Kategorie: Deutschland |
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Marxismus contra Sektierertum |
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Opportunismus und Sektierertum sind zwei Seiten einer Medaille. Beide müssen bekämpft werden, wenn das Programm des revolutionären Marxismus zu einer Massenkraft werden soll. Dazu muss dieses sich mit den Zielen und der Bewegung der Arbeiterklasse verbinden, wie unsere Schwesterzeitung Socialist Revolution erklärt. Der Text wurde am 18. Oktober 2019 in den USA veröffentlicht. |
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Die Arbeit der IMT und unser Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit nimmt weltweit zu. Die meisten anderen linken Organisationen befinden sich in der Krise und viele von ihnen verschwinden ganz. Die beständige, weitgehend unbemerkte Arbeit, die wir in den USA die letzten zwei Jahrzehnten geleistet haben, beginnt nun Früchte zu tragen. Der Lohn unserer kollektiven harten Arbeit ist ein wachsender Zustrom von Kontakten und Mitgliedern. Wir haben das Potenzial, in den kommenden Jahren noch schneller zu wachsen. Aufgrund der ruhigen, politischen und professionellen Art und Weise, wie alle an dieser Episode beteiligten IMT-Genossen damit umgingen, waren die Bemühungen der Sektierer ein totaler Misserfolg. Die IMT verlor nur denjenigen, der bereitwillig als „Speerspitze“ der Intervention diente. Der Genosse entschied sich, das Schiff zu verlassen, lange bevor die politischen Diskussionen abgeschlossen waren. Am wichtigsten war jedoch, dass die Genossen, die den Prozess dieser Diskussionen durchliefen, ihr politisches Verständnis schärften. Sie gingen umso überzeugter aus der Diskussion heraus, dass die IMT die einzige Organisation ist, die das Erbe der russischen Revolution und des Trotzkismus wirklich repräsentiert. Die IMT arbeitet normalerweise nicht mit sektiererischen Gruppierungen zusammen, die niemanden außer sich selbst vertreten. In der gegenwärtigen Epoche werden sich jedoch angesichts der Vorherrschaft des Reformismus einige Personen, die von ihm abgestoßen werden, in einem fehlgeleiteten Versuch, „das Ruder in die andere Richtung herumzureißen“, an linksradikale Sekten wenden. Aber Sektierer reißen das Ruder nur in eine Richtung und schießen sich auf ihren linksradikalen Kurs fest. Damit sich unsere Mitglieder und Leser die nötigen politischen Argumente aneignen können, um diesem linksradikalen Kurs entgegenzutreten, wann immer sie ihm begegnen, glauben wir, dass diese Episode uns eine nützliche Gelegenheit bietet, eine Reihe von politischen und organisatorischen Klarstellungen vorzunehmen. Vor allem hoffen wir, Klarheit in der Frage der marxistischen Methode zu schaffen. Letztlich geht es hier um die Frage Marxismus gegen Formalismus, Dialektik gegen formale Logik, wissenschaftlicher Sozialismus gegen unwissenschaftlichen Dogmatismus. Die Bedeutung der Dialektik und der marxistischen Theorie Revolutionäre Marxisten haben jahrzehntelang gegen den Strom schwimmen müssen. Sie verteidigten unermüdlich das revolutionäre Programm, die Methode, das Banner und die Traditionen des Marxismus. Das Blatt beginnt sich zu wenden, aber wir schwimmen immer noch gegen den Strom des Reformismus. Das wachsende Interesse am Sozialismus birgt großes Potenzial für die Zukunft. Aber wir müssen auch verstehen, dass in diesem frühen Stadium zwangsläufig verschiedene reformistische Strömungen vorherrschen werden. Eine Konsequenz, dass es keine Tradition von großen Arbeiterparteien und klassenkämpferischen Gewerkschaftsführungen gibt, die einen klaren Weg nach vorne zeigen könnten. Unsere Aufgabe ist es, Wege zu finden, um die bescheidene Qualität, die wir angesammelt haben, in eine weit größere Quantität zu verwandeln. Der einzige Weg, dies zu erreichen, besteht darin, energisch Wege zu finden, unsere Ideen mit den Bestrebungen der Massen zu verbinden, angefangen bei den fortgeschrittenen Schichten der Gesellschaft. Dafür müssen wir prinzipientreue Politik mit einer geduldigen Herangehensweise verbinden, um die Verwirrung und die Illusionen zu zerstreuen, die viele Menschen noch immer in bürgerliche und kleinbürgerliche Parteien, Politiker und Ideen setzen. Aber wir dürfen unsere Ideen im Streben nach zahlenmäßiger Quantität nicht qualitativ verwässern. Es gibt keine künstlichen Abkürzungen. Unsere hohen politischen Standards aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Gelegenheiten zum Wachstum zu ergreifen, ist die Kunst des Aufbaus einer marxistischen Organisation. Wir sollten uns über den kleinbürgerlichen Charakter sowohl des Opportunismus als auch des Sektierertums im Klaren sein. Die beste Verteidigung gegen den Druck klassenfremder Ideen besteht darin, unsere Genossen proaktiv in den Grundlagen der marxistischen Methode auszubilden. Eine solide Grundlage in der marxistischen Theorie, Augenmaß und ein tiefes historisches Verständnis sind unerlässlich. Die IMT nimmt diese Arbeit ernster als jede andere Organisation der linken Bewegung. Das belegt der Umfang und die Qualität des politischen Materials, das wir produzieren. Wir wollen Genossen ausbilden, die selbstständig denken und die komplexen Phänomene unserer Zeit aus dem Blickwinkel der Arbeiterklasse und mit einer revolutionär-sozialistischen Perspektive analysieren können. Ein niedriges theoretisches und politisches Niveau und sogar eine Geringschätzung von Theorie ist in der gesamten kapitalistischen Gesellschaft der USA vorherrschend, auch auf der linken Seite und in der Arbeiterbewegung. Das muss bewusst bekämpft werden. Das bloße Auswendiglernen einiger Formeln oder Slogans ist in der realen Welt völlig nutzlos. Die Realität präsentiert uns ständig neue Kombinationen und Konvergenzen, die nur dialektisch verstanden werden können. Um starres und mechanisches Denken – das unglückliche intellektuelle Erbe der Vereinigten Staaten – zu vermeiden, müssen wir bewusst daran arbeiten, die marxistische Denk- und Analyseart zu verinnerlichen. Trotzki war in dieser Hinsicht unnachgiebig und hatte bei seiner Ankunft in Mexiko 1938 den folgenden Ratschlag für die Führer der American Socialist Workers Party (SWP):
