Dass die Krise des Kapitalismus längst Weltniveau erreicht hat, war auf dem Kongress in jedem Redebeitrag zu vernehmen. In der Diskussion zu den Weltperspektiven berichtete nahezu jede Sektion von einer deutlichen Radikalisierung der Arbeiter*innen und der Jugend in ihrem Lande.
Bernie Sanders, Jeremy Corbyn, die EFF in Südafrika, Podemos, Massensteiks in Frankreich, Belgien, Indien, Brasilien und in anderen Teilen der Welt sind ein Ausdruck der sich zuspitzenden Klassenkämpfe und Suche nach neuen Alternativen. Sozialdemokratie und Gewerkschaftsapparaten fällt es immer schwerer, die Arbeiter*innenklasse vom Kampf abzuhalten. Verelendung und schwindender Lebenstandard in vielen Ländern sind Ausdruck der Überproduktionskrise des Kapitalismus und erst Vorboten dessen, was uns weltweit bevorsteht.
In sehr spannenden Debatten tauschten sich die Sektionen über ihre Erfahrungen und Fortschritte bei der Aufbau der Organisation aus. Die steigende Bedeutung von offener Jugendarbeit wurde besonders hervorgehoben, die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen etwa der Umstand, dass sich in vielen Ländern immer weniger fortschrittliche Arbeiter*innen und Jugendliche in den traditionellen Massenorganisationen der Arbeiter*innenklasse organisieren, weil diese ihnen nicht mehr vermitteln können, in ihrem Interesse zu handeln. Zum anderen war die Jugend schon immer eine treibende Kraft in revolutionären Prozessen. Sie steht in der Regel revolutionären Ideen viel offener gegenüber als die ältere Generation, besonders dann, wenn ihre Zukunft immer ungewisser wird.
Neben dem jüngsten Brexit-Referendum wurde auch ausführlich über die Prozesse in der britischen Labour Party und in Schottland debattiert. Die weltweiten Ereignisse verlaufen nun schon so schnell, dass sich die Meldungen täglich überschlagen. Noch vor zwei Jahren galt Großbritannien als eines der politisch stabilsten Länder Europas. Die stetig wachsende Bewegung um den linken Labour-Führer Jeremy Corbyn und der Bürgerkrieg in der Labour Party spitzen sich zu. Hunderttausende sind in den vergangenen Wochen und Monaten in die Partei eingetreten, um Labour wieder zu einem Werkzeug ihrer Interessen zu machen. Die rechten Karrieristen - die Blairites - wollen dies mit allen Mitteln verhindern und ihre Posten behaupten. Sie werden durch anhaltendes Dauerfeuer der bürgerlichen Medien unterstützt. Eine Spaltung der Partei bahnt sich an.
Ein wichtiges Thema war ebenfalls die Nationale Frage. Wir diskutierten diese auf Grundlage der Beispiele von Schottland, Kashmir, Katalonien und anderen Brennpunkten. Hier zeigt sich ebenfalls die Stärke und Notwendigkeit einer Internationalen, denn nur wenn man Diskussionen mit Genoss*innen aus den betroffenen Regionen führt, ist man wirklich in der Lage, alle wichtigen Aspekte in die Analyse mit einzubeziehen. Denn für Antworten auf die Nationale Frage gibt es keine Zauberformel. Eine marxistische Positionierung hängt immer von der konkreten Situation ab und diese kann sich ebenfalls mittlerweile quasi über Nacht verändern.
Die Frauenbeaufragte der pakistanischen IMT-Sektion hielt einen großartigen Vortrag über die Lage der Frauen in Pakistan und über die Schwierigkeiten, mit Frauen politisch überhaupt in Kontakt zu kommen. Denn in der pakistanischen Gesellschaft wird den meisten Frauen als höchstes Ziel die Heirat und Organisierung der Haushalts gelehrt. Die meisten haben nie eine Schule besucht und sind die meiste Zeit entweder zu Hause vom Rest der Gesellschaft isoliert oder arbeiten unter schlimmen Bedigungen in den Fabriken.
Ein sehr wichtiges Thema für unsere Internationale war ebenfalls die Vorstellung des biografischen Werkes „Stalin“ von Leo Trotzki. Nachdem viele unveröffentlichte Teile dieses Werkes in Archiven entdeckt wurden, begann eine jahrzehntelange Arbeit, um alle Schnipsel von Trotzkis letztem großen Werk zusammenzutragen und in kompletter Fassung zu veröffentlichen. In dieser ca. 900 Seiten langen Biografie über Stalin lässt sich ausführlich der Werdegang vom jungen Klosterschüler in die Führung der Bolschwewiki verfolgen, der für alle Zeit als Diktator in die Geschichte eingehen sollte. Ebenso kommt darin nahezu jeder Aspekt des Marxismus zum Tragen. Dieses Werk ist nicht nur aus theoretischer Sicht ein marxistischer Schatz.
Nicht nur kleine linke Organisationen scheinen sich für das Werk zu interessieren, selbst große Medien wie die TIMES haben bereits Exemplare angefordert, um das Buch zu rezensieren. Abseits der Debatten stellten viele Sektionen ihren Merch zum Verkauf aus, neben vielen Broschüren, Zeitungen und Analysen fanden sich viele originelle und chicke T-Shirts, Buttons, Sticker, Schlüsselanhänger und mehr. In der Freizeit gab es verschiedene Möglichkeiten zu körperlichen Betätigung, es wurden Bergwanderungen unternommen, andere spielten Fußball, Volleyball oder entspannten sich einfach an einem der nahen Seen. Am Ende eines solchen Ereignisses durfte natürlich ein gemeinsamer Liederabend in einzigartiger Athmosphäre nicht fehlen, bei dem jede Sektion die Kampflieder ihrer Region vortrug.
Dieser Weltkongress zeigte deutlich die Fortschritte der IMT in ihrem Aufbau, ihren Analysen und ihrer theoretischen Bildung. Alle zeigten sich hochmotiviert und entschlossen zum weiteren Aufbau einer Internationalen, die mit dem revolutionären Marxismus bewaffnet künftig um die Führung der internationalen Arbeiterklasse kämpfen und den Kapitalismus samt all seiner Übel auf den Müllhaufen der Geschichte werfen kann.
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