Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück Es gibt eine Vielzahl von Anwärtern für den Thron der «Theorie von allem». Zu ihnen gehören die Supersymmetrie, die Stringtheorie, die M-Theorie und viele andere. Von jeder Theorie gibt es oft noch viele verschiedene Varianten und Geschmacksrichtungen mit neuen Hypothesen, Annahmen und Erweiterungen, welche gemacht wurden wenn neue Beobachtungen und Experimente die Vorhersagen (wenn da überhaupt irgend welche Vorhersagen sind!) der ursprünglichen Theorie nicht bestätigt haben. Bei der Supersymmetrie wurde zum Beispiel eine ganze Palette von Teilchen vorgeschlagen, um drei der vier Kräfte der Natur zu erklären und unter einem Dach zu vereinen: Elektromagnetismus, die schwache Kernkraft und die starke Kernkraft. Die Experimente im Teilchenbeschleuniger fanden bis jetzt aber keine Beweise für die Theorie der Supersymmetrie. Doch anstatt diese Theorie zu begraben, haben Akademiker, in einem verzweifelten Versuch, die Theorie (und damit auch ihre Karrieren) am Leben zu erhalten, eine noch komplizierte Version entwickelt. Es ist eine grosse Ironie, dass die Suche der theoretischen Physiker nach der «Schönheit» der mathematischen Einfachheit darin endet, dass sie immer schwerfälligere Modelle mit immer neuen Teilchen und Parametern aufstellen. An anderer Stelle steht die Stringtheorie, die davon ausgeht, dass alle elementaren Teilchen des SM in Wirklichkeit Variationen eines einzigen vibrierenden fundamentalen «Strings» sind, welcher verschiedene Energiestufen der Vibration hat für eine Reihe von Teilchen. Die vermeintliche Eleganz der Stringtheorie ist, dass sie scheinbar eine «Theorie von Allem» ist und die Quantenmechanik mit der allgemeinen Relativitätstheorie verbindet. Die Schattenseite der Theorie ist, dass sie nur funktioniert, wenn, entgegen all unserer Erfahrungen, wir in einem Universum mit zehn Dimensionen Leben, welches aus neun räumlichen Dimensionen und der Zeit besteht. Die sechs zusätzlichen Dimensionen sind, so die Theorie, nicht beobachtbar - und dadurch auch nicht überprüfbar - weil die diese verpackt und verdichtet in einem winzigen Punkt sind. Eigentlich gibt es fünf verschiedene Stringtheorien, welche in einer zusammengefasst werden können, in der M-Theorie, wenn wir von einem Universum mit 11 Dimensionen ausgehen. Die M-Theorie wird noch durch das Konzept erweitert von neuen mathematischen Objekten, wie die «Membranen», die vorher beschrieben wurden, welche zwischendurch kollidieren und dem Urknall ähnliche Ereignisse produzieren. Wenn das alles phantasievoll klingt, ist das deshalb, weil es phantasievoll ist. Es muss hervorgehoben werden, dass es keine empirischen Beweise für die Existenz all dessen gibt. Die Stringtheorie und die M-Theorie sind nur Vermutungen, welche auf Vermutungen aufbauen. Sie sind nichts anderes als mathematische Modelle, theoretische und akademische Spielzeuge, welche zwar in ihrer Mathematik konsistent sind, aber nicht durch Beobachtungen gestützt werden oder nachweisbare Vorhersagen liefern. Erstaunlicherweise ist die M-Theorie, an der zwar viel geforscht und über die viel diskutiert wird, nicht mal eine richtige Theorie. Bis jetzt hat noch niemand wirklich niedergeschrieben wie sie aussieht oder aussehen sollte; es existiert nur die Idee einer Idee. Solche Theorien sind nicht überprüfbar und sind näher bei mittelalterlichen Diskussionen von Priestern über «Wie viele Engel können auf einer Stecknadel tanzen» als bei einer wirklichen sinnvollen Wissenschaft. Trotz diesen starken Limitierungen werden solche Theorien der Öffentlichkeit als brauchbare wissenschaftliche Ideen von bekannten Professoren wie Brian Greene und anderen berühmten Wissenschaftlern präsentiert. Es scheint als ginge es für jeden Schritt vorwärts zwei Schritte zurück in der Kosmologie, mit unzählbar vielen Stunden Laborzeit und