Kategorie: Ökologie

Klimastreikbewegung: Nehmt den Konzernen die Welt aus der Hand!

Am 20. September haben weltweit rund vier Millionen Menschen am „globalen Klimastreik“ teilgenommen und gegen die Klimazerstörung demonstriert. In über 2600 Städten in 160 Ländern gab es Kundgebungen und Demonstrationen.


In Deutschland waren es 1,4 Millionen Menschen in 566 Städten, davon 270.000 Menschen allein in Berlin und 100.000 in Hamburg. Aber auch in Kleinstädten in allen Ecken des Landes gab es eindrucksvolle Demos mit bis zu tausend Beteiligten. Da in vielen Schulen massiver Druck ausgeübt wurde und ein Klima der Einschüchterung herrschte, war dies nur die Spitze des Eisbergs.

Klimapäckchen

Der am Vortag von der Bundesregierung einberufene Klimagipfel war eine Farce. Das beschlossene Klimapaket beinhaltet Maßnahmen, die meilenweit hinter den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen von 2015 zurück bleiben, die viel zu hohen CO2-Emissionen weiter auf hohem Niveau stagnieren lässt und selbst das schwache 2030er-Klimaziel der Bundesregierung krachend verfehlt.

Das Klimapaket der Bundesregierung beharrt auf die Lenkungsfunktion marktwirtschaftlicher Maßnahmen wie eine Besteuerung des CO2-Ausstoßes, steuerliche Förderung neuer Heizungsanlagen sowie Wärmedämmung von Häusern. Außer Wirtschaftshilfe für bestimmte Industriezweige wird der CO2-Ausstoß damit kaum begrenzt. Von einem wirksamen Ausbau alternativer Energien oder einer radikalen Verkehrswende ist nichts zu lesen. Auch die Subventionierung von Elektroautos (Zuschüsse beim Kauf, Steuerersparnis, Aufbau von Ladestationen) ist nicht die Lösung, denn diese Milliarden Euro fehlen beim Ausbau eines kostenlosen öffentlichen und schienengebundenen Verkehrssystems. Elektroautos bedeuten Blechlawinen und sind keine ökologische Alternative, sondern verursachen durch den Lithium- und Kobalt-Bergbau in Afrika oder Südamerika massive Umweltschäden. Die Bereiche Landwirtschaft (Agrarindustrie) und globaler Handel wurden erst gar nicht thematisiert. Die Bundesregierung hält weiterhin am Kohleausstiegsdatum 2038 fest, obwohl sechs der zehn klimaschädlichsten europäischen Kohlekraftwerke in Deutschland stehen. Die Kohle verursacht alleine 46 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen hauptsächlich in der Energieproduktion. Die Steuersenkung für Bahntickets verbilligt zwar ICE-Fahrscheine um rund zehn Prozent. Doch dies kommt kaum bei Bussen und Bahnen im Nahverkehr an. Hier wollen manche Verkehrsverbünde sogar noch die Tarife weiter verteuern. Abgesehen davon haben alle Bundesregierungen seit den 1990er Jahren die Bahn auf Privatisierung, Zerschlagung und gnadenlosen Konkurrenzkampf getrimmt und damit das heutige Chaos verursacht und die Eisenbahn als umweltfreundlichsten Verkehrsträger geschwächt.

Selbst die meisten bürgerlichen Wissenschaftler und Umweltexperten lehnen das Maßnahmenpaket als völlig unzureichend ab. Ohne den Ausbau einer kostengünstigen Verkehrsalternative ist die Verteuerung von Benzin und Diesel sowie Heizöl und Erdgas unsozial, da diese Maßnahmen ärmere Menschen und die arbeitende Bevölkerung besonders hart treffen. Laut Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erzeugen die einkommensstärksten 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vier- bis fünfmal so viel Emissionen wie die ärmeren 20 Prozent.

Für Klimaschutz heißt gegen Kapitalismus sein!

Am 20. September zeigte sich, dass mit Fridays for Future eine neue Generation im Kampf gegen die Klimakatastrophe auf den Plan getreten ist. Es sind aber nicht mehr nur Schülerinnen und Schüler, sondern inzwischen auch Menschen aller Altersgruppen, die massenhaft die Aktivitäten unterstützen.

Die Bundesregierung ist gewaltig unter Druck geraten und verliert weiter an Glaubwürdigkeit. Die im Klimapaket diskutierten Maßnahmen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und damit lässt sich die Bewegung nicht abspeisen: Zu spät, zu wenig und völlig ungenügend.

Die herrschende Klasse hoffte noch, dass die Bewegung im Sommer abebben würde, aber das Thema Klima- und Umweltschutz ist zum vorherrschenden Thema in der politischen Auseinandersetzung geworden. Selbst die Flüchtlingsdebatte ist zum Leidwesen der AfD in den Hintergrund gerückt. Fridays for Future wird nicht in wenigen Monaten erledigt sein. Im Gegenteil. Tagtäglich erreichen uns Meldungen über Insektensterben, abschmelzende Gletscher, steigenden Meeresspiegel, Austrocknung riesiger Regionen, Wüstenbildung, Waldsterben und die Vermüllung von Meeren und Kontinenten. All dies trifft immer mehr Menschen existenziell. Und so ist Fridays for Future zu einer der größten Jugendbewegungen auf der Welt geworden. Inzwischen gibt es über 500 Ortsgruppen in ganz Deutschland.

