Kategorie: Wirtschaft |
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Die Ursachen und Profiteure der Staatsverschuldung |
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Der Staat ist in allen wichtigen Industrieländern trotz verzweifelter Einsparungsmaßnahmen überschuldet. In Deutschland entspricht die Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte knapp zwei Dritteln (64%) des jährlichen Bruttoinlandsproduktes (2004 = 2.200 Mrd. Euro). Das Finanzdesaster erfordere nun eine eiserne Sparpolitik, die nicht ohne „Heulen und Zähneklappern“ bewerkstelligt werden könne, so der hessische CDU-Ministerpräsident Koch. Arbeitgeberpräsident Hundt fordert die Politik ebenfalls zu einem drastischen Sparkurs auf: „Die Sanierung der Staatsfinanzen hat absolute Priorität.“ Dementsprechend hat sich die neue Bundesregierung das „Sanieren“ auf die Fahnen geschrieben und erste massive Ausgabenkürzungen beschlossen. |
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Eine oberflächliche Betrachtungsweise auf die Problematik der Staatsfinanzen führt zu einseitigen Schuldzuweisungen: der Staat gibt mehr Geld aus, als er einnimmt. Der Vergleich mit privaten Haushalten wird von den neoliberalen Denkern gerne herangezogen: Man könne nur so viel ausgeben wie man hat. Um der Verwirrung und den diffusen Behauptungen begegnen zu können, bedarf es einer tiefgreifenden Analyse. Die Staatsverschuldung ist in erster Linie nicht das Ergebnis einer „falschen Politik“, sondern einer „falschen Wirtschaftsweise“.
Staatsverschuldung – Folge der kapitalistischen Krise Der lange Nachkriegsaufschwung von 1950 bis 1975 führte zur vermeintlichen Annahme, dass der Kapitalismus seine Krisen überwunden habe. Trotz enormer Entwicklung der Produktivkräfte wurde in dieser Zeit aber der Grundstein für die erste umfassende Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg gelegt: Ab Ende 1973 kamen die strukturellen Verschlechterungen der Kapitalverwertung gebündelt zum Ausdruck, die sich in der Wiederkehr der Massenarbeitslosigkeit, wachsenden Inflationsraten, sich häufenden Währungskrisen und wachsender Staatsverschuldung äußerten. Schon die sozialliberale Koalition sah sich von 1969 bis Ende 1970 genötigt, Staatsschulden aufzunehmen, um die Konjunktur anzukurbeln und die sozialen Reformen weiter zu beschleunigen. Die Aufnahme von Schulden sollte dazu dienen, die Wirtschaft anzukurbeln und Nachfrage zu schaffen, die dann wiederum Arbeitsplätze bringe und zum Schuldenabbau führe. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Kennzeichnend für die 1980er und auch für die 1990er Jahre waren die Mini-Wachstumsraten und die Verkürzung der Rhythmen zwischen Aufschwungs- und Abschwungsphasen. Die durchschnittlichen Wachstumsraten haben von Zyklus zu Zyklus abgenommen. Während die industrielle Produktion in den ersten 3 Zyklen noch durchschnittliche Wachstumsraten von 7, 10 und mehr Prozent erreichte, sank sie seit Mitte der 1970er Jahre auf unter 2 Prozent. Anstieg der Staatsverschuldung Seit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1975 stiegen die Staatsschulden sprunghaft an. Im Jahr 1970 war die Bundesrepublik mit 63 Mrd. Euro verschuldet. Im Jahr 1980 schwoll die Summe auf 237 Mrd. Euro an, 2000 auf 1.211 Mrd. Euro und 2004 auf 1.400 Mrd. Euro Staatsschulden an (das entspricht ca. 64 Prozent des Bruttoinlandsproduktes - zum Vergleich: Gewollte Verarmung des Staates und Umverteilung Im Haushalt des Bundes klafft derzeit eine Lücke von etwa 60 Milliarden Euro jährlich. Die Schuldenuhr tickt zudem gnadenlos weiter: Jede Sekunde kommen 1.714 Euro neue Schulden dazu. Der Staat hat sich durch seine Steuerpolitik selber in die Misere hineinmanövriert. Trotz gestiegener Gewinne sind die Gewinnsteuereinnahmen (veranschlagte Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer) rapide gesunken. Allein die „Unternehmenssteuerreform 2000“ führte zwischen 2001 und 2003 zu einem Rückgang des Gewinnsteueraufkommens um 80 Milliarden Euro. Der Anteil der Gewinnsteuern am gesamten Steueraufkommen sank von 34,7 Prozent im Jahre 1980 auf unter 12 Prozent im Jahre 2003, während der Anteil der Steuern auf Arbeit und Verbrauch (Lohn-, Umsatz-, Verbrauchs- und Mineralölsteuer) im selben Zeitraum von 37,5 Prozent auf 79,2 Prozent anstieg. Wäre der Gewinnsteueranteil heute so hoch wie 1980, dann hätte das Mehreinnahmen von 60 Milliarden Euro zur Folge und jede formale