enormen Summen von Geld, welche verschwendet werden mit solch obskurster und idealistischer Träumereien. Die Sackgasse der Kosmologie Eine wachsende Zahl von wissenschaftlichen Forschern und Autoren verzweifeln am aktuellen Stand der Lage und haben genug vom fehlenden Fortschritt in der Kosmologie und fordern eine radikale Revision. Es ist vielen klar geworden, dass wir nach vielen Jahrzehnten, in denen wir uns auf den Berg der Entdeckungen herauf geschleppt haben, nun für eine gewisse Zeit ein Plateau des Wissens erreicht haben. Andere sind weniger grosszügig mit ihrer Beschreibung der modernen kosmologischen Forschungen, sie nennen sie „ein bisschen mehr als eine teure und Zeit verschwendende Reise in eine wissenschaftliche Sackgasse“. Jim Baggot, ein bekannter wissenschaftlicher Autor und früherer Akademiker, schreibt in seinem Buch “Farewell to Reality“, über den grösser werdenden Abstand zwischen der modernen Kosmologie und dem, was man typischerweise als «Wissenschaft» bezeichnet. Nach der Meinung von Baggott und vielen anderen sind die aktuellen kosmologischen Forschungen immer mehr komplett theoretisch in ihrer Natur geworden und basieren ausschliesslich auf der Schönheit und internen Konsistenz der beschreibenden Mathematik, mit wenig Bezug zu aktuellen Hinweisen und Beobachtungen. Bagott beschreibt solche Theorien als «Ammenmärchen-Physik», welche in den Büros von hoch dekorierten Universitäten und Instituten geträumt wird und sich schon lange davon verabschiedet hat, das Verständnis der objektiven Realität des Universums zu verbessern. «In der Ammenmärchen-Physik,»beklag sich Baggot, «haben wir jeden empirischen Inhalt fast komplett aus der Sichtweite verloren […] Wenn es ein Thema gibt, welches die aktuelle theoretische Physik untermauert, scheint es die angeborene Unfähigkeit zu sein irgendetwas zu berechnen, mit der nicht zaghaften Warnung: Es könnte immer noch stimmen […] Der Punkt ist nicht die Methaphysik per se. Der Punkt ist, dass es ausschliesslich Methaphysik ist. Solange man damit nicht irgendetwas Vorhersagen kann, was mit empirischen Fakten überprüfbar ist, mit einer Menge oder einer Nummer, ist es nicht mehr als eine Spitzfindigkeit und eine Illusion […] Dann werden wir erkennen, dass die mathematischen Strukturen, mit denen wir kämpfen möglicherweise nicht mit der Realität übereinstimmen…»[1] Aus dieser Sicht ist das Feld der modernen Kosmologie bestenfalls eine harmlose Form des Keynesianismus geworden - ein Weg, um hunderte (oder tausende) Wissenschaftler anzustellen und zu fördern, welche sonst keine Arbeit mehr hätten. Schlimmstenfalls aber sind die kosmologischen Forschungen eine riesige Verschwendung wissenschaftlicher Ressourcen, welche längst nicht mehr nur harmlos sind, sondern die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft beschädigen, in dem sie Blödsinn als seriöse und wichtige theoretische Forschungen verkaufen. Baggott kommentiert: «Was ist den schon dabei, wenn ein par Theoretiker entscheiden, dass es okay ist, sich mit ein wenig Selbstbetrug zu verwöhnen? Ist es nicht egal, wenn sie weiter ihre Forschungsarbeiten, populären Wissenschaftsartikel und Bücher veröffentlichen? Ist es nicht egal, wenn sie weiter in den wissenschaftlichen Dokumentarfilmen mit ihrer Methaphysik hausieren? Welchen wirklichen Schaden richten sie schon an? […] Ich glaube, sie schaden der Integrität des Wissenschaftsbetriebs. Der Schaden ist nicht immer klar sichtbar und ist sicherlich nicht immer offensichtlich. Die Ammenmärchen-Physik ist wie eine langsam schleichende aber unaufhaltbare Holzfäule. Wenn wir ihr keine Beachtung schenken, werden wir nicht merken, wie das Fundament ausgehöhlt wird, bis uns das ganze Gebilde auf den Kopf fliegt… das Zeugs ist definitiv keine Wissenschaft.»