Genau aus diesem Grund hat die US-Sektion der IMT ein neues Buch über die revolutionäre Philosophie des Marxismus herausgegeben und verbrachte das Jahr damit, es gemeinsam durchzuarbeiten. „Freiheit der Kritik“ Der Marxismus als philosophische und politische Weltanschauung dreht sich um Wandel, Widerspruch und Vergänglichkeit. Die Methode des Marxismus ist dialektisch und materialistisch. Sie bietet uns einen Rahmen für die Analyse von Prozessen, nicht nur um ihrer selbst willen, sondern um effektiv in den Klassenkampf einzugreifen. Angewandt auf die komplexe Frage des Parteiaufbaus in der Epoche des Imperialismus und des kapitalistischen Zerfalls, wird diese Methode oft als Bolschewismus bezeichnet. Das Markenzeichen des Bolschewismus ist die unerschütterliche, prinzipientreue Klassenunabhängigkeit in allen politischen Fragen, verbunden mit unendlicher taktischer Flexibilität. Seine Organisationsmethode basiert auf voller Diskussionsfreiheit, verbunden mit der Einheit bei der Ausführung der demokratisch beschlossenen Aufgaben. Natürlich müssen die Prioritäten, Perspektiven und sogar das Programm auf der Grundlage der sich verändernden Ereignisse, Bedürfnisse und Möglichkeiten flexibel aktualisiert oder sogar geändert werden. Aber die Grundzüge werden kollektiv beschlossen und alle von einem gewählten Gremium getroffenen Entscheidungen können von dem Gremium, das es gewählt hat, überprüft, geändert oder rückgängig gemacht werden. So kann die Organisation demokratische Entscheidungen treffen und sie wirksam und rechtzeitig umsetzen, ohne sich in endlosen Debatten über zweit- oder drittrangige Fragen zu verzetteln. Es gibt jedoch einige, die behaupten, dass jeder Einzelne zu jeder Frage, wann immer er will, schriftlich Stellung nehmen sollte – und muss – und dass die Diskussion so lange fortgesetzt werden sollte, wie er selbst entscheidet. Das offenbart die durch und durch kleinbürgerliche, individualistische Sichtweise des Sektierers, wenn es um organisatorische Demokratie und kollektive Entscheidungsfindung geht. Es ähnelt auffallend dem Konzept der „Freiheit der Kritik“, das Lenin bei vielen Gelegenheiten bekämpft hat. So eine „Freiheit“ führt nur zu Lähmung und Demoralisierung, da die Organisation als Geisel der Launen von Einzelpersonen gehalten wird, denen die kollektiven Interessen der Gruppe nicht am Herzen liegen. In Lenins Konzeption und Praxis muss sich die revolutionäre Strömung von solchen Tendenzen „reinigen“. Aber nicht durch stalinistische Verfolgung und Säuberungen, sondern durch ehrliche und politische Diskussion, Debatte und Klärung. In einem Artikel von 1905 mit dem Titel „Parteiorganisation und Parteiliteratur“ entwickelte er diese Idee:
Die marxistische Methode Die Wahrheit ist konkret, und unsere Analysen und Schlussfolgerungen müssen sich aus den Fakten ergeben. Wenn sie nicht zu den Fakten passen, dann müssen unsere Vorstellungen angepasst werden – denn wir können die Fakten nicht ändern. Letztlich muss die Theorie, die aus der praktischen Erfahrung verallgemeinert wird, wieder mit der Realität verbunden werden, wenn sie nützlich sein soll. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Theorie einfach kopiert und auf die Realität übertragen werden kann. Sektierer mit ihrem Schwarz-Weiß- und in Schablonendenken verstehen nur eine Seite dieser Gleichung. Obwohl sie sich selbst für die „orthodoxesten“ Marxisten und engagierte Anhänger Lenins halten, ist die Methode von sektiererischen Gruppierungen das genaue Gegenteil des Bolschewismus. Anstatt den Marxismus als eine Methode zu verstehen, die auf die lebendige Wirklichkeit anzuwenden ist, behandeln sie die Worte von Marx, Engels, Lenin und Trotzki so, als seien sie überlieferte Gebote, die jederzeit und unabhängig von den konkreten Umständen anwendbar sind. Sektierer agieren in einer Welt von festen Kategorien, vorgefassten Schemata und Reinheitsprüfungen. Für sie ist der Klassenkampf ein steriles Laboratorium, weit entfernt von der realen und chaotischen Welt in der es widersprüchliche Interessen und Bewusstsein gibt. Letztendlich entsteht Sektierertum aus geistiger Faulheit und führt auch wieder zurück zu dieser. Wenn man nur die Formel nachschlagen und dadurch die Antwort erhalten kann, besteht keine Notwendigkeit, komplizierte Probleme allseitig anzugehen. So werden marxistischen Prinzipien entstellt und verwandeln sich dadurch in ihr Gegenteil. Wie Trotzki in „Sectarianism, Centrism and the Fourth International“ kurz und bündig erklärte:
Und wie er in „Das ABC der materialistischen Dialektik“ umrissen hat:
Mit anderen Worten: Wann immer wir eine bestimmte Position einnehmen oder einen bestimmten Slogan aufgreifen, ist er innerhalb gewisser Grenzen richtig. Außerhalb dieser Grenzen ist er möglicherweise nicht mehr richtig und kann sich sogar in sein Gegenteil verkehren. Von etwas Nützlichem, das dazu beiträgt, Klassenbewusstsein, Vertrauen und Einheit zu stärken, kann es zu einem Hindernis für diese Ziele werden. Das gilt auch für die Ausarbeitung politischer Perspektiven. Perspektiven sind eine unverzichtbare Orientierungshilfe für unsere Arbeit. Aber sie dürfen nicht als eine in Stein gemeißelte Voraussage behandelt werden, die für alle Zeiten gültig ist. Wenn sich die Bedingungen über bestimmte Grenzen hinaus verändern, wird die „dialektische Toleranz“ überschritten und die Perspektiven müssen aktualisiert oder ganz neu erarbeitet werden. Wie Trotzki in der Textsammlung „In Defense of Marxism“, in dem Text „Bilanz der Finnischen Ereignisse“ bemerkte
Und in „Eine kleinbürgerliche Opposition in der Socialist Workers Party“ erklärte er:
