Kategorie: Kapital und Arbeit |
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Hessischer Lehrerstreik wirkt nach: Schwarze Listen über Lehrer sorgen für Unruhe |
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Für Unruhe unter hessischen Lehrer und Oppositionspolitikern haben aktuelle Meldungen der Frankfurter Rundschau vom Wochenende gesorgt. Demnach führt die Hessische Kultusministerium "Schwarze Listen" mit einer Rubrik "problematische Lehrer". Diese Listen seien bei einer möglichen Einstellung bzw. Nichteinstellung von Bewerbern entscheidend, so das Blatt. | |||
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Der hessische Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Jochen Nagel, geht davon aus, dass diese Meldungen trotz eines formalen Dementis von Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) am Freitag durchaus fundiert sind. Denn mit ihrer Aussage, es gebe beim Zentralen Personalmanagement in Darmstadt eine Liste mit Lehrern, die aus fachlichen Gründen entlassen oder nicht zum Schuldienst zugelassen worden seien, habe die Ministerin im Grunde die Existenz solcher Listen zugegeben. Ein solches Vorgehen widerspreche der Rechtsstaatlichkeit, zumal die Personalräte darüber nicht informiert worden seien, so Nagel. Es sei absolut unklar, wer mit welcher Begründung auf die Liste komme. Für einen optimalen Unterricht seien keine schwarzen Listen, sondern bessere Arbeitsbedingungen erforderlich. Der Gewerkschafter forderte die Ministerin auf, alte Listen unverzüglich vernichten zu lassen und den zuständigen Hauptpersonalrat einzubeziehen. Außerdem müssten bei einem solchen Skandal "die Datenschützer sofort auf der Matte stehen". Nagel, der sich am Samstag auf dem Landesparteitag der hessischen Linkspartei zu Wort meldete und dort uneingeschränkte Unterstützung für seine Anliegen erfuhr, zeigte sich höchst zufrieden mit dem Echo auf den Aufruf seiner Gewerkschaft zum landesweiten Lehrerstreik am vergangenen Dienstag für bessere Arbeitsbedingungen an den Schulen. Damit habe die GEW nicht nur in Stadtstaaten wie Hamburg und Bremen, sondern zum wiederholten Male auch im Flächenland Hessen ihre Kampffähigkeit unter Beweis gestellt und ein verständnisvolles, optimales Echo selbst in konservativen Medien erfahren. Die Medien hätten die Streikforderungen der GEW als ernsthafte Anliegen identifiziert; "Negativkommentare" etwa gegen ein Streikrecht für Beamte seien weitgehend ausgeblieben. Ministerin Henzler und die CDU-FDP-Koalition in Wiesbaden hätten den starken Zuspruch von über 5000 Streikenden offenbar "nicht erwartet", so Nagel: "Getroffene Hunde bellen", kommentierte er die heftige Kritik des hessischen FDP-Fraktionschefs Florian Rentsch am Streik. Henzler hatte den am Streik Beteiligten Einkommenseinbußen für nicht geleistete Stunden und einem Disziplinareintrag in ihrer Akte angedroht. Nach Nagels Angaben hat der hessische GEW-Landesverband allein in den ersten beiden Tagen nach dem Streik bereits 250 neue Mitglieder aufgenommen - mit steigender Tendenz. "Kein Gesetz sagt, dass Beamte nicht streiken dürfen", unterstrich Nagel seinen Standpunkt zum Beamtenstreik und erinnerte daran, dass sich die Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert in harten Kämpfen ihre Rechte "mühsam erkämpfen musste". „Geheime Listen öffnen Willkür Tür und Tor. Es ist für die Betroffenen nicht transparent, nach welchen Kriterien sie beurteilt werden“, kritisierte Janine Wissler von der hessischen Linksfraktion. Dies berge „die Gefahr, dass Lehrerinnen und Lehrer wegen gewerkschaftlicher oder politischer Aktivitäten oder aufgrund kritischer Äußerungen aussortiert werden.“ Die Linksfraktion verlangt, dass Henzler im zuständigen Landtagsausschuss zu diesen ungeheuren Vorgängen Stellung nimmt. Erstveröffentlichung im Neuen Deutschland am 23.11.09. |