Die Tatenlosigkeit und die Unzulänglichkeit der Regierenden wird bei einem immer größeren Teil der Protestierenden zur Überzeugung führen, dass radikale Maßnahmen erforderlich sind, um etwas bewirken zu können. Auch die Aktionen gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) mit über 25.000 Menschen vor zwei Wochen zeigt, dass sich der Wind gedreht hat.

Die Konzerne sollen zahlen

Den Versuch der Herrschenden, die Kosten der klimapolitischen Maßnahmen etwa durch eine CO2-Steuer auf den Rücken der arbeitenden Klasse abzuladen, müssen wir scharf kritisieren und ablehnen. Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine Machtfrage. Die Kernfrage lautet: Wer regiert und kontrolliert die Welt?

Eine kleine Schicht superreicher Kapitalisten kontrolliert die Wirtschaft und Produktion. Sie haben ein Interesse daran, möglichst viel privaten Profit aus der Produktion, dem Austausch und Handel, dem Transport, dem Wohnen und letztendlich unser aller Leben zu ziehen. Solange sie am Ruder sind und uns beherrschen, solange wird der Umweltschutz nur ein „Kostenfaktor“ sein und ins Hintertreffen geraten.

Jugend und Arbeitende Hand in Hand

Der Klimastreik wurde auch in vielen Betrieben diskutiert und bei den Demonstrationen am 20. September wehten auch viele Gewerkschaftsfahnen. Schließlich ist Streik auch die traditionelle Kampfform der Arbeiterbewegung. Seitdem der scheidende ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske im August seine Teilnahme am 20. September angekündigt und die Gewerkschaftsmitglieder zur Teilnahme aufgefordert hatte, wurde in den Gewerkschaften eine neue alte Debatte über betriebliche Formen des Kampfes gegen die Klimakatastrophe und das Recht auf politischen Streik entfacht. Während die Gewerkschaftsspitzen jeden Gedanken an einen Generalstreik von sich weisen, liegt es auf der Hand, dass letzten Endes nur knallharter und kollektiver wirtschaftlicher Druck aus den Betrieben eine tatsächliche Veränderung bringen kann. Doch all dies fällt nicht vom Himmel. Wir haben uns mit konkreten Vorschlägen für Betriebsversammlungen am 20. September in die Diskussion eingebracht. Inzwischen haben sich an der Gewerkschaftsbasis Initiativen wie Workers for Future gebildet, die wir unterstützen. Die Klima- und Umweltfrage ist eine Klassenfrage. Das Interesse an einem sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz in der Industriedarf nicht gegen das Interesse an einer sauberen Umwelt ausgespielt werden. Wir werden uns weiter für einen gemeinsamen Kampf in Schule, Hochschule und Betrieb und einen Schulterschluss von Fridays for Future mit Workers for Future und den Gewerkschaften einsetzen.

Organisieren wir uns!

Wir sind Teil der International Marxist Tendendy (IMT), die sich weltweit an den Klimastreiks beteiligt und mit einer Erklärung Für revolutionären Wandel statt Klimawandel klar dazu positioniert hat. Wir nahmen bundesweit an den Protesten teil. So in Berlin, Hamburg, Magdeburg, Waldkraiburg, Wiesbaden, Mainz, Konstanz, Würzburg und anderswo. In Waldkraiburg und Magdeburg konnten wir Reden halten, die von den Demonstrierenden sehr gut aufgenommen wurden. Die aktuelle Funke-Ausgabe fand starkes Interesse und auch viele Bücher, Broschüren und T-Shirts wurden verkauft. Wir haben viele Menschen getroffen, die mit uns weiter diskutieren wollen. In diesen Tagen finden Diskussionsveranstaltungen über die weiteren Perspektiven der Bewegung statt.
Der globale Klimastreik am 20. September war erst der Anfang des Kampfes gegen die globale Klimakatastrophe. Nur wenn wir eine konsequente revolutionäre Kraft aufbauen, können wir diesen Planeten vor dem kapitalistischen Wahnsinn und der von ihm ausgehenden ökologischen Katastrophe bewahren! No socialism, no future!


Zur Vertiefung:

Klimawandel stoppen: Verzicht oder Systemwechsel?
Klimakiller Auto, Lkw und Flieger: Die Zeche zahlen wir
IMT Statement: Für revolutionären Wandel statt Klimawandel!
Schüler, Studierende, Azubis, Arbeiter und Angestellte: Gemeinsam gegen den Klimawandel streiken!
Wie weiter mit den Klimastreiks?
Umweltfrage ist Klassenfrage

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