[2] Time Reborn Die Krise der Kosmologie bringt aber auch Leute ins Feld, welche das dominante Paradigma grundlegend angreifen. Einer derjenigen, welche einen Ausweg aus dem Sumpf suchen, ist Lee Smolin, ein bekannter Akademiker am Perimeter Institute for Theoretical Physics. In seinem Buch «Time Reborn» argumentiert er, dass das ganze Feld der Kosmologie, von der Quantenmechanik bis zur allgemeinen Relativität, vom philosophischen Problem, wie die Wissenschaft mit der Frage der Zeit umgeht, aufgehalten wird. Obwohl Smolin kein bewusster und konsistenter dialektischer Materialist ist, hebt er viele grundlegende Mängel in der Methode und Perspektive der aktuellen theoretischen Physik hervor. Für Smolin ist die Ursache des Problems die Newton’sche Wissenschaftsmethode - eine Methode die, obwohl sie zu der Zeit extrem progressiv war, die moderne Physik zurückhält. Die Newton’sche Methode ist grundsätzlich die einer Mechanik, welche die Bewegung von isolierten Systemen in der Form von Teilchen und Kräften, welche auf sie wirken, untersucht, wie Smolin beschreibt: «Der Erfolg von der wissenschaftlichen Theorien von Newton bis heute basiert auf ihrem Gebrauch eins bestimmten Gerüstes von Erklärungen, welches Newton erfand. Dieses Gerüst sieht die Natur nur aus Teilchen zusammengesetzt mit zeitlosen Gesetzen. Die Eigenschaften von den Teilchen, wie ihre Masse und ihre elektrische Ladung, ändern sich — wie auch die Gesetze — nie.»[3] Doch Smolin geht noch weiter und hebt die Grenzen einer solchen Methode mit isolierten Systemen (oder «Physik in der Kiste», wie er sie oft nennt) hervor: Die Tatsache, dass in Wirklichkeit niemand wirklich ein System isolieren kann, denn es ist immer eine dialektische Interaktion zwischen Materie in Bewegung: «Dieses Gerüst ist ideal geeignet um kleine Teile des Universums zu beschreiben, aber es fällt auseinander, wenn man versucht, es auf das ganze Universum anzuwenden… Wenn wir kosmologische Forschungen machen, stehen wir neuen Verhältnisse gegenüber: Es ist unmöglich, aus dem System herauszutreten, denn dieses System ist das gesamte Universum.»[4] In diesem Buch erklärt Smolin, wie Physiker seit Newton immer versucht haben, die Dynamik und die Veränderung der Materie in Bewegung zu repräsentieren mittels zeitloser und absoluter mathematischer Gleichungen und Modellen, welche notwendigerweise Vereinfachungen und Abstraktionen von unendlich komplexen Prozessen sind und welche ihr Anwendbarkeit verlieren, wenn man sie benützt, um das Universum als Ganzes zu analysieren. Indem die Mathematik über die Realität gestellt und der approximative Charakter der Modelle vergessen wurde, sind die theoretischen Physiker vor scheinbar unüberwindbare Barrieren in allen Schlüsselsäulen der Kosmologie gekommen: Das SM, die Quantenmechanik, die allgemeine Relativitätstheorie und die Urknalltheorie. Die Physiker haben sich selbst auf einem verblendeten Weg hinuntergeführt bei der Suche nach einer «schönen» und «eleganten» Theorie von allem. Smolin bemerkt: «Es bleibt eine grosse Versuchung nach dem Gesetz oder Prinzip, welches man erfolgreich auf alle Subsysteme der Welt und das Universum als Ganzes anwenden kann. Ein solches zu erstellen ist ein Irrtum… Das Universum ist komplett verschieden in seiner Art von all seinen Teilen. Es ist auch nicht einfach die Summe seiner Teile… Wenn wir von einem 'Gesetz' reden meinen wir, dass es in verschiedenen Fällen anwendbar ist; wenn es nur ein einem Fall angewendet werden kann, ist es nur eine Beobachtung. Aber jede Anwendung von einem Gesetz auf alle Teile des Universums involviert eine Annäherung […], weil wir alle Interaktionen dieses Teils mit dem Rest des Universums vernachlässigen»[5] «Alle Theorien, mit denen wir arbeiten, inklusive des SM und der allgemeinen Relativitätstheorie, sind approximative Theorien, angewendet auf Verkürzungen der Natur… … Das bedeutet, dass das SM, welches durch alle bisherigen Experimente bestätigt