Die Verwendung von Zitaten Ein weiterer wichtiger Aspekt der marxistischen Methode ist die Verwendung von Zitaten. Auszüge aus klassischen Schriften und Reden können helfen, Parallelen und Unterschiede zu veranschaulichen, die sich aus ähnlichen Situationen in Vergangenheit und Gegenwart ziehen lassen. Marxisten zielen darauf ab, diejenigen, die nicht mit uns übereinstimmen, mit kohärenten, überzeugenden und gut durchdachten Argumenten zu überzeugen. Auf diese Weise verwendet, können Zitate der großen Marxisten der Vergangenheit äußerst nützlich sein. Die Sekten scheinen jedoch zu glauben, dass das bloße Zitieren einer angesehenen Quelle ausreicht, um „zu gewinnen“ und dir Diskussion zu beenden. Sie benutzen Zitate, um Leute auf Linie zu drängen – was das sektiererische Verhalten dieser Gruppen nur noch verstärkt. Außerdem bestand die marxistische Methode immer darin, politische Gegner vollständig und im Kontext zu zitieren und nicht darin, als Täuschungsmanöver aus dem Kontext gerissene Zitate zu präsentieren. Sich auf diese Weise einen „Vorteil“ zu verschaffen, hat nichts mit einer ehrlichen politischen Debatte gemein. Trotzki bezeichnete diese Methode als Verfälschung durch Amalgam. Indem man aus dem Zusammenhang gerissene Zitate – und oft nur Fragmente von Zitaten – mit Behauptungen, Übertreibungen und glatten Erfindungen kombiniert, lässt sich ein Todschlagargument leicht zusammenschustern. Diese Methode wurde von den Stalinisten perfektioniert und wird auch von den bürgerlichen Feinden der Russischen Revolution angewandt – aber sie hat nichts mit echtem Bolschewismus zu tun. Was bauen wir auf und in welchem Stadium befinden wir uns? Die IMT widmet sich dem Aufbau einer revolutionären Massenpartei, die in der Lage ist, die Weltarbeiterklasse zur politischen und wirtschaftlichen Macht zu führen. Sobald unser Programm mit Millionen von Arbeitern verbunden ist und von ihnen bewusst umgesetzt wird, wird der gesamte Planet transformiert werden. Natürlich ist dies leichter gesagt als getan! Die Kunst des Parteiaufbaus liegt gerade darin, das revolutionäre Programm des Marxismus in eine Massenkraft zu verwandeln, die die Gesellschaft tatsächlich verändern kann. Das ist kein linearer Prozess. Während die DNA für eine erfolgreiche zukünftige Massenorganisation in einer politisch und organisatorisch gesunden kleinen Gruppierung enthalten sein mag, wächst die revolutionäre Partei nicht automatisch von klein über mittelgroß über groß zu massiv. Die IMT bezeichnet sich selbst als eine Strömung und nicht als Partei, eben weil wir in diesem Stadium genau das sind – eine internationale marxistische politische Strömung in der Arbeiter-, Jugend-, sozialistischen und anderen Bewegungen. Unser Ziel in jedem Land ist es, eine Partei – und letztlich eine Massenpartei – zu werden. Aber eine solche Partei kann nicht einfach ausgerufen werden. Wir haben die Bescheidenheit und den revolutionären Optimismus, um zu verstehen, dass wir nur der Embryo sind, aber dass wir unter bestimmten Bedingungen – und diese Bedingungen reifen schnell – rasch wachsen und zu einem entscheidenden Faktor im Klassenkampf werden können. Wie Trotzki in Bezug auf die entstehende Vierte Internationale schrieb:
Sobald eine sozialistische/kommunistische/Arbeiterpartei mit Massenbasis existiert, muss sie organisatorisch unabhängig sein. Jedoch ist eine Handvoll Marxisten, die die grundlegenden Fundamente für eine zukünftige kommunistische Massenpartei legen, nicht dasselbe wie eine kommunistische Massenpartei. Wir sind noch in einer Phase, in der wir einzelne gewinnen und sie in marxistischer Theorie und bolschewistischen Organisationsmethoden ausbilden. Ab einem bestimmten Stadium werden wir kleine Gruppen und schließlich hunderte und tausende gewinnen. Aber wir haben nicht die Hybris, uns zur Partei des Proletariats zu erklären oder mit anderen Parteien, Organisationen und Bewegungen in Beziehung zu treten, als ob wir diese Anerkennung durch die Arbeiterklasse bereits verdient hätten. Die verschiedenen „trotzkistischen“ Sekten hingegen glauben sich bereits als die Partei des Proletariats und des weltweiten Trotzkismus. Diese völlige Abkoppelung von der Realität verzerrt ihre Herangehensweise an die Arbeiterklasse und andere Formationen auf der Linken. Trotzki hat weitere wichtige Erkenntnisse über den Unterschied zwischen einer Strömung und einer Partei herausgearbeitet. Mitte der 1930er Jahre drängte er seine französischen Anhänger in der Kommunistischen Liga, sich der Französischen Sozialistischen Partei (SFIO) „zuzuwenden“, um mit der sich rasch radikalisierenden Schicht junger Menschen in Kontakt zu kommen, die dieser Partei beigetreten waren. Ziel war es, die zahlenmäßig schwachen Kräfte des Trotzkismus in eine größere Kraft zu verwandeln, indem man der SFIO beitrat und die besten Personen für ein revolutionäres Programm gewann. Es war dieselbe Sozialistische Partei, die bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Weltarbeiterklasse verriet. Aber es war nicht mehr 1914, sondern in den 1930er Jahren. Aufgrund der Launen der Geschichte wandten sich die klassenbewussten Schichten an die SFIO. Als Trotzki selbst beschuldigt wurde, das „Prinzip“ zu verraten, dass die Partei der Arbeiterklasse unabhängig sein müsse, antwortete er in einer Art FAQ in einem Artikel von 1934 mit dem Titel „Die Liga vor der Wendung“:
Mit anderen Worten: Wir brauchen Augenmaß. Wenn wir in der gegenwärtigen Aufbauphase auf einen bestimmten Arbeitsbereich orientieren, zum Beispiel auf die Bewegung um Bernie Sanders, kommt es nicht in Frage unser revolutionäres Programm zu verwässern oder die Partei der Arbeiterklasse den Parteien der Bourgeoisie unterzuordnen. Unser Ziel ist es derzeit, mit den fortschrittlichsten Schichten in Verbindung zu treten und sie für unser Programm und unsere Perspektiven zu gewinnen. Wo immer sie zu finden sind. Wie wir in Dutzenden von Artikeln erklärt haben und weiter unten noch einmal erklären werden, haben wir bei dieser Arbeit noch nie unseren Klassenstandpunkt fallengelassen. Hätten wir das getan – so wie das CWI es getan hat – hätten wir vorübergehend mehr Unterstützung gewinnen können. Aber diese Art von Opportunismus, würde den Tod der IMT als revolutionärem Embryo für die Zukunft bedeuten – wie es das CWI und andere herausfinden. Während unser allgemeines Ziel also darin besteht, die Grundlage für die Entstehung einer „revolutionären Partei“ zu legen, sind wir uns bewusst, dass wir uns noch in einem frühen Stadium der Entwicklung befinden und dass noch viele weitere Phasen der Entwicklung bevorstehen. Nichtsdestotrotz stellen wir den Embryo einer zukünftigen Partei dar. Unser Programm, auch wenn es vielleicht noch keine Verbindung zu den Massen herstellt, ist unser qualitativer Leitfaden, um immer tiefere Wurzeln in der Arbeiterklasse zu schlagen und in der Zukunft ein ernsthaftes quantitatives Wachstum zu erreichen. Die Bedeutung und der Nutzen des Programms Trotzki erklärte:
Und die Form, die das Programm in der Epoche des niedergehenden Kapitalismus annimmt, ist die des Übergangsprogramms. Hier erklärte Trotzki seine Übergangsmethode:
Vieles hat sich geändert, seit Trotzki diese Zeilen verfasst hat – zum Beispiel das zahlenmäßige Gewicht der Kleinbauern – aber die grundlegende Methode bleibt dieselbe. Die Demokratische Partei ist eine bürgerliche Partei, keine Arbeiterpartei – nie haben wir das Gegenteil behauptet. Dennoch haben sich viele Arbeiter jahrzehntelang mangels einer Alternative Illusionen in die Demokraten gemacht. Das ist eine Tatsache, ob es uns gefällt oder nicht. Und in dieser Epoche der verspäteten Weltrevolution müssen wir reformistische Sozialisten wie den „unabhängigen“ Bernie Sanders und die Redaktion des „Jacobin“ Magazins auf die Liste derer setzen, die Trotzki versucht hätte, „als verräterisch zu entlarven“, indem er systematisch „die alte Führung“ mit der Forderung angesprochen hätte: „Brecht mit der Bourgeoisie, übernehmt die Macht!“ In Dutzenden von Dokumenten und Artikeln haben wir erläutert, dass Sanders an der Spitze einer linken Massenbewegung steht, die auf verwirrte Art und Weise den Weg des geringsten Widerstands über eine „traditionelle“ Partei sucht. Das wird durch die Tatsache erschwert, dass diese Partei, welche von vielen Arbeitern gewählt wird, eine kapitalistische Partei ist. Sie gewinnt die Wahlunterstützung, indem sie den Arbeitern und Unterdrückten vormacht ihre Interessen zu berücksichtigen. Sie hat dadurch gewisse Erfolge, weil es bisher noch keine Massenpartei der Arbeiterklasse gibt. Allerdings können die Demokraten nicht gleichzeitig das Klasseninteresse der Bourgeoisie mit dem ihrer Wähler aus der Arbeiterklasse vereinbaren. Deshalb haben diese Prozesse das Potenzial, das Zweiparteiensystem zu zerreißen, wenn es der herrschenden Klasse aus den Händen gleitet. Ein ähnlich verworrener Prozess spielt sich auch im republikanischen Lager ab, das ebenfalls an Schichten der Arbeiterklasse appellieren muss, um Stimmen zu gewinnen. Wie können Marxisten in einer so verworrenen Situation die zunehmende Politisierung ausnutzen? Ohne in eine tatsächliche Unterstützung für irgendeine kapitalistische Partei oder einen kapitalistischen Politiker überzugehen, müssen wir versuchen, uns mit der Stimmung der Massen zu verbinden, um ihnen zu helfen, vollständig revolutionäre Schlussfolgerungen zu ziehen, angefangen bei den fortgeschrittenen Schichten. Dazu ist es notwendig, positive Forderungen zu stellen, d.h. zu erklären, wofür wir stehen, und nicht nur anzuprangern, wogegen wir sind. Die meisten Menschen lernen am besten durch Erfahrungen, nicht durch Vorträge. Wenn unsere völlig vernünftigen Forderungen von den Gewerkschaftsführern und Reformisten ignoriert oder abgelehnt werden, werden die Arbeiter beginnen, Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, wessen Interessen die Reformisten wirklich vertreten. Deshalb müssen wir uns freundlich und geduldig mit der Basis der Democratic Socialists of America (DAS) und mit denen befassen, die ehrliche Illusionen in Leute wie Sanders haben, weil sie noch keine Alternative sehen. Wie Trotzki im Übergangsprogramm erklärte:
Während sie in jedem Atemzug auf Trotzkis Übergangsprogramm schwören, gibt es in der Methode der Sektierer nichts Übergangsartiges. Diese Gruppierungen brauchen keine Brücke vom heutigen Bewusstsein zur Notwendigkeit einer sozialistischen Revolution. Sie halten es für ausreichend, die Notwendigkeit einer sozialistischen Revolution zu erklären. Sie haben weder die Fähigkeit noch das Interesse, mit Menschen in Verbindung zu treten, die nach links gehen. Alle ihre Theorien und Kritiken existieren im luftleeren Raum. Nehmen wir beispielsweise die Forderung der US-Sektion der IMT nach einer „sozialistischen Massenpartei der Arbeiterklasse“. Sektierer lehnen diese Formulierung ab, weil sie davon ausgehen, dass eine solche Partei reformistischen Charakter haben und daher nicht „rein“ sein wird. Dabei ist es fast unvermeidlich, dass eine solche Partei, wenn sie entsteht, reformistisch sein wird. Wann in der Geschichte ist eine Arbeitermassenpartei ausgerüstet mit einem sozialistischen Programm und bolschewistischen Methoden aus dem Nichts aufgetaucht? Selbst die Bolschewiki arbeiteten mehr als ein Jahrzehnt lang in derselben Partei wie die Menschewiki, bevor sie sich als unabhängige Partei herausbildeten. Wie Lenin in Bezug auf Revolutionen erklärte: „Wer eine ‚reine‘ soziale Revolution erwartet, der wird sie niemals erleben. Der ist nur in Worten ein Revolutionär, der versteht nicht die wirkliche Revolution.“ Dasselbe Grundprinzip gilt für die breitere sozialistische Bewegung und eine Arbeitermassenpartei in ihren Kinderschuhen. Engels hat dies bereits 1886 klar verstanden. Wie sein Brief an Florence Kelley-Wischnewetzky vom 28. Dezember 1886 zeigt:
Wenn es zu einem entscheidenden Bruch mit den Demokraten und Republikanern kommt und die Gewerkschaften ihre enormen Ressourcen und Millionen von Mitgliedern in den Aufbau einer klassenunabhängigen Partei stecken, wird dies eine wichtige Veränderung in der amerikanischen Politik bedeuten – auch wenn sie zunächst von Reformisten dominiert wird, die den Kapitalismus retten wollen. Es wird bedeuten, dass die Hauptpfeiler der bürgerlichen politischen Herrschaft aus dem Gleichgewicht geraten sind und dass die Massen in einem in der Geschichte der USA noch nie dagewesenen Ausmaß radikalisiert worden sind. Wir können nicht im Voraus genau vorhersagen, in welcher Form, in welchem Rhythmus oder in welcher Reihenfolge sich dieser Prozess entfalten wird. Aber wir können sicher sein, dass er den Marxisten enorme Möglichkeiten eröffnen wird. In den 1930er Jahren versuchte Trotzki, die Führung der amerikanischen SWP mit seiner Methode auszustatten: Das große strategische und prinzipienfeste Bild im Auge zu behalten und gleichzeitig jede noch so kleine taktische Gelegenheit zum Aufbau der Organisation zu ergreifen. Ein führender Kopf der SWP, Max Shachtman, spaltete sich nach rechts ab, da er nicht in der Lage war, die Dialektik zu begreifen. Er zog es vor, sich auf den Pragmatismus zu verlassen. Der folgende Austausch von 1938 über die Frage einer Arbeiterpartei verdeutlicht den mechanischen Ansatz Shachtmans und der als „trotzkistischen“ bezeichneten Sekten:
Wird es uns gelingen, die Gesamtheit der künftigen Arbeitermassenpartei für ein revolutionäres sozialistisches Programm zu gewinnen? Das ist unmöglich vorherzusagen. Selbst wenn nicht, hätten wir ein riesiges Feld, in dem wir arbeiten könnten, und würden nicht nur einzelne, sondern auch Gruppen überzeugen. Ob wir die Mehrheit gewinnen oder nicht, ist nicht die Frage. Wichtig ist, dass wir viele hundert oder tausend mehr Unterstützer hätten als heute. Das ist die Kunst des Parteiaufbaus. Aber für Gruppierungen wie die Internationalist Group ist dies ein Buch mit sieben Siegeln. Sektierer betrachten die Welt durch das starre Schema von „positiv“ oder „negativ“. Sie fetischisieren isolierte Tatsachen und trennen sie von gesamtgesellschaftlichen Prozessen ab. Sie sagen voraus, dass eine künftige Arbeitermassenpartei von Reformisten dominiert werden wird – eine leicht zu treffende Voraussage – und legen damit fest, dass sie ein „Minus“-Zeichen vor diese Partei setzen sollten, noch bevor sie überhaupt entsteht. Schließlich ist „reformistisch = schlecht“! Für Sektierer spielt es keine Rolle, dass Millionen von Arbeitern und Jugendlichen durch den Prozess des Aufbaus einer solchen Partei unweigerlich in die politische Aktivität gebracht würden – viele Tausende von ihnen wären bereit, sich einer Tendenz wie der IMT anzuschließen, die gegen die Reformisten für ein revolutionäres Programm kämpft. Tatsächlich ist all die Arbeit, die wir heute tun, eine Vorbereitung auf diese zukünftigen Kämpfe. Wir sind eindeutig gegen eine reformistische Arbeiterpartei. Wie Trotzki sagte, wäre es für uns „absurd“, dafür einzutreten. Aber ob eine solche Partei die Arbeiterklasse in reformistischen Bahnen halten kann oder nicht, wird letztlich von der Intervention der Marxisten abhängen. Wie man derzeit in der britischen Labour-Partei sehen kann, wird es ein lebendiger Kampf um den Einfluss innerhalb der Partei sein – und nicht etwas, das im Voraus festgelegt ist. Die Sektierer setzen unsere Forderung nach einer sozialistischen Massenpartei mit der Unterstützung des Reformismus gleich. Das ist das politische Niveau dieser Leute, die die Massen kampflos den Reformisten überlassen. Stattdessen begnügen sie sich damit, abstrakt „Recht zu haben“, während sie von der Seitenlinie aus uns selbstgerecht „falsche Sozialisten“ nennen. Durch solche Methoden wird das Verständnis von niemandem auch nur ein bisschen gefördert. Der Kampf gegen sektiererischen linken Radikalismus Opportunismus und Sektierertum sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Von beiden geht der stärkste Druck auf Marxisten aus, wenn sie in einer Bewegung arbeiten. Opportunismus ist die Suche nach Abkürzungen durch Klassenzusammenarbeit. Beim Sektierertum der Linksradikalen handelt es sich um die Furcht davor, sich mit der chaotischen Realität auseinandersetzen zu müssen, was zur Enthaltsamkeit von der realen Welt führt. Da der Reformismus auf dem Vormarsch ist, ist es unvermeidlich, dass einige Leute davor zurückschrecken und sich dem linken Radikalismus zuwenden, während sie sich selbst für große „Leninisten“ halten. Der Druck des Opportunismus hat oft einen Massencharakter – z.B. müssen wir den Argumenten des „kleineren Übels“ der Massenparteien, Organisationen und Medien entgegentreten. Sektierertum ist ebenso schädlich, auch wenn der Druck aus dieser Richtung im Vergleich dazu typischerweise gering ist. Dem Druck fremder Klassen muss widerstanden werden, ganz gleich, von welcher Seite des politischen Spektrums sie kommen. Lenin und Trotzki schrieben ebenso wie Marx und Engels ausführlich über das Sektierertum der Linksradikalen und über Opportunismus. Trotzki bemerkte einmal, dass ein Sektierer ein Opportunist ist, der Angst vor seinem eigenen Opportunismus hat. Es ist viel einfacher, ein „Hardliner“ und „unnachgiebig“ zu sein und es abzulehnen, etwas mit dem „Unreinen“ zu tun zu haben, als sich mit komplexen Phänomenen in der realen Welt auseinanderzusetzen. Nicht umsonst nannte Lenin linken Radikalismus eine „Kinderkrankheit“ – das Produkt von Unreife und anmaßender Angeberei. In seinem Artikel „Sectarianism, Centrism and the Fourth International“ charakterisiert Trotzki das Sektierertum wie folgt:
Und wie er im Übergangsprogramm erklärte:
