Kategorie: Ökologie

Grüne boykottieren Klimademo in Oberbayern

Am 25. September war der globale Klimastreiktag. In Deutschland wurde in über 450 größeren und kleineren Städten im Namen von „Fridays For Future“ (FFF) für eine bessere Klimapolitik demonstriert. Auch in Waldkraiburg (Oberbayern) kämpften rund 50 Aktive trotz strömenden Regens und einer Boykott-Ansage durch die Grünen bei der örtlichen FFF-Demo für eine klimafreundliche Zukunft jenseits des Kapitalismus.

Bild: @luciecaptures


Im Mittelpunkt der von der örtlichen FFF-Gruppe organisierten Demo standen Forderungen wie „ÖPNV: kostenlos und ausgebaut!“, „Ökostromtarife als Standard!“, „Weg mit dem Kapital“ und „Netzsch vergesellschaften!“. Aber wie ist es zur letzten Forderung gekommen? Die Firma Netzsch stellt in Waldkraiburg Pumpen für die Industrie im Öl-/Gasbereich oder im Bergbau her. Vor zwei Jahren kündigte Netzsch den Ausstieg aus dem Flächentarifvertrag mit der IG Metall an, der trotz vehementen Widerstands der Belegschaft vollzogen wurde. Letztes Jahr kam dann noch dazu, dass Netzsch die Stadt mit einem weiterem Waldgrundstück erpresste: Entweder sie bekämen den Wald oder würden den Betrieb nach Kirchdorf bei Haag verlagern. Anfang 2020 gab der Stadtrat die Rodung des letzten Waldstreifens frei. Zwei umwelt- und sozialpolitische Tatsachen, die klar für eine Vergesellschaftung dieses Unternehmens sprechen, wie sie von der örtlichen FFF-Versammlung gefordert wurde.

Wenig überraschend kritisierten die örtlichen Grünen und ihr Jugendverband die Forderungen „Netzsch vergesellschaften“ und „Weg mit dem Kapital“ aufs Schärfste und riefen zum Boykott der „Fridays For Future“-Demo in Waldkraiburg auf. Zudem warf die Grüne Jugend der „FFF“-Ortsgruppe vor, sie würde eine Einbindung von Grünen-Mitgliedern behindern. Doch das ist von Grund auf Falsch. Es wurde bereits am 17. August ein entsprechender Aufruf in ihrer Newsletter-Gruppe geteilt, zu der auch Grünen-Kreissprecher Zacharias Spörl, gehört. Demnach ist es fragwürdig, ob die Grünen wirklich das Demokratie-Verständnis leben, das sie immer beanspruchen. Erst wollen sie sich nicht an der Organisation beteiligen und im Nachhinein greifen sie demokratisch erarbeitete Forderungen an.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der abermals zeigt, wie „grün“ die Grünen wirklich sind: Judith Bogner, führendes Grünen-Mitglied in der Region, kritisierte deutlich die Forderung nach „Abschaffung des Kapitalismus“ und sagte, es gehe bei FFF um Klimaschutz und nicht um den Kapitalismus.

Doch das ist natürlich falsch: Die kapitalistische Produktionsweise zwingt Unternehmen dazu, profitorientiert zu arbeiten, um sich auf dem Markt zu behaupten. Dies schließt meist eine sozial-ökologische Produktion aus. Das Unternehmen wird durch die kapitalistische Marktwirtschaft gezwungen, den günstigsten Weg während, vor und nach der Produktion zu gehen, also die günstigsten Produktionsmittel, die günstigste Produktionsweise und der profitabelste Verkauf. Das alles führt zu einem billigen Einkauf der Arbeitskraft und der Rohstoffe meist von fernen Kontinenten sowie zu einer hohen Überproduktion, die meist nicht gerade umweltfreundliche Folgen hat. Dies zeigt, dass es keinen „grünen“ Kapitalismus geben kann.

Schließlich ist die Demo sehr laut und erfolgreich verlaufen. Vom Kleinkind bis zum Rentner waren alle Generationen mit dabei. Der Grünen-Boykott war letztlich erfolglos. So kam auch ein Grünen-Mitglied zur Demo und begrüßte ausdrücklich, dass die Verbindung zwischen Kapitalismus und Klimakrise hergestellt wurde. Zudem schloss sich auch die DGB-Bildungsgewerkschaft GEW der Demo an. Bernd Engelmann-Stegner hielt im Namen der Gewerkschaft eine Rede, in der er mit wissenschaftlichen Tatsachen erklärte, wie wenig Zeit uns noch bleibt, um die Klimakrise zu meistern. Insgesamt wurden sechs sehr gute Reden gehalten, zwei davon im Namen des Funken – von Max Brym und Jonas Volgger. Im Anhang dokumentieren wir die Rede von Jonas.

