Der Film zeigt die langjährigen Freunde Jan und Peter sowie Peters Freundin Jule, die in Villen einbrechen und Möbel verrücken. Dabei werden sie einmal von einem Alt-68er-jetzt-hyper-Kapitalisten überrascht. Kurzerhand kidnappen und entführen ihn auf eine Alm, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll.
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Der Entführte tut auf Kumpel, entspannt die Situation und wird freigelassen. Die drei „Globalisierungsgegner“ flüchten dann, um ihren kreativen Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung auf einer Yacht im Mittelmeer fortzusetzen. Wie kommt’s?
Jan und Peter sind gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Darum spionieren sie reiche Leute aus, um ihnen dann durch innenarchitektonische Veränderungen und hinterlassene Nachrichten, wie „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder (besonders anregend) „Sie haben zu viel Geld“, Furcht einzuflößen. Dass ihre Aktionen irgendwas bewirken, glauben sie selbst nicht, aber Spaß macht’s halt trotzdem und in ihren jugendlich rebellischen Augen lässt ihre Aktivität eine revolutionäre Moral hochleben. Solch lustige, rebellische Aktionen hat’s in der Geschichte schon mal gegeben. Die ersten „aus dem Bauch heraus“-Anarchisten in Russland haben einst ihre Kleider verschmissen, und das Tragen von Kartoffelsäcken war total trendy in diesen Kreisen. Neben der Tatsache, dass ihr Protest originell und fruchtlos zugleich ist, tritt noch eine Gemeinsamkeit zutage: die soziale Herkunft. Sowohl diese frühen Anarchisten als auch der Filmvater entstammen dem bürgerlichen Lager. Und hier klären sich auch schon einige drängende Fragen. Sind Jan und Peter arbeitslos, dass sie sich die Nächte mit solchen Aktionen um die Ohren schlagen können? Wovon bezahlen sie ihre technische Ausrüstung (Microsoft wird sie wohl kaum sponsern), wenn sie nichts mitgehen lassen? Hat Jules Onkel mit der Almhütte etwas damit zu tun, dass sie trotz ihrer Schulden die Kaution für ihre Mietwohnung nicht zurückhaben will?
Jan wirft Jule einmal vor: Wie kannst du nur auf Anti-Globalisierungsdemos gehen und dich gleichzeitig von so einem Arsch (gemeint ist der Chef an Jules Arbeitsplatz) ausbeuten lassen?! Ist Jan über ein geheimes Land informiert, von dem wir nichts wissen und in dem wir alle diesem Widerspruch entgehen können? Oder ist dieses Land eher spiritueller Natur und kann in der eigenen Aura gefunden werden? Muss man dazu einen Alt-68er-Kapitalisten auf eine Alm bringen oder reicht schon ein Neureicher aus Russland aus, um in das geheime Land eintreten zu dürfen?
Jule erklärt dem entführten Kapitalisten auf dem Weg zur Alm woher sein Profit kommt. Nämlich von der Unterdrückung der „Dritten Welt“. Er rechtfertigt sich mit dem Faktum, dass er hart (14-16 Stunden/Tag) für seinen Wohlstand arbeitet. Konter: „Auch in Südostasien gibt es Menschen, die 16 und mehr Stunden am Tag arbeiten und nicht genug zum Leben haben.“ Hat Jule keine Freundinnen mit Kindern? Warum kommt sie sonst nicht auf den Gedanken, dass selbst im ehemaligen Wirtschaftswunderland Frauen oft mehrere Jobs neben dem Nachwuchs geregelt kriegen müssen? Haben die 3 noch nie von den Lebens- und Arbeitsbedingungen von ImmigrantInnen innerhalb Deutschlands gehört? Das ist unmöglich…. es sei denn: Könnte es vielleicht sein, dass sie das geheime Land, in dem der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital aufgehoben ist, nicht nur kennen, sondern es schon immer bewohnten und gar noch nie verlassen haben?
Nach ihrem Ausflug in die Tiroler Alpen haben die 3 sehr schön erkannt, dass man sich auf Hardenbergs Gerede nicht allzu sehr verlassen sollte und in kluger Voraussicht die Wohnung geräumt. Hardenberg schickt ihnen ein Polizeisonderkommando in die nunmehr leere Wohnung. Dies ist in der gesamten Filmhandlung einzigartig. Die revolutionäre Jugend handelt weitsichtig. Nun hat sie im vorangegangenen Teil bewiesen, dass diese Eigenschaft nicht so ganz zu ihren herausragendsten Talenten gehört. Woher diese Eingebung? Hat Jules Bauch weibliche Intuitionen gesendet? Wurde Hardenberg von Jan und Peter ein Chip ins Gehirn gepflanzt, der sie Hardenbergs Gedanken lesen lässt? Oder kennt man die Seinigen halt doch am besten?
Nachdem nun jede Minute dieses Films deutlich macht, dass es sich um ein kreatives, individuelles und trotzdem bürgerliches Projekt handelt, kann man beruhigt aufatmen. Die Bezeichnung „Generationenportrait“ ist auf diesen Film sicher nicht anzuwenden. Die meisten Jugendlichen müssen, um sich durchs Leben zu schlagen sehr rational vorgehen und können sich die „gängige“ Moral höchstens zu Weihnachten leisten. „Dem Himmel sei Dank!“ ist man versucht zu sagen angesichts der moralischen Auswüchse, die die produzieren, die sich Moral leisten können.
Redaktion Der Funke
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