Rechtfertigung für Sparmaßnahmen wäre hinfällig. „Die Raucher liefern heute über die Tabaksteuer mehr beim Finanzminister ab, als alle Konzerne, Aktiengesellschaften und GmbHs zusammen. Trotz erheblich gestiegener Gewinne der Kapitalgesellschaften“ (isw-wirtschaftsinfo 37). Staatsverschuldung – Druckmittel des Kapitals für mehr Sozialabbau Steuergeschenke an Reiche und Konzerne haben die Staatsfinanzen erst ruiniert. Die Finanzkrise zwingt den Staat wiederum zur Aufnahme von Krediten, die er bei den Vermögenden aufnimmt. An dieser Stelle wird deutlich, wer eigentlich von der Staatsverschuldung profitiert. Unternehmen und Reiche (die oberen 10 Prozent der privaten Haushalte in Deutschland verfügen über mehr als die Hälfte des Geldvermögens von ca. 4 Billionen Euro) werden durch die Steuerpolitik entlastet, um angeblich Arbeitsplätze zu schaffen und Investitionen zu tätigen. Beides ist, wie die Realität der letzten Jahre zeigt, eine Farce. Mit dem eingesparten Geld werden zum einen auf dem Weltmarkt unliebsame Konkurrenten aufgekauft und dann Platt gemacht und zum anderen leihen sie dem Staat ihr überschüssiges Geld und streichen hierfür auch noch Zinsen ein. Christoph Mürdter
Wir fordern: Schluss mit der Förderung der Steuerhinterziehung Während uns staatliche Organe lebensnotwendige Ausgaben kürzen, verzichtet der Staat Jahr für Jahr freiwillig und mutwillig auf rund 70 Milliarden Euro. So hoch liegt die von niemandem ernsthaft bezweifelte Dunkelziffer der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG) für die Steuerhinterziehung. Schluss mit der Subventionierung von Profiten! Leistungskontrolle! Die Profitsteigerungen der großen Unternehmen basieren auf einem verschärften Abbau von Zehntausenden versicherungspflichtiger Arbeitsplätze und auf Reallohneinbußen der ArbeitnehmerInnen. Arbeitszeitverkürzung: 30-Stunden-Woche ist genug! Statt Null-Stunden-Woche für die einen und zunehmender Mehrarbeit für die anderen brauchen wir eine Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle durch massive Arbeitszeitverkürzung. Schuldenerlass und Stopp der staatlichen Zinszahlungen! Uns werden permanent Verzichtsleistungen aufgebürdet. Die Verursacher und Profiteure der Staatsverschuldung müssen aber auf nichts verzichten. Die staatlichen Zinszahlungen an Banken und private Kapitalbesitzer, die sich in den letzten Jahren mit der Staatsverschuldung eine goldene Nase verdient haben, werden eingestellt. Besitzer hoher Kapitalvermögen können sich so auf unsere Kosten bereichern, ohne auch nur einen Finger zu krümmen. Und dafür werden Bibliotheken, Schwimmbäder und Sozialeinrichtungen geschlossen, Arbeitsplätze abgebaut und Sozialleistungen gekürzt. Daher: Schuldenerlass auch in Deutschland. Einstellung aller staatlichen Zinszahlungen an die Gläubiger außer bei erwiesener Bedürftigkeit. Für ein massives staatliches Investitionsprogramm! Die kapitalistische Marktwirtschaft ist trotz kapitalfreundlicher Politik der letzten 20 Jahre nicht in der Lage, sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Arbeitsplätze zu schaffen. Im Gegenteil: In allen Wirtschaftszweigen geht der Stellenabbau weiter. In vielen Bereichen gäbe es genug für die Allgemeinheit zu tun: Umwelt, Gesundheitswesen, Pflege, Bildungswesen, Soziales, öffentlicher Nahverkehr und Stadtentwicklung. Deshalb fordern wir ein massives staatliches Investitionsprogramm, das durch die Rücknahme aller Steuererleichterungen finanziert werden soll und nicht durch eine weitere Kreditaufnahme, welche die Banken und Konzerne weiter bereichern würde. Gesamtgesellschaftlicher „Kassensturz“ Wir fordern einen gesamtgesellschaftlichen Kassensturz – nicht nur der öffentlichen Hand, sondern auch der Großkonzerne, Banken, Versicherungen und Privatvermögen der superreichen Familien. Die Höhe des Verteidigungshaushaltes (24 Mrd. Euro) entspricht ungefähr den Mehreinnahmen durch die geplante Mehrwertsteuererhöhung. Deshalb: Abrüstung statt Sozialabbau. Kapitalflucht? Die Betriebe bleiben hier! „Das Kapital ist wie ein scheues Reh“, warnen die Verfechter der kapitalistischen Marktwirtschaft. Dieser tierische Vergleich hinkt. Das Kapital ist eine „heilige Kuh“ und zertrampelt unsere Zukunftsaussichten. Lassen wir uns nicht länger erpressen. Wer mit Kapitalflucht droht und damit die Belegschaft weichklopfen will, kann gerne seinen Wohnsitz in alle Welt verlagern. Aber die Produktionsanlagen bleiben hier! |