wurde, als Annäherung betrachtet werden muss. […] Es ignoriert zur Zeit unbekannte Phänomene, welche auftreten könnten, wenn wir kürzere Distanzen testen können… Die fehlenden Phänomene könnten nicht nur neue Arten von elementaren Teilchen enthalten, sondern auch bisher unbekannte Kräfte. Oder es könnte sich herausstellen, dass die grundlegenden Prinzipien der Quantenmechanik falsch sind und Modifikationen benötigen, um Phänomene zu beschreiben, welche in kürzeren Distanzen und höheren Energiewerten lauern… …Physik ist ein Prozess, bei dem immer bessere Annäherungstheorien erstellt werden. Wenn wir unsere Experimente in kürzeren Distanzen und mit höheren Energiewerten anwenden, könnten wir neue Phänomene entdecken, und wenn wir das tun, brauchen wir ein neues Modell, um ihnen Rechnung zu tragen.»[6] Kurzum, das grundlegende Problem mit dem Newton’schen Gerüst ist seine mechanische und undialektische Methode, mit externen Kräften und ewigen Gesetzen, welche ausserhalb von Zeit und Raum in einer idealen und absoluten Welt existieren. Aber eine solch idealistische Sichtweise auf die «Gesetze der Physik» steht im Gegensatz zur dialektischen Realität der Natur, wie vorher beschrieben wurde: Diese Gesetze der Natur sind der Materie nicht aufgezwungen, sondern entstehen aus ihren Interaktionen, wie Smolin selbst kommentiert: «Gesetze sind dem Universum nicht von aussen aufgezwungen. Keine externe Entität, ob göttlich oder mathematisch, spezifiziert vorab, welche Gesetze der Natur es gibt. Noch stehen die Gesetze der Natur still, ruhig, ausserhalb der Zeit für den Start des Universums. Vielmehr entstehen die Gesetze der Natur vom Inneren des Universums und entwickeln sich mit dem Universum, das sie beschreiben.»[7] Hier also, ohne diese Worte zu benutzen, haben wir eine dialektischere - obwohl nicht ganz ausgearbeitete - Sichtweise auf das Universum, präsentiert von einem etablierten und bekannten Akademiker, Kosmologen und theoretischen Physiker, eine Sichtweise, welche dem zeitlosen und absoluten Newton’schen Paradigma gegenübersteht, eine Sichtweise, welche eine grundlegende Umstellung in der Perspektive und Methode repräsentiert. Eine solche Sichtweise, wie Smolin anmerkt, bedeutet, mit den alten Ideen von Raum und Zeit, von Gesetzen und Eigenschaften zu brechen und stattdessen die Dinge mit einer dialektischen Methode zu sehen, indem man die Verbindungen und Wechselwirkungen der Materie in Bewegung studiert mit ihren Eigenschaften und Gesetzmässigkeiten, welche als Annäherungen von unendlich komplexen und dynamischen Prozessen entstehen. «In einer Beziehungswelt (so nennen wir eine Welt, in der Beziehungen wichtiger sind als der Raum), gibt es kaum Raum ohne Dinge. Newton’s Konzept von Raum war das Gegenteil, da er den Raum als etwas Absolutes verstand… … Aber es kann keine absolute Zeit sein, welche blind tickt, egal, was auf der Welt passiert. Die Zeit muss eine Konsequenz der Veränderung sein, ohne Veränderungen auf der Welt kann es keine Zeit geben. Philosophen sagen, dass die Zeit etwas Relationales ist - sie ist ein Aspekt von Beziehungen, wie Kausalitäten, welche Veränderungen regeln. Gleichermassen muss Raum relational sein; in der Realität muss auch jede Eigenschaft eines Objekts eine Reflektion von dynamischen Beziehungen zwischen ihm und den anderen Dingen der Welt sein… Das Problem mit der vereinigenden Physik und insbesondere einer, welche die Quantenmechanik mit der allgemeine Relativitätstheorie in einem Gerüst verbindet, ist grösstenteils die Aufgabe die relationale Revolution in der Physik zu vervollständigen. Die Hauptnachricht von diesem Buch ist das es allumfassende Ideen benötigt, dass die Zeit real ist… Der Schlüssel zu diesen Puzzle ist, dass weder Individuen, Systeme, noch das Universum als Ganzes als etwas Einfaches betrachtet werden können. Sie sind alle zusammengesetzt