In Thüringen schafften die beiden „roten", aus der Arbeiterbewegung stammenden Parteien DIE LINKE und SPD zusammen sogar eine knappe absolute Mehrheit der Sitze im Landtag (45 von 88). Das hat es dort im Grunde seit Anfang der 1920er Jahre nicht mehr gegeben, als die KPD eine linke SPD-Regierung tolerierte und zeitweilig in der Regierung selbst vertreten war.
Auch im Saarland schnitten SPD und LINKE zusammen besser ab als CDU und FDP, bleiben allerdings knapp unter der absoluten Mehrheit der Sitze. Hervorstechendes Ergebnis im kleinsten und westlichsten Flächenland: Hier kam DIE LINKE erstmals mit einem satten zweistelligen Ergebnis in einen westdeutschen Landtag und strafte damit die vielen bürgerlichen Kommentatoren Lügen, die ihr nur ein mageres Ergebnis um die 12 Prozent zugetraut hatten. Wer hätte noch vor wenigen Monaten gedacht, dass DIE LINKE an der Saar mit 21,3% besser abschneidet als in Sachsen (20,6%)? Damit hat sie auch noch das (für ein westliches Bundesland spektakuläre) Ergebnis von 18,5% bei der letzten Bundestagswahl im Saarland deutlich getoppt.
Mobilisierung und Wechselstimmung
In den letzten Jahren hat das Interesse an Wahlen fast durchweg stetig abgenommen. Umso auffälliger ist daher die gestiegene Wahlbeteiligung in Thüringen (+2,4%) und vor allem im Saarland (+12,1%). In beiden Ländern hatte sich eine Wechselstimmung breit gemacht und gelang es offensichtlich, auch bisherige Nichtwähler zu mobilisieren. Soziale Fragen spielten dabei eine entscheidende Rolle. Viele, die vielleicht früher einmal die SPD gewählt hatten und dann gar nicht mehr zur Wahl gegangen waren, spürten, dass sich wieder etwas bewegt und wollten dabei sein. So wurde DIE LINKE stark überdurchschnittlich von Erwerbslosen (33% in Thüringen, 46% im Saarland) und Arbeitern (29% in Thüringen, 34% im Saarland) gewählt. Vor diesem Hintergrund gelang es in beiden Ländern auch, die NPD aus dem Landtag herauszuhalten. Die Neonazis verloren im Saarland über die Hälfte ihrer Wähler und landeten bei 1,5%; sie scheiterten auch in Thüringen mit 4,3% an der 5-Prozent-Hürde. Nur in Sachsen, wo die Wechselstimmung fehlte, die Wahlbeteiligung um 7,4% abrutschte und DIE LINKE verlor, schaffte die NPD trotz massiver Verluste mit 5,6 Prozent den Wiedereinzug in das Parlament.
Nach dem Stand der Dinge dürfte die Thüringer SPD zu einer Koalition mit der CDU neigen, weil sie partout keinen Ministerpräsidenten der LINKEN will. Das würde ihr nicht gut tun. Hingegen möchte die Saar-SPD offenbar mit der LINKEN kooperieren. Das letzte Wort dürften hier aber die saarländischen Grünen sprechen. Ob sich diese am Ende nicht doch auf die Seite von CDU und FDP schlagen, bleibt abzuwarten. Anders als die SPD können sich die Grünen allerdings nicht auf eine breite Arbeiterbasis stützen. Sie sind die Partei der Besserverdienenden geworden und haben sich seit den 1990er Jahren zu einer bestenfalls linksliberalen Kriegs- und Sozialabbaupartei gewandelt. Ihr Druck auf die LINKE könnte zu gefährlichen Zugeständnissen führen. So hat sich DIE LINKE an der Saar gegen ein Ende des Steinkohlebergbaus ausgesprochen und damit bei den Bergleuten gepunktet. Grüne, CDU und FDP hingegen fordern ein komplettes „Aus“ für die Kohle.
Wieder hat sich gezeigt: auf DIE LINKE konzentrieren sich viele Hoffnungen vor allem von Arbeitern und Erwerbslosen auf eine grundlegende Verbesserung der Lebensumstände und eine klare Alternative zur Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der. Diese Hoffnungen dürfen nicht durch faule Kompromisse in einem eventuellen Koalitionsvertrag zunichte gemacht werden. Eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse, Privatisierungen oder Kürzungen im Sozial-, Bildungs- und Umweltbereich als Opfer auf dem Altar einer Koalition darf es mit der LINKEN nicht geben.
Wir wollen das Land grundlegend verändern und brauchen dafür eine Mehrheit insbesondere auch der heutigen und der ehemaligen SPD-Wähler und -Anhänger. In Thüringen, an der Saar und bundesweit kann und muss eine gestärkte LINKE jetzt der noch vorhandenen SPD-Arbeiterbasis die Zusammenarbeit anbieten und damit die SPD-Spitze zwingen, Farbe zu bekennen. Der Wille zur Einheit ist an der Arbeiterbasis von LINKEN und SPD durchaus vorhanden.
Was nun?
In Thüringen ist DIE LINKE mit 27,4 Prozent gegenüber 18,5 Prozent für die SPD in einer strategisch günstigen Position. Sie sollte jetzt fest bleiben und sich nicht auf personelle Scheindebatten und den Druck der SPD-Spitze einlassen. Sie sollte die SPD zur gemeinsamen Abwahl des CDU-Ministerpräsidenten Althaus auffordern. LINKEN-Spitzenkandidat Bodo Ramelow sollte auf jeden Fall im neuen Landtag als Ministerpräsidentenkandidat antreten und an die arbeitende und erwerbslose Bevölkerung, Rentner und Jugend appellieren, ihm bei einer konsequenten Interessenvertretung den Rücken zu stärken.
Eines muss uns klar sein: Angesichts der tiefen Wirtschaftskrise wird schon allein der finanzielle Druck in Bund, Ländern und Gemeinden in den kommenden Jahren stark zunehmen. Eine konsequent linke Regierung in einem Bundesland wird rasch in Konflikt mit der Zentralgewalt im Bund kommen. Gibt sie den vermeintlichen „Sachzwängen“ und dem Druck des Kapitals nach, so handelt sie sich damit unweigerlich künftige Niederlagen ein. Dies zeigt auch der Niedergang der italienischen Kommunisten nach mehrfacher Regierungsbeteiligung. DIE LINKE muss fest bleiben und sich jetzt als politische Alternative stärken, die den Kapitalismus nicht nur stärker besteuern, sondern abschaffen will. Wann wenn nicht jetzt?
|