 

Seit ca 100 Jahren vermerken wir einen Anstieg der Lufttemperatur um 1 Grad, parallel auch einen Emissionsanstieg. Seit ca 80 Jahren nimmt die Globalisierung, sowie Macht der Konzerne stetig an Fahrt auf. Und seit fünf Jahren sind wir in einem Bündnis, das sich Pariser Klimaabkommen nennt und eine angebliche 1,5 Grad-Grenze bis 2050 vorschreibt. Aber wurde bis jetzt wirklich gehandelt? Ganz sicher nicht! Außer es wird eine Inbetriebnahme von Datteln 4 oder ein verspäteter Kohleausstieg 2038 als umweltfreundlich gewertet. Nebenbei bemerkt: Bei der Inbetriebnahme von Datteln 4 wurden an die 100 Arbeitsplätze geschaffen, um Sie in 18 Jahren wieder zu zerstören! Ähnlich verhält es sich bei Wacker Chemie in Burghausen, die Polysilicium und andere für Solarenergie notwendige Grundstoffe herstellt und jetzt 1000 Stellen abbauen will. Wisst ihr was? Für mich ist das Ausbeutung und Umweltignoranz auf höchstem Niveau!

Warum Umweltverschmutzung und Ausbeutung den selben Nenner haben, wie er heißt und was die Widersprüche sind werde ich jetzt versuchen euch zu erklären.

Wir leben in einem System, in dem Profit vor Nachhaltigkeit geht, sowohl in der Umwelt wie auch auf dem Arbeitsmarkt. Aber wieso?

Wenn sich ein Unternehmen dazu entscheiden würde, den aus dem Mehrwert gewonnenen Profit unter den Arbeitern zu verteilen, würden sie zwar soziale Gerechtigkeit schaffen, würden aber vom Markt gedrängt werden. Ein Unternehmen, das nicht billiger als andere Betriebe verkauft oder Produktionsmittel einkauft, wird keine Profite einfahren. Es kann somit nicht Dividenden an die Großaktionäre auszahlen, verliert die Investoren und wird Pleite gehen! Widerspruch Nummer 1!

Und bei dem Thema billig wären wir schon beim nächsten Punkt: Dem Umweltschutz.

Eine Firma ist durch das vorhin erwähnte Streben nach Profiten dazu gezwungen, immer mehr zu produzieren, um die Produkte anschließend günstiger und zahlreicher zu verkaufen. Diese Überproduktion führt früher oder später zu Krisen, sowohl wirtschaftlich als auch im Klima. Irgendwann hat halt die lohnarbeitende Bevölkerung nicht mehr das Geld, diese Masse an Produkten zurück zu kaufen. Das heißt, es werden eine große Menge an Produkten weggeworfen, somit Unmengen Emissionen freigesetzt und noch viel mehr produziert. Zugleich entwickelt sich eine kommende Wirtschaftskrise. Im Moment haben wir beides, eine Klima- und Wirtschaftskrise!

Kurz zu den CO2-Steuern:

Es können natürlich CO2-Steuern bis zum geht nicht mehr erhoben werden, es wird aber nicht das Problem und den Widerspruch im System lösen: Mit einer CO2-Steuer muss das Unternehmen nicht unbedingt umweltfreundlichere Alternativen hernehmen, um an ihre Profit zu kommen, sondern kann sich natürlich auch woanders bedienen; zum Beispiel bei den Produktionsmitteln: Statt dem Mindestlohn Sozialdumping in Rumänien. Statt Polysilicium von Wacker Polysilicium aus China. Mal abgesehen davon, dass durch eine CO2-Steuer Umweltschutz zum Privileg besser verdienender gemacht wird, denn Ärmere können sich nun einmal keinen 70.000 Euro teuren Tesla kaufen! Es gilt umweltfreundliche Alternativen, wie einen Ökostromvertrag, lokales Gemüse oder den ÖPNV GÜNSTIG als Normalität anzubieten, anstatt Klimaschutz zum Privileg zu machen. Widerspruch Nummer 2!

Das beste Beispiel dafür sind Netzsch und Wacker!



Wir haben Netzsch auf der einen Seite, eine Firma. die vor zwei Jahren Tarifflucht begangen hat und letztes Jahr die Stadt mit einem Waldgrundstück erpresst hat. Auf der anderen Seite haben wir Wacker, einen Betrieb, der lebensnotwendig für die Solarindustrie und somit eine erneuerbare Energiequelle ist und zugleich hauptsächlich aus Profitgründen, also um marktkonform zu sein, 1000 Stellen in Burghausen abbauen will. Was für ein Sch...System, oder?

Dazu kommt natürlich auch noch das neue Kohlekraftwerk Datteln 4. Ein Musterbeispiel dieses Systems: Blutkohle aus Kolumbien und Steinkohle aus Russland. Es wurde bereits Anfang Januar bekannt gegeben, dass Deutschland ab 2038 die Finger von Kohlekraftwerken lässt. Dennoch wurde ein neues Kohlekraftwerk im Mai ans Netz gelassen. De facto: Es werden an die 100 Arbeitsplätze geschaffen, um diese dann bereits nach 18 Jahren zu zerstören! Noch einmal: Was für ein Sch...System!

Aber es ist immer der selbe Grund. Es sind immer diese gezwungene Konkurrenz und die räudige Profitgier in diesem System, die die soziale Ungerechtigkeit und den Klimawandel auf der ganzen Welt befeuern.

Und um jetzt den gemeinsamen Übeltäter zu nennen: Es ist der Kapitalismus, die Marktwirtschaft. Nennt es wie ihr wollt. Es ist einfach das letzte, dieses System!

Drum lasst uns bitte gemeinsam für eine Gesellschaft mit der Natur und dem Menschen jenseits des Kapitalismus kämpfen bevor es zu spät ist! Danke.

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