aus Prozessen, die ihren Platz in der Zeit einnehmen. Das fehlende Element, ohne das wir diese Fragen nicht beantworten können, ist, sie als Prozesse zu sehen, welche sich mit der Zeit entwickeln… Während Aspekte der Natur einmal als grundlegend angesehen wurden, offenbarten sie sich im Laufe des wissenschaftlichen Vorankommens als entstehend und annähernd. […] Die meisten Gesetze der Natur wurden einmal als grundlegend gedacht und werden nun als entstehend und annähernd verstanden. […] Nahezu alles, was wir als grundlegend sehen, wird schliesslich als sich entwickelnd und annähernd verstanden: Gravität und die Gesetze von Newton und Einstein, die Gesetze der Quantenmechanik und auch der Raum selbst.»[8] Der Schlüssel zu Smolin’s Kritik an der modernen Kosmologie und dem Newton’schen Paradigma, von dem es sich ableitet, ist die Art, in welcher eine idealistische und mechanische Verwendung der Mathematik. Mit dieser von Gleichungen und Modellen zum «Ausschluss der Zeit» aus unserem Verständnis des Universums und seinem unendlichen komplex und dynamischen Phänomenen führt. (Daher auch der Titel von Smolin’s Buch - «Time Reborn»). Anstatt die Prozesse der Interaktionen, Entfaltung und Entwicklungen der Bewegung zu studieren, haben wir die Bewegung der Materie in der Zeit eingefroren und repräsentieren sie in zeitlosen Gleichungen. «Einige Physiker haben seit Newton die mystische Sichtweise angenommen, dass die mathematische Kurve 'realer' ist als die Bewegung selbst. Die grosse Anziehung vom Konzept einer tieferen mathematischen Realität ist, dass sie zeitlos ist im Gegensatz zu den flüchtigen Erfolgen von Erfahrungen. Indem sie der Versuchung unterlegen sind, die Repräsentation mit der Realität zu verbinden und den Graph der Ergebnisse der Bewegung als die Bewegung selbst identifizierten, haben diese Wissenschaftler einen grossen Schritt zum Ausschluss der Zeit aus unserer Konzeption der Natur gemacht.»[9] «Die Mathematik entspricht nicht den eigentlichen physikalischen Prozessen, sondern nur den Aufzeichnungen, welche gemacht wurden - welche per Definition zeitlos sind. Trotzdem bleibt die Welt immer eine Ansammlung von Prozessen, entwickelt in der Zeit, und nur kleine Teile davon werden in zeitlosen mathematischen Objekten repräsentiert.»[10] Doch auf was Smolin in Wirklichkeit — mit seinen Ausführungen über die Zeitlosigkeit von Gleichungen und der Notwendigkeit, Entwicklung zu sehen (anstatt Zeitlosigkeit und das Absolute) in den Gesetzen der Natur — anspielen will, ist nicht so sehr der «Ausschluss der Zeit» von der modernen Kosmologie, sondern den Ausschluss von Veränderungen. Insofern hebt Smolin unbewusst den wichtigsten Aspekt der Dialektik hervor: Das Konzept der Veränderung. Das Verständnis der Tatsache, dass Dinge sich verändern, dass das Universum schliesslich und grundsätzlich aus Materie in Bewegung besteht, ist der philosophische und wissenschaftliche Schlüssel, um die Mysterien des Universums aufzudecken. Es ist der Schlüssel, um eine Vielzahl von Phänomenen, welche wir um uns herum sehen, zu erklären und um uns fort von dem mechanischen Paradigma in der Physik zu bewegen, welches die Kosmologie aktuell zurückhält. Die Evolution der Gesetze Mit der Wiedereinführung des Konzeptes Zeit, welches Veränderungen bedeutet, in die Kosmologie, trifft Smolin dieselben Schlussfolgerungen wie die Marxisten. Zum Beispiel hebt Smolin korrekt die Absurdität der Idee hervor, dass der Urknall der «Anfang der Zeit» repräsentieren soll. Er bemerkt die Gegensätze in dem populären Glaubensdenken in grundsätzlichen, absoluten, zeitlosen Gesetzen auf der einen Seite und auf der anderen Seite in der Theorie von einem «Anfang der Zeit», vor dem keine Gesetze (oder eher gar Nichts) existieren konnte. Während Smolin korrekt die philosophischen Grenzen in den aktuellen kosmologischen Modellen hervorhebt, treibt