Kategorie: Kultur |
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Buchbesprechung: "No Logo" von Naomi Klein |
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Naomi Kleins Buch "No Logo" verbindet den Kampf der Markenkonzerne um unsere Konsumentenköpfe mit der Ausbeutung in den Produktionszonen im Süden und der Deregulierung der Arbeit in den Industriestaaten. |
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Nike, Apple, Calvin Klein, Disney, Levis etc. - für Naomi Klein stehen diese Konzerne seit den 90er Jahren für ein radikalisiertes Unternehmenskonzept: Während Marketing und Werbung mit ihren bekannten psychologischen Effekten schon immer versuchten, Produkten einen emotionalen Inhalt anzuhängen, lautet der Kampfschrei der genannten "superbrands": "Marken, nicht Produkte". Logo und Marke avancieren zum alleinigen Geschäftsgegenstand der Konzerne, die sich selbst nur noch als Produzenten von transzendentalen coolness-, wellness- und hipness-Erfahrungen sehen. Diese Konzerne sind Marken bis ins Mark. Dabei werden astrale Summen für Werbung und Imagepflege ausgeben (Walt Disney 1997: 1,25 Milliarden $), die sich immer weniger auf herkömmliche Reklame beschränken. Sponsoring ist das Zauberwort und besetzt nicht nur Musik, Sport, Kulturveranstaltungen und jede noch so kleine Nische im öffentlichen Raum, sondern auch Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Die Aggressivität dieses Mechanismus nimmt dabei schnell groteske Züge an: so wurde 1998 in den USA ein Schüler an einer Schule vom Unterricht ausgeschlossen. Sein Frevel: er trug ein T-Shirt von "Pepsi". Sein Pech: die Schule hielt gerade ihren "Coca Cola"-Tag ab. Die durch diese teure Kolonisierung unserer Köpfe belasteten Kriegskassen der Konzerne werden dort gefüllt, wo sich für Naomi Klein die "Besenkammer" der glitzernden Logo-Welt befindet. Besenkammer Sweatshops, Maquiladoras, Sonderwirtschaftszonen. Der Namen gibt es viele für jene quasi-militärisch geschützten Produktionszonen in der "Dritten Welt", wo meist Frauen unter extremen Ausbeutungsbedingungen und für Hungerlöhne Schuhe, Kleidungsstücke usw. für die Markenkonzerne produzieren. In den ungefähr 1000 dieser Zonen, die es in 70 Ländern gibt, werden dabei oft in ein und derselben Fabrik Schuhe für konkurrierende Markenkonzerne zusammengenäht. In den industrialisierten Ländern lagert man Arbeitsplätze genauso systematisch aus - bis auf eine kleine Stammbelegschaft müssen sich die MitarbeiterInnen mit "joke-jobs" begnügen. No Logo - No Capitalism Was heute als Antiglobalisierungsbewegung im Rahmen der Proteste von Seattle bis Prag das Unbehagen vieler Menschen mit den Mechanismen einer kapitalistischen Weltwirtschaft zum Ausdruck bringt, bekommt in Naomi Kleins Buch eine historische "Spur". So begann sich der Protest gegen Marken und Logos in den USA früh auf symbolischer Ebene zu konstituieren: sogenannte "adbusters" fingen an, öffentliche Reklamen zu zerstören oder ihren Inhalt zu manipulieren. Andere AktivistInnen wiederum konzentrieren sich darauf, die Arbeitsbedingungen von Konzernlieferanten in der "Dritten Welt" aufzudecken. Bewegungen wie "Reclaim the streets" versuchen den von den Konzernen besetzten öffentlichen Raum zurückzuerobern und logofrei zu machen. Logos und Werbung der Konzerne ironisch umzudeuten, den Marketingspeer also umzudrehen, ist dabei eines der beliebtesten Mittel. Doch dieser Widerstand auf der Ebene des Konsums und der Symbolik hat seine Tücken: Widerstand und Kritik werden - wenn die trend-scouts es für richtig halten - selbst zur Marke: Die neue Werbekampagne von Diesel verarscht rassistische Vorurteile über Afrika, "Image is nothing" dachte sich vor nicht allzu langer Zeit Sprite, und der Bertelsmann-Konzern, der Naomi Kleins Buch zu einem Bestseller machen will, heftet sich "No Logo" auf seine Brust. Am Ende ist es wieder die Ebene der Produktion, die zum Kern der Auseinandersetzung werden muß. Nicht zuletzt darum hat sich in den USA die Kritik an Logos und Werbung zum "anti corporate movement" - also eine Bewegung gegen die Konzerne - weiterentwickelt. |