Kategorie: Kapital und Arbeit

Bahnprivatisierung im Handstreich noch vor der Wahl?

Für neue Unruhe sorgen Meldungen über einen unmittelbar bevorstehenden Aktientausch zwischen der Deutschen Bahn AG (DB) und der Russischen Staatsbahn RZD. Gleichzeitig planen DB-Manager einen nahezu beispiellosen Kahlschlag im inländischen Schienengüterverkehr.



Was in den letzten Tagen zunächst als Gerücht die Runde machte und seit dem Wochenende in Medienberichten auftauchte, nimmt immer mehr Gestalt an. So möchte der neue DB-Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube bei den anstehenden deutsch-russischen Konsultationen offenbar Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Idee einer „Überkreuzbeteiligung“ zwischen DB und RZD gewinnen. Protest gegen die Pläne äußern kritische Eisenbahner und Privatisierungsgegner.

Aus der Sicht der Bahnmanager und der von ihnen verfolgten Vision einer Beherrschung der Weltlogistikmärkte und des Ausbaus der Deutschen Bahn zum „Global Player“ wäre eine solche Überkreuzbeteiligung durchaus logisch. Seit Jahren steuert der im Frühjahr wegen der „Schnüffelaffäre“ als DB-Chef zurückgetretene Hartmut Mehdorn auf das Projekt „China-Bahn“ zu, eine Art Bagdad-Bahn des 21. Jahrhunderts. Mit einem Ausbau der Güterverkehrsmagistralen und mit riesigen Containerzügen von Westeuropa über Sibirien nach China sollen neue Marktanteile erobert werden. Ein erster durchgehender Güterzug von Deutschland nach Fernost wurde im Februar durch den Wirtschaftseinbruch ausgebremst. Doch die Pläne bestehen weiter. Mehdorn, der nun per Beratervertrag weiter für die DB tätig ist und seinem langjährigen Weggefährten Rüdiger Grube bei der Umsetzung der Expansionspläne zur Seite steht, war dem Vernehmen nach auch Anfang Juni dabei, als die Spitzen von DB und RZD in Moskau grundsätzlich Einvernehmen über eine Überkreuzbeteiligung erzielten. Nun soll der Aktientausch noch vor der Bundestagswahl am 27. September durchgeführt werden. Im Sommer 2008 hatte der Bundestag grünes Licht für die Bildung der zur Privatisierung vorgesehenen DB-Tochter DB Mobility & Logistics AG (ML AG) gegeben. Der anvisierte Börsengang war allerdings Mitte Oktober vor dem Hintergrund der Krise kurzfristig von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück abgeblasen worden.

Die Pläne zum Aktientausch zwischen DB und RZD haben das privatisierungskritische Aktionsbündnis Bahn für Alle alarmiert. Ihr Sprecher Carl Waßmuth warnte am Montag vor einem „handstreichartigen Einstieg in die Bahnprivatisierung“ und gab zu bedenken: „Mit einer solchen Transaktion wäre die Bahn unwiederbringlich teilprivatisiert.“ Denn die in finanzielle Schwierigkeiten geratene RZD stünde ihrerseits vor der Privatisierung, so dass sehr bald irgendwelche privaten Kapitalgruppen Miteigentümer der DB ML AG würden und damit Renditedruck und Einfluss auf die Deutsche Bahn geltend machen könnten. Offenbar gehe es nun nicht einmal mehr um Privatisierungserlöse, sondern um das Prinzip, jeglichen Einfluss der Politik und der Öffentlichkeit auf die Bahn zu stoppen und im Sinne privater Investoren ohne Rücksicht auf Verluste eine Global Player-Strategie durchzuboxen. Waßmuth forderte den Verzicht auf den Aktientausch, eine Rücknahme des Bundestagsbeschlusses zur Privatisierung und eine Auflösung der DB ML AG. Auch die SPD-Jugendorganisation Jusos kritisierte die Pläne scharf. Sie widersprächen dem Willen der SPD-Mitgliedschaft und dem SPD-Regierungsprogramm, das für die kommende Wahlperiode eine DB-Kapitalprivatisierung ausschließt.

Bereits heute führe der Privatisierungskurs und vorauseilende Gehorsam der Bahnmanager gegenüber künftigen Aktionären zu massiven Einschränkungen des Bahnverkehrs und der Sicherheit, warnt die gewerkschaftliche Basisinitiative Bahn von unten und verweist auf das Beispiel der Berliner S-Bahn, wo ein vormals intaktes und gut funktionierendes Nahverkehrssystem kaputt gespart worden sei. Nun drohe ein weiterer Konflikt bei der DB-Güterverkehrssparte DB Schenker Rail, da das Management mit Brachialgewalt bis zum Jahre 2011 eine Renditevorgabe von 14 Prozent umsetzen wolle. Diese Pläne bedeuteten einen Abbau von 7000 Arbeitsplätzen, einen Kahlschlag bei der Infrastruktur und einen weiteren Rückzug aus der Fläche, warnt Alfred Lange, Betriebsratsvorsitzender bei DB Schenker Rail in Frankfurt am Main. „Wer in der aktuellen Wirtschaftskrise 14 Prozent Rendite anstrebt und die von der Bundesregierung ermöglichte Ausweitung der Kurzarbeit auf 24 Monate als angeblich 'zu teuer' verwirft, der will ein anderes Unternehmen schaffen, nämlich eine Güterfernbahn über wenige Korridore, die mit dem heimischen Güterverkehr in der Fläche nicht mehr viel am Hut hat“, so Lange. Dies sei auch aus sozialer und ökologischer Sicht eine Katastrophe. Anstatt erfahrene und engagierte Lokführer, Rangierer, Wagenmeister und Handwerker auf die Straße zu setzen, sollte ihr Sachverstand genutzt werden, um die vorhandenen Loks und Waggons auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und die Güterbahn wieder systematisch im Nah- und Regionalbereich zu verankern, fordert der Gewerkschafter. Bahn von unten kritisiert, dass die britische Güterbahn und DB-Schenker-Tochter EWS seit Monaten einen Kahlschlag bei Infrastruktur und Arbeitsplätzen anrichte und dabei auch elementare Mitbestimmungsrechte der Gewerkschaften missachte.

„Wir finanzieren nicht die Börsenfähigkeit der DB AG! Wir verzichten nicht“, heißt es in einer Resolution, die von den Mitgliedern der Tarifkommissionen und des TRANSNET-Hauptvorstandes im Bezirk Nord-Ost kürzlich beschlossen wurde. Das Papier fordert den TRANSNET-Hauptvorstand auf, sich endlich klar und unmissverständlich gegen den von Bahnchef Rüdiger Grube anvisierten Börsengang zu positionieren.

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