Es lohnt sich auch, Trotzkis erhellenden Artikel über die Debatten, die die Spanische Revolution umgaben, ausführlich zu zitieren: „Über die ‚Ultralinken‘ im Allgemeinen und die unheilbaren im Besonderen“:
Sektierer lassen keine Gelegenheit aus, uns zu informieren, dass Marxisten „sagen sollten, was ist“. Dies ist das ABC. Aber es gibt noch ein paar andere Buchstaben im Alphabet. Wie Trotzki im obigen Zitat erklärte:
Trotzkis proletarische Militärpolitik Wo es ihnen vorteilhaft erscheint, zitieren Sektierer gerne Lenin, Trotzki und James Cannon, als ob ihre Schriften die Bibel wären. Aber wenn es unbequem ist, ignorieren sie glückselig oder lassen den historischen Kontext bei den Teilen außer Acht, mit denen sie nicht einverstanden sind. Die Frage der Proletarischen Militärpolitik (PMP), eine von Trotzki im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs entwickelte Politik, ist ein Paradebeispiel für eine Position, die sie ablehnen, weil sie Trotzki oder Lenins Methode nie verstanden haben. Stattdessen greifen sie auf Standardpositionen und Formulierungen aus der Vergangenheit zurück. Insbesondere beziehen sie sich mechanisch auf Lenins Politik des "revolutionären Defätismus" aus dem Ersten Weltkrieg, ohne den veränderten Kontext zu berücksichtigen, ohne dem veränderten Bewusstsein der Massen Rechnung zu tragen. Wie man den Zweiten Weltkrieg und die Masseneinberufung angehen sollte, war eine Schlüsselfrage, mit der sich Marxisten in den späten 1930er Jahren auseinandersetzen mussten. Die PMP wurde für eine bestimmte Situation und Zeit entwickelt, basierend auf einem dialektischen Verständnis davon, wie die Arbeiterklasse den Krieg gegen Hitler sah, während sie auch die Isolation und Schwäche der Revolutionäre gegenüber dem Rooseveltismus und Stalinismus berücksichtigte. Es versteht sich von selbst, dass wir heute nicht unbedingt unter allen Bedingungen genau dieselbe Politik verfolgen würden. Es ist die von Trotzki angewandte Methode, die uns interessiert – und die den „trotzkistischen“ Sekten völlig gleichgültig ist. Als der Krieg in Europa bereits tobte, bereitete sich der US-Imperialismus eindeutig darauf vor, im Namen der Alliierten einzutreten, und die herrschende Klasse peitschte den national-chauvinistischen Patriotismus auf, um die Massen auf eine noch nie dagewesene Mobilisierung von Soldaten und Industrieproduktion in Verbindung mit Austerität vorzubereiten. Obwohl die Ziele des Krieges eindeutig imperialistisch waren, verstanden Millionen von Arbeiterinnen und Arbeitern instinktiv, dass der Faschismus eine tödliche Bedrohung für ihre Klasse darstellte. Millionen waren bereit und sogar begierig darauf, „für die Freiheit zu kämpfen“, trotz der Entbehrungen und Gefahren des Krieges, nicht nur aus einer zynischen, bürgerlich-imperialistischen Perspektive, sondern aus einer Perspektive der Arbeiterklasse. Marxisten haben und können keine sentimentale oder pazifistische Einstellung zum Krieg haben, der die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist. Es versteht sich von selbst, dass wir imperialistische Kriege ablehnen. Aber es gibt auch einen Grund, warum wir die Losung haben: „Kein Krieg außer dem Klassenkrieg!“ Die von Trotzki aufgebaute Rote Armee benutzte Gewehre und Artillerie genauso wie eine bürgerliche Armee. Ihre Soldaten ertrugen Disziplin und erlitten Tod und Verstümmelung genauso wie die Soldaten einer bürgerlichen Armee. Aber ihre Klassenbasis war grundlegend anders. Das ist es, was sie fortschrittlich machte. Sie repräsentierte die einzige historisch fortschrittliche Klasse, die Arbeiterklasse, welche die armen Bauern und unterdrückten Nationalitäten in einen revolutionären Krieg gegen die Kapitalisten, Großgrundbesitzer und den Imperialismus führte. Es gibt einen Grund, warum Trotzki später das bürgerlich-demokratische Grundrecht auf Asyl von jedem Land in Europa verweigert wurde, als er aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde. Er war der Architekt einer „neuen Musterarmee“ des Proletariats – ein unverzeihliches Verbrechen! Die herrschende Klasse profitiert davon, eine unbewaffnete Arbeiterklasse ohne militärische Ausbildung zu haben. Das macht es der „besonderen Formation bewaffneter Menschen“ leichter, die Massen zu unterjochen. Die Vorstellung von bewaffneten Massen erschreckt die Bourgeoisie. Die Geschichte zeigt immer wieder, dass sie lieber einen Pakt mit ihren imperialistischen Rivalen ausarbeitet, als die Arbeiterinnen und Arbeiter zu bewaffnen (siehe z. B. die Pariser Kommune). Es ist kein Zufall, dass die Entwaffnung der Arbeiterklasse und der armen Bauern die oberste Priorität der bürgerlichen Ordnungskräfte ist, wann immer sie die Kontrolle über Gebiete wiederherstellen, die von bewaffneten Partisanen befreit wurden, zum Beispiel im Nachkriegsitalien oder -frankreich. Aber aufgrund des Ausmaßes der Bedrohung durch den Faschismus und den japanischen Imperialismus war die herrschende Klasse der USA gezwungen, Millionen von Arbeiterinnen, Arbeitern und Kleinbauern zu bewaffnen und auszubilden. Aber sie wollten es zu ihren Bedingungen und ihren Interessen tun. Zum Kontext der Situation kam die Schwäche der revolutionären Führung hinzu. Das heißt, die Marxisten waren nicht in der Lage, Franklin D. Roosevelt durch eine revolutionäre Regierung der Arbeiterklasse zu ersetzen, bevor die USA in den Krieg eintraten. Die USA würden so oder so in den Krieg eintreten, trotz der Opposition der Marxisten. Angesichts dieser Realität stellte sich die Frage, wie man sich am besten mit den Arbeitern im Zusammenhang mit der Massenbegeisterung für den Kampf gegen den Faschismus verbinden konnte. Wie untergräbt man am besten die Kontrolle, die die Kapitalisten über die Soldaten hatten, auf die sie sich verließen, um ihre imperialistischen Ziele durchzusetzen? Wie kann man dies tun und sich gleichzeitig auf die fast unvermeidliche revolutionäre Welle nach dem Krieg vorbereiten, auf die Zeit, in der der innerimperialistische Krieg in einen Krieg zwischen den Klassen verwandelt werden könnte? Trotzki erklärte dies in einem Brief vom 9. Juli 1940 an den SWP-Führer Albert Goldman:
