Kategorie: Ökologie

Energiekonzerne enteignen!

Am Samstag haben unter dem Motto „Atomkraft – Schluss!“ rund 160.000 Menschen in ganz Deutschland für die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke demonstriert. Zu den Demonstrationen in 21 Städten hatte ein Bündnis aus Anti-Atominitiativen und Umweltgruppen aufgerufen. Auch der Funke war in mehreren Städten mit Infoständen vertreten. Der bundesweite Protest zeigt deutlich, dass der Großteil der Bevölkerung die Atomenergie strikt ablehnt. Die Proteste waren aber erst der Anfang. Der Druck muss weiter verstärkt werden. Ab 11. Juni werden AKWs blockiert. In mehr als 400 Städten gibt es jeden Montag Mahnwachen.
Im Thüringer Wald gibt es Widerstand von Bürgerinitiativen gegen den Bau von Mega-Hochspannungsfreileitungen, deren Bau die großen Stromkonzerne forcieren. Sind das die Zukunftsprojekte der Energiewende?



In der Auseinandersetzung um den Bau von Mega-Hochspannungsfreileitungen quer durch das Land geben sich die großen Stromkonzerne jetzt als besonders umweltfreundlich aus. „Ohne neue Leitungen von den Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee nach Süddeutschland gibt es keine Energiewende“, so oder ähnlich lautet die gebetsmühlenartig vorgetragene Behauptung ihrer SprecherInnen und politischen LobbyistInnen.

Gegen die gigantischen Schneisen in der Landschaft mit bis zu 100 Meter hohen Masten regt sich seit 2006 der Widerstand der AnwohnerInnen. Im Thüringer Wald, wo die Konzerne Vattenfall und E.On eine 380 kV-Leitung plant, die die Ostsee mit dem AKW Grafenrheinfeld bei Schweinfurt verbinden soll, ziehen Bürgerinitiativen und KommunalpolitikerInnen weitgehend an einem Strang. Dabei beklagen sie nicht nur die offenkundige Landschaftszerstörung durch das Megaprojekt. Sie wollen sich auch nicht mit der weniger hässlicheren Variante einer Erdverkabelung zufrieden geben.
Der Behauptung von Konzernen und Landesregierung, dass es hier um den Transport von Windenergie gehe, schenken sie keinen Glauben. „Die Leitung wird nicht für die Ableitung überschüssiger Windenergie, sondern für konventionellen Strom bzw. den Profit maximierenden Stromhandel benötigt“, sagt Anette Martin, eine Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG) Achtung Hochspannung, dem Dachverband der 13 lokalen Bürgerinitiativen aus Thüringen und Bayern. Für ihren Ko-Sprecher Siegfried Kriese ist die Starkstromtrasse „Relikt einer Energiepolitik aus der Vergangenheit“, das vor Jahren konzipiert wurde, um Strom von alten und neuen Vattenfall-Kohlekraftwerken gewinnbringend in den Süden zu transportieren. Dem Konzern sei „der Zustand der Natur völlig egal“, bringt er es auf den Punkt. „Großprojekte stärken Großkonzerne“, sagt Petra Enders, Bürgermeisterin der mitten im Thüringer Wald gelegenen Stadt Großbreitenbach: „Die Energieversorgung gehört in die öffentliche Hand.“

Weil die Landesbehörden und Konzerne keine Lastflussanalayse vorlegten, um die Notwendigkeit der Trasse schlüssig nachzuweisen, wurden die Trassengegner stutzig. So brachten 33 Landkreise, Kommunen und Initiativen aus Südthüringen und Oberfranken das Geld für ein wissenschaftliches Gutachten selbst auf. Das von den Professoren Jarras (Wiesbaden) und Obermaier (Regensburg) 2007 erstellte umfangreiche Werk spricht Klartext. „Der geplante Neubau einer 380kV-Leitung ist nicht notwendig und wirtschaftlich nicht zumutbar“, so die zentrale Erkenntnis: „Weder der massive Eingriff in Natur und Landschaft noch die Kosten für die Stromkunden, die die Leitung bezahlen müssten, sind vertretbar.“ Weil Deutschland eines der engmaschigsten Stromnetze hat, müssten die vorhandenen Netzkapazitäten optimiert und modernisiert und ertüchtigt werden. Jarass und Obermair nennen hierfür moderne Technologien wie Hochtemperaturseile und Freileitungsmonitoring. Damit war für die Thüringer und oberfränkischen Aktivisten „eine Erdverkabelung als kleineres Übel kein Thema mehr“, so Petra Enders.

Der Widerstand gegen die Stromtrasse zeigt: Stromnetze, Energieerzeugung und erneuerbare Energiequellen dürfen nicht der Profitmaximierung dienen. Sie gehören in öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle.

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