Kategorie: Solidarität |
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Fluten zum Schutz eigener Ernte umgeleitet. Pakistaner in Deutschland klagen Eliten ihrer Heimat an |
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Die Flutkatastrophe in Pakistan hat auch bei deutschen Staatsbürgern pakistanischer Herkunft eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Einige richten heftige Vorwürfe an die pakistanische Führung. Das aktuelle Flugblatt der Redaktion Der Funke und vom Chingaree Forum e.V. zur Flutkatastrophe in Pakistan kannst Du hier herunterladen. |
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Im Rhein-Main-Gebiet sammelt eine der Linkspartei nahestehende Gruppe von Exilpakistanern eifrig Spenden. Ihr Bemühen ist Teil einer organisierten Katastrophenhilfe linker Gewerkschafter in Pakistan. Die Akteure richten gleichzeitig heftige Vorwürfe an die wirtschaftlichen und politischen Eliten in Pakistan. »Diese Katastrophe ist keine Strafe Gottes, sondern von Menschenhand verursacht«, erklärt der seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland lebende Daniel Raza und spielt damit auf globale Klimaveränderungen und Klassengegensätze an: »Solche Katastrophen bringen schonungslos den Zustand eines Landes auf den Punkt.« So hätten »einige feudale Großgrundbesitzer mit Unterstützung hoher Beamter in der Region Südpunjab die Flut so umgeleitet, dass ihre Ernte gerettet, dafür jedoch die Großstadt Kot Addu überschwemmt wurde«, hat Raza von Angehörigen und linken Aktivisten aus Pakistan erfahren, mit denen er fast täglich in Kontakt steht. Ähnliches habe sich auch in anderen Regionen zugetragen. Während Armut, Hunger, Inflation, Massenarbeitslosigkeit, Terrorismus und die Brutalität der eigenen Armee und der US-Truppen schon in »normalen Zeiten« den Alltag der Massen prägten, mache die Flut das Leben von vielen Millionen Menschen jetzt zur »Hölle auf Erden«. Raza hat mit Gleichgesinnten im Raum Frankfurt das linke »Chingaree-Forum« gebildet, um mit Bildungsveranstaltungen gegen die Vorherrschaft religiöser und konservativer Ideen in den Köpfen vieler Exilpakistaner anzugehen und die Menschen »aufzurütteln«. Sein Ansprechpartner in Pakistan ist das gewerkschaftliche Solidaritätsnetzwerk »Pakistan Trades Union Defence Campaign« (PTUDC), das in den Notstandsgebieten bisher 57 eigene Hilfscamps mit mobilen Ärztehilfsteams eingerichtet hat. PTUDC-Aktivisten befinden sich auch unter den Opfern der Flut. Landesweit hat die PTUDC Komitees gebildet, die die Hilfeleistungen organisieren und gleichzeitig den Druck auf die Regierung verstärken sollen. Die Katastrophe sei auch deswegen zum »humanitären Super-GAU« geworden, weil die pakistanischen Eliten in den 63 Jahren seit der Staatsgründung wenig in die öffentliche Infrastruktur investiert hätten und mittlerweile 80 Prozent des Staatshaushalts für Schuldendienst und Rüstung verschwendet würden. Die PTUDC fordert eine strenge Bestrafung von Großgrundbesitzern, die die Flut zum Schutz der eigenen Ernte umgeleitet hätten und dadurch für die Überschwemmung von Wohngebieten verantwortlich seien. Ebenso verlangt sie Entschädigungen an Kleinbauern für den Ernteausfall sowie Finanzhilfen an die Betroffenen für den Wiederaufbau der Wohnhäuser. Der potenzielle gesellschaftliche Reichtum müsse im Interesse der Menschen eingesetzt werden. Schon vor fünf Jahren hatte die PTUDC nach dem Erdbeben im Hochland von Kaschmir Hilfsbrigaden und Wiederaufbaucamps organisiert. Die PTUDC hatte in den letzten Jahren mehrfach europäische Gewerkschaften um Unterstützung gebeten. So etwa bei einem Konflikt um den massenhaften Einsatz von Leiharbeitern und deren Kündigung durch einen pakistanischen Tochterbetrieb des Darmstädter Chemie-Weltkonzerns Merck. Derzeit kämpfen die Gewerkschafter gegen die Privatisierung der Telekom und den Versuch, die Beschäftigten mit Belegschaftsaktien ruhig zu halten. Dies dürfte auch deutschen Gewerkschaftern bekannt vorkommen. Dass für ihn Solidarität keine Einbahnstraße ist, hat Daniel Raza schon vor einem Jahr deutlich gemacht. Am 11. September 2009 trat er in Wiesbaden bei einer Kundgebung für den sofortigen Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan ein. Sein Motto: »Solidarität von unten statt Bomben von oben.« www.ptudc.org – Spendenkonto: Chingaree Forum e.V., Postbank Frankfurt am Main, BLZ 50010060, Kto.-Nr. 685670605, Kennwort: Flutopfer-Hilfe. Erstveröffentlichung: Neues Deutschland, 23.8.2010 |