Im September 1940, nur einen Monat nach Trotzkis Ermordung und noch unter seinem politischen Einfluss, verabschiedete die SWP eine „Resolution zur proletarischen Militärpolitik“. Darin fasste sie die PMP zusammen:
Wenn die revolutionären Marxisten nicht in der Lage sind, eine Alternative für die Arbeiterklasse anzubieten, und die herrschende Klasse uns ihre Alternative aufzwingt, müssen wir trotzdem Wege finden, revolutionäre Ideen unter den Arbeitern zu wecken. In ähnlicher Weise sind wir keineswegs „für“ die bürgerliche Demokratie. Aber wenn wir sie noch nicht durch die Arbeiterdemokratie ersetzen können, würde uns die Enthaltung von bürgerlichen Wahlen „aus Prinzip“ – wie es viele Anarchisten tun – von denen isolieren, die durch solche Wahlen politisiert werden. Ohne irgendwelche Illusionen in diese Institutionen, Parteien oder Politiker zu schüren, nutzen wir diese Gelegenheiten, um revolutionäre Ideen zu wecken und Samen zu pflanzen, die Früchte tragen werden, sobald die Erfahrungen die Menschen von ihren Illusionen befreien. Sekten wie die Spartacist League und die Internationalist Group lehnen die PMP rückwirkend ab. Mit ihrem typisch mechanischen Ansatz beschuldigen sie Trotzki und Cannon des Reformismus und Sozialpatriotismus und behaupten, die PMP sei „anti-leninistisch“. Sie zitieren sogar Max Shachtman wohlwollend gegen Cannon:
Revolutionäre Marxisten wissen ganz genau, dass der bürgerliche Staatsapparat nicht reformiert werden kann. Der Staat ist ein organisierter Ausdruck von Klassengewalt. Es gibt einen Grund, warum wir Lenins „Staat und Revolution“ als Pflichtlektüre für alle neuen Mitglieder empfehlen. Aber in der vereinfachten Weltsicht der Sektierer reicht es aus, darauf hinzuweisen, dass „das Proletariat die Organe der bürgerlichen Staatsmacht zerschlagen muss, um eine sozialistische Revolution durchzusetzen“ – als ob das eine große Offenbarung oder das Ende der Geschichte wäre. Sie lassen nur ein kleines Detail aus: Wie sollen wir diese richtige Idee in eine Realität für die Massen verwandeln? Sie beschönigen die unbequeme Tatsache, dass selbst die korrekteste Idee oder das korrekteste Programm wirkungslos ist, wenn sie sich nicht mit den Massen verbindet. Max Shachtman war ein kleinbürgerlicher Intellektueller mit einer ablehnenden Haltung zum dialektischen Materialismus. Er vertrat den Pragmatismus anstelle der Dialektik als Anleitung zum Handeln und schwenkte schließlich weit nach rechts und unterstützte sogar die Schweinebucht-Invasion des US-Imperialismus auf Kuba. Obwohl die Sekten die offen reaktionären Positionen, die Shachtman später einnahm, offensichtlich ablehnen, ist es eine Tatsache, dass sie genau dieselbe antidialektische, „pragmatische“ Methode anwenden. Nach Trotzkis Tod verlor Cannon in vielen wichtigen Fragen völlig die Orientierung und er hat reichlich Kritik für seine Rolle beim Untergang der Vierten Internationale verdient. Cannons tatsächliche Umsetzung des PMP spiegelte seinen Mangel an einem dialektischen Verständnis des Problems wider. Aber der von Trotzki formulierte Ansatz war voller Potenzial und zumindest versuchte Cannon ihn auszuführen. Und dennoch lehnen die Sekten ihn für eine der Positionen ab, in der er formal richtig lag. Ein positives Beispiel, wie die PMP erfolgreich umgesetzt wurde, ist die inspirierende Arbeit von Ted Grant und seinen Genossen in Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs. Diese ist detailliert beschrieben in „Ted Grant – The permanent revolutionary“ von Alan Woods, der „History of British Trotskyism“ von Ted selbst und in Artikeln wie „Reply of WIL to the RSL criticism of ‚Preparing for Power‘“ von 1943. In diesem wichtigen Text wiederholt Ted Trotzkis Ansatz und erklärt:
In einer der Schriften, auf die sich Ted bezog, dem treffend betitelten Artikel „Lernt denken“, wetterte Trotzki scharf gegen die Sektierer:
Während der Krieg länger dauerte, als Trotzki ursprünglich erwartet hatte – zum großen Teil aufgrund der heroischen Opfer der sowjetischen Arbeiter – brachen sowohl während als auch nach dem Krieg revolutionäre Stimmungen in den Massen und Möglichkeiten für die sozialistische Revolution aus. Doch wieder bedeutete das Fehlen einer starken marxistischen Führung, dass das Potenzial nicht verwirklicht wurde. Die Stalinisten und Sozialdemokraten retteten erfolgreich den Kapitalismus. Aber wer kann das Potenzial leugnen, das nicht nur in Europa, sondern auch in weiten Teilen Asiens, des Nahen Ostens und darüber hinaus existierte? Selbst das US-Militär erlebte eine Welle von Streiks und Protesten, die an eine Massenmeuterei grenzte und die herrschende Klasse verunsicherte. Nachdem der Faschismus und der japanische Imperialismus besiegt waren, wollten die Soldaten so schnell wie möglich wieder nach Hause. Das wird in dem Artikel „Lessons of the Post-WWII Soldiers‘ Movement: the Strikes of 1945-46“ ausführlich beschrieben. Wir sind berechtigt zu fragen: Hätten die „orthodoxen trotzkistischen“ Sekten diese Welle des Widerstands durch die „Arbeiter und armen Bauern in Uniform“ unterstützt? Hätten sie an die „Formationen bewaffneter Menschen“ appelliert, wirtschaftliche und soziale Forderungen zu erheben, wie Vollbeschäftigung mit gewerkschaftlicher Vertretung, und dass die heimkehrenden Soldaten ihre Waffen behalten dürfen? Da sie Trotzkis Ansatz, sich auf den Prozess der militärischen Massenmobilisierung der Arbeiterklasse einzulassen, rückwirkend denunziert haben – um nicht „Illusionen in den Reformismus zu schüren“ – können wir vermuten, dass sie ihre Mitglieder angewiesen hätten, sich der Einberufung zu diesem Zeitpunkt zu entziehen. Somit wären sie nicht in der Position gewesen, die Nachkriegs-Soldatenbewegung zu unterstützen, selbst wenn sie sie unterstützt hätten. Das ist das Schicksal der Sektierer: so „radikal“ in der Theorie, so ohnmächtig in der Praxis. Wie Trotzki in einem Brief bemerkte: „Sekte ist ein Begriff, den ich nur für eine Organisation von der Art verwenden würde, die aufgrund ihrer falschen Methodik für immer dazu verdammt ist, am Rande des Lebens und des Kampfes der Arbeiterklasse zu verbleiben.