Während das absolute Versagen des kapitalistischen Systems offen zur Schau tritt, setzen viele linke Organisationen ihre politische Arbeit aus. In den Vordergrund tritt stattdessen Wohltätigkeitsarbeit. So kommt es während der Corona-Pandemie häufiger dazu, dass die Hauptaufgaben z.B. kommunaler DIE LINKE oder Linksjugend Gruppen nur noch Aktionen wie die Einkaufshilfe für Ältere darstellen. Gerade kleine Gruppen führt die gewissenhafte Durchführung natürlich an ihre organisatorischen Grenzen. Vor allem, weil der Bedarf, auf Grund des überkommenen Kapitalismus und seines unzureichenden Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereichs, schier unendlich ist. Ihnen bleibt keine Zeit mehr für wirkliche politische Agitation, für das Aufdecken der Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Krise. Es werden Möglichkeiten verschenkt, den Arbeitern anhand der Krise die Notwendigkeit einer revolutionären Umwälzung begreiflich zu machen, ihnen wird der eigentliche Lösungsweg zur Lösung der Krise und ihrer damit verbundenen Probleme nicht gezeigt.
Persönliche Unterstützung für Mitmenschen im eigenen Umfeld ist zu jeder Zeit eine Selbstverständlichkeit. Solidarität muss im Kampf gegen diese Zustände bestehen und nicht als Aushilfe des bürgerlichen Staates. Wir wollen der Arbeiterklasse als Ganzes und nicht nur einzelnen individuell Menschen helfen. Wir wollen dazu beitragen, dass die Arbeiterklasse Selbstbewusstsein entwickelt und ihr Schicksal in die eigene Hand nimmt.
Eine oft geäußerte Floskel ist, dass alle Menschen in diesen Zeiten zusammenhalten müssen. Doch die Kapitalisten und ihr Staat verheizen regelrecht die Lohnabhängigen in Krisen und nach danach. Sie selbst aber landen z.B. nur bei den besten Ärzten. Die Arbeiter hingegen verlieren ihre Jobs, bekommen weniger Lohn und müssen nach der Krise die Schulden des Staates durch Austerität zurückzahlen. Gerade in Zeiten der Krise wird der Klassengegensatz am deutlichsten. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, dies zu vertuschen, sondern es im Gegenteil offenzulegen.
Auch das Argument Wählerstimmen dadurch zu bekommen ist falsch: Wir brauchen Wähler, die hinter unserem Programm stehen und nicht solche, die über unpolitische Aktionen geködert werden und bei der nächsten Gelegenheit aufgrund der Austauschbarkeit der Parteien wieder wechseln. Denn die gesamte derzeit geleistete Arbeit findet in ähnlicher Manier bei allen bürgerlichen Parteien von NPD bis Grüne genauso statt: alle versuchen durch solche Wohltätigkeitsaktionen auf Stimmenfang zu gehen. Für eine bürgerliche Partei ist dies evtl. sinnvoll: Reiche Parteimitglieder können einen starken derartigen Wahlkampf finanzieren und die Arbeiterparteien um Längen übertrumpfen. Man kämpft auf einem Feld, auf dem man leicht zu besiegen ist. Deshalb bleibt bei der politischen Arbeit, zeigt auf, wie überkommen der Kapitalismus ist, entlarvt den bürgerlichen Staat und die Kapitalisten! Dies ist unser Feld, auf dem wir kämpfen müssen und auf dem wir gewinnen können.
Weder der Kapitalismus noch Wohltätigkeit können also die Krise lösen. Was ist also die Lösung?
Bei allem was die Kapitalisten in Bezug auf die Krise tun, haben sie allein ihre Profitinteressen im Auge, nie die Gesundheit der Arbeiter. Die Arbeiterklasse muss die Krise selber und mit ihren eigenen Mitteln lösen, wenn sie in ihrem Interesse gelöst werden soll. Wir schlagen vor, dass in den Stadtvierteln Komitees gewählt werden, die das Notfallmanagement überwachen. Diese sollten die Verteilung von Lebensmitteln und ggf. auch Einkäufe organisieren. Sie sollten sich die Befugnis nehmen, Preise zu kontrollieren und Spekulationen unterbinden. Dafür sollten geschlossene gastronomische Betriebe, die aktuell massenweise Arbeiter entlassen oder auf Kurzarbeit schicken, unter die Kontrolle solcher Komitees gestellt werden. Das würde die Arbeitsplätze der Beschäftigten sichern und die Betriebe in den Dienst der Gesellschaft stellen. Damit die Nachbarschaftsgruppen wirksam werden können, sollten sie die nötigen Transportmittel, Sicherheitsausrüstung und Schulungen im Umgang mit Hochrisikogruppen organisieren. Dafür sind Solidaritätsaktionen mit dem Beschäftigen in der Logistik, in der Produktion von Schutzmaterial und den Kliniken nötig.
Des Weiteren könnten Nachbarschaftskomitees den Wohnungsmarkt überwachen und eingreifen, indem sie Zwangsräumungen, Mieterhöhungen und Mietschulden verhindern.
Wie schaffen wir das?
Solche Maßnahmen wären ein direkter Angriff auf das „heilige Privateigentum“ der Kapitalisten. Doch sollte sich die derzeitige Führung der Arbeitermassenorganisationen weigern, entsprechende Kämpfe zu organisieren, so müssen wir von unten eine neue kämpferische Führung aufbauen. Deren Hauptaufgabe liegt aber nicht im Verteilen von Masken oder Wohltätigkeitsaktionen, sondern in der politischen Überzeugungsarbeit, theoretischen Bildung und dem Anstoßen kollektiver Aktivität von unten. Als Sozialisten müssen wir in Gewerkschaften, Betrieben und Nachbarschaftsinitiativen für ein sozialistisches Programm streiten. Nur so können wir der Arbeiterklasse helfen, sich selbst zu befreien.
(aus: der funke Nr. 122)
|