er es, im Kampf gegen den Idealismus, der die moderne theoretische Physik durchdringt und ohne die Methode des dialektischen Materialismus auf seiner Seite, zu weit in die entgegengesetzte Richtung mit seinen eigenen Hypothesen, um die Funktionsweise des Universums zu erklären. Bei der Ablehnung von einem «Anfang der Zeit» und zeitlosen Gesetzen schlussfolgert Smolin korrekt, dass das Universum unendlich in der Zeit sein muss und die Gesetze der Natur nicht von aussen auferlegt werden, sondern von innen entstehen. Darüber hinaus umgeht Smolin die Probleme der «bösen Unendlichkeit», welche im ersten Teil diskutiert wurden, indem er annimmt, dass «unser Universum ein Nachfahre von einem anderen Universums ist, geboren in einem schwarzen Loch im ersten, und das sich in jedem schwarzen Loch in unserem Universum, der Keim eines neuen Universums versteckt.»[11] Diese schwarzen Löcher in der «Universum im Universum» Theorie, umgehen den Widerspruch vom dem ähnlichen «ewige Inflation» Model weiter oben, in dem keine Zuflucht in Quantenfluktuationen oder der Vakuum-Energie gesucht wird, welche die Entstehung von etwas aus dem Nichts erlaubt. Stattdessen haben wir ein Konzept eines dialektischerem unendlichen Universums, eine unendliche Regression, eine Unendlichkeit von endlichen Dingen. Bezüglich Smolin’s Hypothese von einer unendlichen Reihe von Universen muss angemerkt werden, wie bereits behandelt, dass es nicht nötig ist, eine Existenz von «Universen in Universen» zu postulieren, um die Gegensätze im Konzept eines Universums, welches begrenzt in Zeit und Raum ist, zu überwinden. Statt eines «Multiversums» oder «Universen in Universen» können wir einfach das Universum akzeptieren, bestehend aus einer unendlichen Menge von Materie und Energie, welche es schon immer gegeben hat und immer geben wird. Smolin geht mit seiner Theorie von schwarzen Löcher in denen Universen entstehen noch weiter und schlägt vor, dass das Model von «Universen in Universen» ausgebaut werden kann zu der Hypothese von der Existenz der «kosmologischen natürlichen Selektion»; ein Model, welches angeblich erklärt, wie die Gesetze der Natur nicht einfach entstehen, sondern sich entwickeln. Eine solche Theorie, behauptet Smolin, kann auch erklären, warum unser Universum die fein abgestimmten Eigenschaften hat, welche wir Beobachten. Smolin zeichnet eine Analogie zwischen «kosmologischer natürlicher Selektion» und Evolution durch biologische natürliche Selektion. In der Biologie werden zufällige Mutationen und Vermischungen von Genen und neuen Genmischungen vermittelt durch die Reproduktion. Kombiniert mit bestimmten Umgebungsbedingungen kann dies zur Evolution einer Spezies mit neuen Fähigkeiten führen. In der Physik sind, nach Smolin, die Gene «die Konstanten des SM, inklusive der Masse von verschiedenen Elementarteilchen und der Stärken der Grundkräfte […] endsprechend, wir annehmen können, dass jedes Mal, wenn ein neues Universum entsteht, es kleine zufällige Veränderungen in den Parametern der Gesetze gibt.»[12] An diesem Punkt ist Smolin in das Land des Idealismus gekrochen. Entgegen seiner früheren Aussagen, dass die Eigenschaften und Gesetze Neubildungen sind und das mathematische Modelle nur angenäherte Abstraktionen des realen Universum sind, sollen wir nun glauben, dass die Parameter von unseren mathematischen Modellen des Universums vergleichbar sind mit materiellen und konkreten Objekten der biologischen Gene. Diese Analogie ist, wie Smolin früher dialektischer erörterte, falsch. Die zufälligen Mutationen und die Auswahl der Gene in der biologischen natürlichen Selektion repräsentieren eine Veränderung der physikalischen Dinge in der materiellen Realität. Die Parameter und Konstanten, welche wir benützen, um unsere mathematischen Modelle des Universums zu beschreiben und zu definieren, sind keine materiellen