Kategorie: Kapital und Arbeit

Telekom-Beschäftigte warnen vor existenzbedrohenden Umstrukturierungsplänen

In diesen Wochen gehen tausende Telekom-Beschäftigte gegen existenzbedrohende Umstrukturierungspläne auf die Straße. Mit ihnen empören sich auch Parlamentarier über die „kaltschnäuzigen“ Pläne des Telekom-Vorstands – und über ihre eigene Politik. Seit Jahren schlagen sich Beschäftigte von Telekom-Töchtern mit Neu- und Umorganisationen, Lohndrückerei, Ausgliederungen, Auflösung und Ausverkauf ganzer Unternehmensteile herum.



Der Konzern betreibt eine systematische Aussonderung Älterer und will diese durch billigere Kräfte ersetzen. All dies ist Folge der Telekom-Privatisierung und des Strebens nach maximaler Aktionärsrendite.

Auslöser der aktuellen Protestwelle ist nach ver.di-Angaben die Absicht der Konzernspitze, in den Bereichen Geschäftskundenservice, Vertrieb und IT bis 2012 die allermeisten der gegenwärtig 209 Standorte zu schließen. Zwar könnten die über 5000 Betroffenen nach Telekom-Angaben auch an den neuen Standorten weiter arbeiten. Sehr viele müssten jedoch den Wohnort wechseln oder aber stundenlange tägliche Anfahrtswege in Kauf nehmen, prophezeien die Gewerkschafter. „Offensichtlich rechnen die Verantwortlichen damit, dass eben nicht alle einen Standortwechsel mitmachen können. Wenn nicht, ist das eben deren Schuld oder persönliches Schicksal“, bringt es eine Resolution betroffener Wiesbadener ver.di-Mitglieder sarkastisch zum Ausdruck. Von „Personalabbau durch die Hintertür“ sprach bei einer Protestkundgebung in Aachen ver.di-Sekretär Martin Hanz. "Heute wir - morgen ihr", lautete die Aufschrift auf einem Pappschild bei einer Demo im sächsischen Zwickau, wo sich auch Telekom-Beschäftigte aus anderen Telekom-Konzernbereichen solidarisierten. „Aus den Leitlinien der Telekom werden Leidlinien“, sagte ver.di-Mann Kurt Hau in Saarbrücken. Die Telekom müsse das Standortkonzept zurückziehen und den Dialog wieder aufnehmen, forderte in Gießen ver.di-Sekretär Thomas Müller.

Die Gewerkschafter mahnen, dass sich „kurzfristiges Kostendenken“ negativ auf Kundenkontakte, Kundenbindungen, Kundennähe, Sachverstand vor Ort sowie IT-Qualität und -Sicherheit auswirken werde und in die „betriebswirtschaftliche Sackgasse“ führe. Das Standortkonzept sei „schöngerechnet“. Mit dem absehbaren Ausscheiden erleide das Unternehmen auch massive „Know-How-Verluste“. Doch damit stoßen sie beim Telekom-Vorstand auf taube Ohren. Offenbar sollen die Ausscheidenden durch billigere und gefügige Arbeitskräfte ersetzt werden, um die Renditen zu erhöhen.

Wenn nun Sozialdemokraten den Telekom-Vorstand kritisieren, dann weiß in der SPD die Linke nicht was die Rechte tut. 1994 stellte der Bundestag gegen die Stimmen der PDS/Linke Liste und einer Minderheit in der SPD die Weichen für die Zerschlagung und Privatisierung der Bundespost mit ihren Sparten gelbe Post, Telekom und Postbank. Ohne die SPD hätte Schwarz-Gelb 1994 keine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung und den späteren Börsengang gehabt. Einer, der damals in der SPD die Privatisierung einfädelte, sitzt heute im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom: Hans-Martin Bury, Ex-Staatsminister unter Kanzler Schröder und danach bis 2008 Vorstand der Pleitebank Lehman Brothers. Neben Bury vertritt mit Jörg Asmussen ein weiterer SPD-Mann die Anteilseigner im Aufsichtsrat. Er blieb auch nach dem Wechsel von Peer Steinbrück (SPD) zu Wolfgang Schäuble (CDU) Finanz-Staatssekretär in Berlin. Als Aufsichtsratsmitglieder ist Bury und Asmussen ein kleines „Zubrot“ von mindestens 20.000 Euro im Jahr sicher,

2006 übernahm Blackstone auf Veranlassung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück von der bundeseigenen KfW-Bank 4,5 Prozent der „T-Aktien“. Die Gesellschaft, im Jargon von Ex-SPD-Chef Franz Müntefering eine „Heuschrecke“, wurde damit zum zweitgrößten Einzelaktionär der Deutschen Telekom. Größter Aktionär ist allerdings nach wie vor der Bund. Er hält zusammen mit der KfW noch 31,7 Prozent der T-Aktien. So könnte die Bundesregierung ihre Sperrminorität geltend machen. Es würde ausreichen, dass sich die Sozialdemokraten Asmussen und Bury im Telekom-Aufsichtsrat auf die Seite der Arbeitnehmervertreter schlagen und den Konzernvorstand in die Schranken weisen. Doch das ist nicht gewollt.

Die Privatisierung war ein Irrweg. Sie kann und muss wieder rückgängig gemacht werden.

Der Bund darf keine weitere T-Aktie mehr verkaufen und muss die unsoziale Politik des Managements stoppen. Die in Privatbesitz befindlichen Aktien müssen wieder in Bundesbesitz überführt werden. Volle Entschädigung sollte es grundsätzlich nur für Kleinaktionäre geben.

Alle Menschen haben ein Grundrecht auf Zugang zu moderner und erschwinglicher Telekommunikation. Darum muss die Telekom vor den Renditeinteressen privater Anleger und „Heuschrecken“-Investoren geschützt werden und wieder im Interesse der breiten Bevölkerungsmehrheit und der Beschäftigten geführt werden. Bei einer gesellschaftlich verwalteten Telekom unter Kontrolle ihrer Beschäftigten könnte demokratisch und transparent über die Verwendung der Überschüsse entschieden werden.

Anstatt die Taschen von Großaktionären zu füllen, könnten erzielte Überschüsse wieder investiert werden oder den Beschäftigten in Form von höheren Einkommen oder geringeren Arbeitszeiten und den Kunden über niedrige Gebühren und Sozialtarife zu Gute kommen. Für die Beschäftigten wäre die frühere Existenzsicherheit wieder hergestellt. Für die Kunden brächte dies statt nervenaufreibender und zeitraubender Jagd nach Schnäppchen die Sicherheit eines guten Service mit erschwinglichen Tarifen.

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