zivildienstleistende und Praktikanten als die schwächsten Glieder zu Streikbrucharbeiten zwinge, so Wilhelmy, der ehrenamtlich auch fraktionsloser SPD-Stadtverordneter ist und im Sozialausschuss des Stadtparlaments sitzt. Der Streik verdiene die volle und aktive Solidarität aller Gewerkschafter und aller Eltern; daher sei es unerträglich, wenn das ver.di-Mitglied Franz Betz "mit Taschenspielertricks" versuche, einen Streik seiner eigenen Gewerkschaft zu unterlaufen. Unterdessen setzen Beschäftigte in Kindertagesstätten und kommunalen Jugendhilfe- und Sozialeinrichtungen auch in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ihren Arbeitskampf für bessere Arbeitsbedingungen fort. Die Streikenden nutzten die Zeit zum Nachdenken und Austausch über Arbeitsbedingungen und Anforderungen im Arbeitsalltag. Für Donnerstag plant ver.di ein gemeinsames Streikfest für die beiden benachbarten Landeshauptstädte Mainz und Wiesbaden. Viele der Streikenden waren am Dienstag hoch motiviert von einer landesweiten Protestkundgebung in Fulda zurückgekehrt, mit der die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vor der für Mittwoch angesetzten neuen Verhandlungsrunde noch einmal Druck auf die Arbeitgeberseite ausüben wollte. Wie einige von ihnen bestätigten, hat der seit Monaten laufende Konflikt schon jetzt ver.di einen Mitgliederzuwachs beschert. Ein engagierter Gewerkschafter berichtete, dass allein in seiner Einrichtung die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder von acht auf 25 angestiegen sei und die überwältigende Mehrheit nun organisiert sei. Während Eltern und Öffentlichkeit überwiegend Verständnis für den Streik zeigten, ließen das Echo und die Darstellung in den Mainstream-Medien nach Meinung der Streikenden zu wünschen übrig. "Wir sind die Lebensbildner", brachte es eine Gewerkschafterin auf den Punkt. Bis in Wirtschaftskreise hinein habe es sich mittlerweile herumgesprochen, dass "Bildung nicht mit der Universität beginnt" und die Entlohnung und Arbeitsanforderungen der ausgebildeten Fachkräfte in den Kindertagesstätten stark zu wünschen übrig ließen. "Wir sind auch für Kinder verantwortlich, die aus Bürgerkrieg- und Kriegsgebieten stammen und durch ihre Traumatisierung besonders viel Aufmerksamkeit und Zuwendung benötigen", berichtete eine Erzieherin, die sich "nach 15 Jahren in diesem Beruf völlig ausgebrannt" fühlt. Manche dieser Kinder hätten dem Tod in die Augen geblickt und könnten nicht einmal mit ihren Eltern darüber sprechen, weil diese das Thema verdrängten. Teilzeitkräfte in den Einrichtungen seien besonders gefährdet dafür, unbezahlte Mehrarbeit zu machen, weil sie die personellen Engpässe hautnah erlebten und helfen wollten, erklärte ein anderes ver.di-Mitglied. "Am Abend habe ich keinen Nerv mehr für aktive Freizeitbeschäftigung. Eigene Kinder und die eigene Familie bleiben auf der Strecke", bemängelte eine Gewerkschafterin. "Leistungsrechte Bezahlung", "mehr Personal", "mehr Geld für die Ausstattung und angemessene Räume", "betriebliche Gesundheitsförderung", "Aufwertung und bessere Anerkennung des Berufs", "längere Pausen" und "jedes siebte Jahr ein Sabbatjahr" waren einige der wichtigsten Forderungen, die die Berichterstatter aus den Arbeitskreisen in die Vollversammlung einbrachten und die der Stimmung entsprachen. |