Dinge - sie sind nur Abstraktionen der materiellen Realität. Sie sind Eigenschaften, die bei den Interaktionen der Materie in Bewegung auftauchen. Obwohl er korrekt die Fehler und Grenzen in den vorherrschenden populären Theorien und in der ganzen Newton’schen Methode bemerkte, bei seinem eigenen Model von der «kosmologischen natürlichen Selektion» um zu erklären, wie Gesetze sich entwickeln, stellte Smolin seine dialektische und materialistische Analyse auf den Kopf und wagte sich auf idealistisches Terrain. Die Gesetze der Natur, wie Smolin früher zugab, sind nicht in einer Fabrik des Universums geschrieben worden, sondern sind Annäherungen und Verallgemeinerungen der dynamischen, chaotischen und komplexen Prozesse von interagierender Materie, die wir beobachten. Nun wird uns erzählt, dass die Gesetze der Natur nicht einfach auftauchen, sondern sich entwickeln wie sich in der biologischen Welt eine Spezies entwickelt. Die Gesetze der Natur aber sind keine materiellen Dinge und können sich nicht entwickeln. Beim Versuch, die idealistische und statische Zeitlosigkeit des Newton’schen Paradigma zu überwinden und das Konzept der Veränderungen wieder in die theoretische Physik einzuführen, ging Smolin zu stark in die entgegengesetzte Richtung und landete in seiner eigenen idealistischen Theorie. Obwohl es keine exakte Wiederholung in der Natur gibt, produzieren ähnliche Bedingungen trotzdem ähnliche Resultate. Obwohl die allgemeine Dynamik der Prozesse eingeschränkt ist durch die konkreten Bedingungen wird sie überall im Universum und durch alle Zeit die gleiche sein. Unser Verständnis für die Gesetze der Natur wird sich natürlich dialektisch entwickeln, sodass wir unseren Wissensbereich der Zusammenhänge weiter ausbauen und die Phänomene auf verschiedenen Massstäben erklären können werden; aber die essentielle und objektive Art, in der die sich bewegende Materie interagiert, wird immer der selbe sein zu jeder Zeit und an jedem Ort. Diese grundlegende Einheit des Universums von den gleichen allgemeinen physikalischen Gesetzen durch Zeit und Raum ist ein Standbein der materialistischen philosophischen Perspektive. Kosmologischer Scheideweg Trotz den Limitierungen von Smolin’s eigenen Theorien: Seine Kritik zum aktuellen Stand der Kosmologie repräsentiert einen wichtigen Schritt vorwärts. Mit Hervorheben der grundlegenden philosophischen Probleme in Verbindung mit den Methoden, welche im aktuellen kosmologischen Paradigma verwendet werden, pflastern Smolin und andere ähnlich kritische Physiker den Weg für einen qualitativen Durchbruch in der kosmologischen Forschung und dem Verständnis vom Universum. In Dialektik der Natur analysiert Engels einige der dringendsten und bis heute unbeantworteten Fragen in der Wissenschaft. Trotz der Limitierung seiner eigenen akademischen und wissenschaftlichen Kenntnisse war Engels durch konsequente und sorgfältige Anwendung der marxistischen Methode, des dialektischem Materialismus, in der Lage, revolutionäre Thesen in einer ganzen Zahl von wichtigen wissenschaftlichen Fragen aufzustellen. Zum Beispiel schlägt Engels, in seinem Aufsatz „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“ vor, dass es weniger ein frühes Wachstum des Gehirns dem Mensch erlaubt habe, Werkzeuge zu entwickeln, wie die Biologen und Anthropologen zu dieser Zeit mehrheitlich annahmen, sondern, dass es sich in Wirklichkeit umgekehrt verhalten habe: Die Aufrechte Haltung habe die Hände befreit und es uns erlaubt, sie zum Entwickeln von Werkzeugen zu gebrauchen, welche ihrerseits zum Wachstum und Entwicklung des Gehirns führten. Unglücklicherweise wurde Engels Hypothese nie von der akademischen Gemeinschaft aufgenommen und Wissenschaftler suchten über Jahre vergebens bei den Überresten unserer frühen Vorfahren nach Indizien für ein grösseres Gehirn, ohne die Hinweise für ihre Bipedie (auf zwei