Die Lektüre von Truman Capotes’ Frühstück bei Tiffany veranlasste Leonardo Padura, Schriftsteller zu werden. Nach Beendigung seines Studiums der Lateinamerikanistik 1980 in Havanna arbeitete Padura, für den der Journalismus „ein Laster“ ist, zunächst für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, bevor er sich ganz dem literarischen Schreiben widmete.
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In diese Zeit fiel auch die Veröffentlichung seines ersten Romans Fibre de Caballos (1988). Es folgten literaturwissenschaftliche Abhandlungen, Essays, Erzählungen und weitere Romane. Für seine Kriminalgeschichten erhielt er zweimal den spanischen Premio Hamett. Obwohl Padura sich selbst nicht als Krimiautor bezeichnet, zählt er dennoch neben Daniel Chavarría zu den meistgelesenen Schriftstellern dieses Genres in Lateinamerika. Leonardo Padura lebt in Havanna.
Rafael Morín, ein hoher Kader im Ministerium für Außenhandel, verschwindet spurlos am Neujahrstag 1989. Für Teniente Mario Conde, den „besten Mann“ der Mordkommission, ist dies in jeder Hinsicht eine schlechte Nachricht: Noch schwer verkatert von einer Geburtstagsfeier wird Conde nicht nur um sein freies Wochenende gebracht, sondern zudem mit der Suche nach einer Person beauftragt, die er seit der gemeinsamen Schulzeit aus seinem Gedächtnis gestrichen geglaubt hatte. Morín war schon damals ein Musterknabe, Musterschüler und vorbildlicher Genosse „mit Colgate-Lächeln“, einer, dem alles gelang und der alles bekam – auch Tamara, die große Liebe Mario Condes. Moríns Aufstieg vom Schülersprecher zum hohen Funktionär, war vorprogrammiert. Im Zuge seiner Recherchen entfaltet sich vor dem Teniente das Bild eines Mannes mit scheinbar absolut makellosem Werdegang - sowohl geschäftlich als auch privat: kompetent, integer, pflichtbewusst. Entsprechend drohen die Ermittlungen im Sande zu verlaufen, wären da nicht eine Anzahl von Indizien, die peu á peu seine weiße Weste beschmutzen...
Mit dem Teniente Mario Conde betritt nach Brahim Llob und Fabio Montale ein weiterer Idealist und Melancholiker die Krimi-Bühne im Unionsverlag. Nach Algier bzw. Marseille wird nun Havanna Abbild nationaler Befindlichkeiten und tiefer sozialer Abgründe. Padura siedelt seine Geschichte zu Beginn des Jahres 1989 an, entsprechend sind zukünftige Probleme des Insel-Staates, wie zum Beispiel der Zusammenbruch der Sowjetunion und die damit verbundenen Verlockungen des Kapitalismus, in die Handlung eingewoben.
Der Autor zeichnet diese Vorausschau in dezenten, fast traurigen Bildern, seine Liebe zu Kuba ist offenkundig und dabei kein einziges Mal kitschig. Gerade dieser Tenor von Ein perfektes Leben bildet die Haltung einer neuen Generation kubanischer Kriminalautoren ab, die nicht mehr in der im Wesentlichen vom kalten Krieg geprägten Tradition der „novela policial cubana revolucionaria“ stehen, sondern sich kritisch mit den zunehmenden Widersprüchen ihrer Heimat auseinandersetzt. Letzteres ohne den Kapitalismus als ideologisches Allheilmittel zwischen den Zeilen gleich mitzuliefern.
Ein perfektes Leben (Pasado perfecto) ist das erste Werk Paduras, das ins Deutsche übertragen wurde. Es bildet gleichzeitig den Auftakt des Romanzyklus’ Das Havanna-Quartett. Der Roman erschien 2003 in der von Thomas Wörtche herausgegebenen Krimireihe metro beim Unionsverlag/Zürich, 2004 folgte mit Handel der Gefühle der zweite Teil des Quartetts; Preis: 18,90 pro Band.
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