Angekündigt wurde die Taxonomie Anfang 2018 als großer Wurf gegen den Klimawandel. Große Teile der EU-Wirtschaft sollten nach ihrer Klimafreundlichkeit kategorisiert werden und Konzerne in einer Datenbank bekanntgeben, auf welche Weise Teile ihres Geschäfts zum Klimaschutz beitragen.
Außer Greenwashing nichts gewesen
Vor allem rund um die Frage wie Gas und Atomkraft einzuordnen seien, verzögerte sich die Fertigstellung erheblich. In der Endfassung, die problemlos EU-Parlament und -Rat passieren wird, wird beides schlussendlich als grün abgestempelt.
In Gestalt ihrer jeweiligen Regierungen machten hier vor allem französische und deutsche Kapitalisten Druck – Atomkraft erzeugt 70% des französischen Strommix, während 20% der Gesamtenergie Deutschlands von Gasmeilern bereitgestellt wird. Obwohl die Frage der Taxonomie nur eine Frage des Labels ist, die mit keinerlei unmittelbaren Verlusten verbunden ist, können die großen Energiekonzerne anscheinend nicht einmal diese kleine Einschränkung ihrer Aktivität akzeptieren.
Dass diese Technologien als klimafreundlich eingestuft werden, ist offensichtlich absurd. Die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll ist ungelöst. Erdgas hingegen ist ein fossiler Brennstoff, bei dessen Förderung und Transport zusätzlich das potente Treibhausgas Methan freigesetzt wird. In der Hinsicht wird US-amerikanisches Erdgas sogar als noch schädlicher als Kohle eingeschätzt.
Laut zuständiger EU-Kommissarin McGuiness musste die EU-Kommission nun mal „Klimawissenschaften“ mit der „realen Welt“ balancieren. Zu Deutsch: Kapitalinteressen sind halt mächtiger als die besten Argumente.
Die Datenbank steht unter keinem besseren Stern. Zwar sollten schon Anfang diesen Jahres Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern beginnen, Kenndaten bekanntzugeben. Doch von den 12.000 Unternehmen haben sich nicht mehr als 10 darauf vorbereitet. Der Großteil hat dieses Gesetz bis jetzt ignoriert oder lässt über Lobbygruppen verkünden, dass sie keine Geschäftsgeheimnisse veröffentlichen wollen.
Geplant war, dass die Taxonomie ein Bollwerk gegen „Greenwashing“ wird und sie durch „einheitliche Definitionen“ „private Investitionen für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft“ mobilisiert, wie es das österreichische Umweltministerium ausdrückt.
Schmutzig aber profitabel
Was das Umweltministerium hier behauptet, ist, dass sich die Kapitalisten vor der Taxonomie einfach nicht sicher sein konnten, was jetzt wirklich zum Klimaschutz beiträgt und was nicht. Dass sie quasi ausversehen in Ölkonzerne usw. investiert haben. Ein absurder Gedanke, der allein dadurch schon konterkariert wird, dass auf Druck der Kapitalisten die Taxonomie zum Greenwashing von Gas und Atomkraft geworden ist.
Hinzu kommt, dass es inzwischen sowieso unzählige Fonds gibt, die Kapitalisten versprechen ihr Geld so zu investieren, dass auf ökologische, soziale und politische Aspekte Rücksicht genommen wird. Beworben wird dies damit, dass man dabei nicht nur gut ausschaut, sondern dass das in Wirklichkeit langfristig viel profitabler sei. Bei näherem Hinsehen entpuppen sich diese „ökosozialen“ Fonds als heißte Luft. Wenn auch versteckt, investieren sie sehr wohl in profitable Öl-, Waffen- und Glücksspielkonzerne. Tariq Fancy, ein Ex-Manager, der bei BlackRock für ökosoziale Investitionen verantwortlich war, beschreibt in seinem „secret diary of a sustainable investor“ sehr gut, worum es hier geht:
„Das System ist vor allem darauf fokussiert, so viel Profit wie möglich rauszupressen. Jetzt beginnt der private Sektor auf das Unwohlsein der Gesellschaft zu reagieren, indem er überteuerte grüne Finanzprodukte anbietet, welche so gut wie keinen Unterschied machen. Nachdem ihr Selbstinteresse die Gesellschaft über Jahrzehnte beschädigt hat, tauchen jetzt die Business-Leader auf und behaupten, in einer magischen neuen Welt überlappen sich Profit und allgemeiner Nutzen ohne weiteres Zutun.“
Kurzgefasst: Kapitalisten investieren klimaschädlich, weil es profitabel ist. Die Aufgabe der Taxonomie und der ökosozialen Fonds ist davon abzulenken und die Illusion zu schaffen, Kapitalisten und ihre Regierungen würden versuchen die Klimakatastrophe konsequent zu stoppen.
Revolution statt Rumgeeiere
Die Klimakatastrophe wirklich zu stoppen heißt, eine über Jahrhunderte gewachsene Produktion, tief verschlungen mit fossilen Brennstoffen, einzustampfen und durch eine neue zu ersetzen, welche auf erneuerbaren Stromquellen basiert. All das nicht in 100 Jahren, sondern in nur ein bis zwei Jahrzehnten. Um zu verdeutlichen, was das heißt: Die IEA schätzt, dass sich z.B. in den kommenden 8 Jahren die Kapazitäten für den Abbau von seltenen Erden, egal ob für Turbinen oder Smartgrids, versiebenfachen müssten. Die Geschwindigkeit, mit der Solar- und Windkraftwerke gebaut werden müsste, sich vervierfachen.
Eine derartige Kraftanstrengung wäre überall spürbar. Wo man hinsehen würde, würden Staudämme, große Windparks und Solarkraftwerke gebaut. Rohstoffe nicht für unnötige Prestige-Bauprojekte und Luxusautos verschwendet. Essen, Medikamente und Wohnungen dem großen Teil der Menschen weltweit zugänglich gemacht, damit alle Kräfte zur Umstellung der gesamten weltweiten Produktion entfesselt werden und nicht in Slums verkümmern.
Wenn gesellschaftliche Ressourcen derart effizient, rational und geplant eingesetzt werden sollen, gibt es keinen Platz für engstirnige Profitinteressen einzelner Kapitalisten. Gegen Klimawandel zu kämpfen, heißt dafür zu kämpfen, den Kapitalisten die Kontrolle über die Produktionsmittel zu entreißen und unter die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse zustellen. Diese gesellschaftliche Kraft in Bewegung zu setzen, muss das Ziel der Klimabewegung sein. Sprich gegen den Kapitalismus, für die sozialistische Revolution zu kämpfen.
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