Füssen gehend anstatt auf vier) und einfache Werkzeuge, welche mit den Händen entwickelt wurden. Moderne Entdeckungen aber geben Engels vollkommen Recht mit Belegen, welche die Idee der Bipedie, entwickelten Händen und einfachen Werkzeugen hinter das Wachstum des Gehirn unserer Vorfahren zurückdatieren. In der Verbindung mit der modernen Kosmologie befindet sich der Marxismus in der selben Lage wie Engels im 19. Jahrhundert. Wir behaupten nicht, dass wir die mathematischen Werkzeuge oder wissenschaftliches Wissen und die Fakten haben, welche der akademischen Gemeinschaft von theoretischen Physikern zur Verfügung steht. Wir behaupten auch nicht, alle Antworten und eine komplett ausgearbeitete Alternative zu den aktuellen Theorien zu haben. Wir haben aber über Jahrzehnte die wissenschaftlichen Entwicklungen verfolgt und wichtige Beiträge zu vielen aufgekommenen Debatten geliefert. Die Kritik des Marxismus, welche immer grösser wird angesichts der modernen wissenschaftlichen Theorien - in unzähligen Artikeln auf www.marxist.com, wie auch in Büchern und Flugblätter - steigert sich nun mit Wissenschaftlern und Autoren wie Lee Smolin und anderen in der weiteren akademischen Gemeinschaft. Am Bedeutendsten, vor mittlerweile fast 20 Jahren, veröffentlichten wir das Buch Aufstand der Vernunft: Marxistische Philosophie und moderne Wissenschaft von Ted Grant und Alan Woods, welches bemerkenswert ist wegen seines Scharfsinns und der Vorwegnahmen vieler Fragen, die heute heiss diskutiert werden. Diese Vorwegnahmen waren möglich durch die konsequente Anwendung des dialektischen Materialismus und dem Verständnis, dass die Philosophie nicht zweitrangig ist, sondern eine wesentliche Rolle beim Leiten von wissenschaftlichen Untersuchungen spielen muss. Die Grenzen der existierenden kosmologischen Modelle sind kein Geheimnis. Die Probleme, vor denen die Physiker stehen sind allen bekannt, die ihre Arbeit ehrlich machen und welche einen aufrichtigen wissenschaftlichen Prozess erstreben. Wir können bestimmt sagen, dass die aktuellen Theorien nicht das letzte Wort in der Wissenschaft repräsentieren und dass eine Revolution in den Überlegungen, der Perspektive und der Methode nötig ist, um unser Verständnis zu verbessern. «Grade die Dialektik ist aber für die heutige Naturwissenschaft die wichtigste Denkform, weil sie allein das Analogon und damit die Erklärungsmethode bietet für die in der Natur vorkommenden Entwicklungsprozesse, für die Zusammenhänge im ganzen und großen, für die Übergänge von einem Untersuchungsgebiet zum andern.»[13]
Zum Teil 1 und Teil 2
Dieser Artikel ist eine Übersetzung des folgenden Artikel auf der Seite In Defence of Marxism: The Crisis of Cosmology - Part three
[1]Farewell to Reality: How Fairytale Physics Betrays the Search for Scientific Truth, Jim Baggott, p.286-288, Constable 2013 paperback
[2] Farewell to Reality: How Fairytale Physics Betrays the Search for Scientific Truth, Jim Baggott, p.286-288, Constable 2013 paperback
[3] Time Reborn: From the Crisis of Physics to the Future of the Universe, Lee Smolin, p.xxiii, Allen Lane 2013 hardback
[4] Time Reborn: From the Crisis of Physics to the Future of the Universe, Lee Smolin, p.xxiii, Allen Lane 2013 hardback
[5] Time Reborn: From the Crisis of Physics to the Future of the Universe, Lee Smolin, p.xxiii, Allen Lane 2013 hardback
[6] Time Reborn: From the Crisis of Physics to the Future of the Universe, Lee Smolin, p.xxiii, Allen Lane 2013 hardback
[7] Time Reborn: From the Crisis of Physics to the Future of the Universe, Lee Smolin, p.xxiii, Allen Lane 2013 hardback
[8] Ibid, p.xxviii-xxxi
[9] Ibid, p.xxviii-xxxi
[10] Ibid, p.xxviii-xxxi
[11] Ibid, p.xxviii-xxxi
[12]Ibid, p.xxviii-xxxi
[13] Friedrich Engels - Dialektik der Natur: Alte Vorrede zum »Anti-Dühring« Über die Dialektik
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