Aufgerufen hatten NAV-DEM, das Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V. sowie Navena Civaka Demokratîk ya Kurdên li Almanyayê. Am Vorabend kam es zunächst zu Ausschreitungen zwischen linken kurdischen Aktivist*innen und türkischen Faschist*innen, bei denen ein 28-jähriger AKP-Gegner mit einem Messer lebensgefährlich am Hals verletzt wurde.
„Während die PKK in Deutschland seit Jahrzehnten kriminalisiert wird, können Anhänger*innen der faschistischen MHP ungehindert und völlig legal ihrer Arbeit nachgehen. Wie kann das sein?“, verweifelt eine junge kurdische Aktivistin auf dem Hannoveraner Steintorplatz im Gespräch mit der funke. In der Auseinandersetzung mit dem drohenden Bürgerkrieg in Anatolien positionierte sich der deutsche Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) unlängst zum NATO-Mitgliedsstaat Türkei. Dieser habe „Verständnis für eine angemessene Reaktion auf terroristische Angriffe“ (Quelle: Focus, 13.09.2015). Die deutsche Bundesregierung stellt somit klar, dass sie in absoluter Gegnerschaft zu allen fortschrittlichen & demokratischen Kräften in der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland steht und als Stellvertreter Erdogans in der Bundesrepublik Deutschland fungiert. Die Berichterstattung der bürgerlichen Medien spricht indessen seit Wochen über gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen türkischen und kurdischen Migrant*innen und verkennt somit den politischen Charakter. Es handelt sich keineswegs um Spannungen zwischen zwei ethnischen Gruppen, sondern um Angriffe faschistischer Gruppierungen gegenüber sich zur Wehr setzenden sozialistischen und demokratischen Kräften. Die gewalttätigen Übergriffe türkischer und deutscher Nationalisten gegen allgemeine Linke und Demokrat*innen näheren sich gegenseitig. Die antifaschistischen Aktionen gilt es zu internationalisieren und die Kämpfe für die deutsche und türkische soziale Revolution zu vereinen. Der Kampf aller fortschrittlichen Türk*innen und Kurd*innen ist unmittelbar auch der Kampf aller fortschrittlichen deutschen Linken.
Am 1. November 2015 finden die türkischen Parlamentswahlen statt. Bislang wurden 170 Anschläge von faschistischen Gruppierungen auf Büros der HPD (Halkların Demokratik Partisi, deutsch: Demokratische Partei der Völker) verübt, ihre Mitglieder werden täglich verfolgt. Diese Taten werden von der türkischen Regierung um Recep Tayyip Erdoğan unterstützt, zumindest jedoch gedeckt und akzeptiert. Die deutsche Bundesregierung aus SPD und CDU/CSU warnt zwar vor „Überreaktionen“ im Konflikt mit der PKK, allerdings nur, um hinterrücks weitere Waffendeals mit der türkischen Regierung sowie das anhaltende Verbot der PKK inkl. legitimieren zu können. Der demokratische Charakter dieser Wahlen ist also zweifelhaft.
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