“ (Writings of Leon Trotsky [1930], S. 383, eigene Übersetzung) Zur Frage der Polizei Einer der Hauptangriffe auf die IMT durch die linksradikalen Sektierer ist, dass wir angeblich „Polizisten lieben“. Sie zitieren vor allem zwei Artikel, einen von den britischen Genossen und einen von den Kanadiern, und verwenden völlig aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, um zu „beweisen“, dass die IMT die marxistische Grundposition zum Staat verraten hat. Wie ist es wirklich? Wie oben erwähnt, ist Lenins Position in „Staat und Revolution“ – die auf Engels' Schriften basiert – unsere Grundlage, und wir legen großen Wert darauf, die Genossen in diesem klassischen Werk des Marxismus zu unterrichten. In Dutzenden von Artikeln, z. B. in dem sehr empfehlenswerten „Marxismus und der Staat“, machen wir Folgendes klar:
Ohne den repressiven Staatsapparat könnten die Kapitalisten ihre Herrschaft nicht einen einzigen Tag lang aufrechterhalten. Sie benötigen eine besondere Kraft mit besonderen Befugnissen und Privilegien – einschließlich der Macht, tödliche Gewalt anzudrohen und anzuwenden – um die Mehrheit auf Linie zu halten. Als gesellschaftliche Kraft ist die Polizei eindeutig Teil der „besonderen Formationen bewaffneter Menschen“, die das Privateigentum an den Produktionsmitteln und den persönlichen Reichtum derjenigen verteidigen, die den Löwenanteil davon besitzen. Allein der Anblick der Polizei bringt das Blut von Millionen armer und arbeitender Menschen zum Kochen. Wie wird zu Recht als die Personifizierung der institutionellen Unterdrückung und Ungerechtigkeit des Systems angesehen wird. Rassismus, Korruption, Frauenfeindlichkeit, Brutalität und Autoritätsmissbrauch sind in den Polizeibehörden der USA und der ganzen Welt weit verbreitet. Revolutionäre Marxisten würden niemals die Idee äußern, dass Arbeiter sich auf den kapitalistischen Staatsapparat, einschließlich der Polizei, verlassen können, um sie oder ihre Interessen zu verteidigen. Dies ist unser Ausgangspunkt. Aber wenn die Theorie auf die reale Welt prallt, können die Dinge viel komplizierter werden. Besonders in außergewöhnlichen Momenten ist es nicht so einfach, zu einer korrekten Position zu gelangen, indem man selbstgerecht ein paar Sätze von Lenin nachplappert. Die Beziehungen zwischen und innerhalb der Klassen sowie die Beziehungen zwischen und innerhalb der verschiedenen Schichten der realen gesellschaftlichen Formationen sind dialektisch, komplex und dynamisch. Daraus folgt, dass Marxisten erkennen, dass der Staatsapparat kein Monolith, nicht homogen und nicht unempfindlich gegenüber dem Klassendruck und den Stimmungen der Gesellschaft ist. Um in einer bestimmten Situation zu einer richtigen Position zu gelangen, müssen wir unsere Analyse mit einem konkreten Blick auf die grundlegenden Klassenverhältnisse beginnen. Die eigene Klasse wird vor allem durch das Verhältnis zu den Produktionsmitteln bestimmt. Für die beiden Hauptklassen ist das Verhältnis klar: Die Kapitalisten besitzen die Produktionsmittel und beuten die Arbeitskraft aus, um Profite zu erwirtschaften, Die Arbeiter, die nichts besitzen außer ihrer Fähigkeit zu arbeiten, müssen ihre Arbeitskraft für einen Lohn verkaufen. Sie arbeiten mit den Produktionsmitteln, die anderen gehören und von ihnen kontrolliert werden. Aber es gibt noch andere Klassen und Schichten in der modernen Gesellschaft. Das Kleinbürgertum umfasst diejenigen, die sowohl selbst arbeiten als auch Arbeit ausbeuten, die etwas Eigentum besitzen oder kontrollieren, aber im Großen und Ganzen von den großen Banken und anderen Unternehmen, die die Wirtschaft dominieren, abhängig sind und/oder bei ihnen Schulden haben. Es gibt auch das Lumpenproletariat, „deklassierte“ Individuen, die vielleicht einmal Mitglieder der einen oder anderen Klasse waren, die aber jetzt keine klare Beziehung mehr zu den Produktionsmitteln haben, die als „Kriminelle“ oder von Almosen leben. Es gibt auch diejenigen, die in jeder Hinsicht, legal oder illegal, als Zwangsarbeiter oder Sklaven gehalten werden. Wo also passt die Polizei hinein? Die Polizei besitzt weder die Produktionsmittel noch arbeitet sie mit ihnen. Sie wird in erster Linie aus Steuereinnahmen bezahlt, die hauptsächlich von der Arbeiterklasse und dem Kleinbürgertum erhoben werden. Als solche sind sie keine Arbeiter im wissenschaftlichen Sinne. Aber sie sind auch keine Kapitalisten, Kleinbürger, Lumpenproletarier, Zwangsarbeiter oder Sklaven. Viele von ihnen identifizieren sich stark mit der herrschenden Klasse und glauben an deren Version von „Recht und Ordnung“. Viele haben eine kleinbürgerliche Einstellung und sehen sich selbst als „über“ dem Rest der Gesellschaft stehend, obwohl sie dies nicht aus der Perspektive der marxistischen Theorie des Staates verstehen. Andere haben eine völlig deklassierte, lumpenproletarische Anschauung. Sie missbrauchen oft ungestraft ihre Macht unverhohlen und beteiligen sich selbst an Korruption und illegalen Aktivitäten. Was jedoch ihr tägliches Leben und ihre Lebensbedingungen betrifft, so stehen die meisten einzelnen Polizisten der Arbeiterklasse näher. Sie leben in Arbeitervierteln, haben Ehepartner aus der Arbeiterklasse und schicken ihre Kinder auf Schulen der Arbeiterklasse. Sie arbeiten für einen Lohn, von dem ihre Familien abhängen, um die Miete oder Hypothek, die Raten für das Auto, die Kreditkarten, die Studienschulden usw. zu bezahlen. Viele einzelne Polizisten identifizieren sich eindeutig und sogar mit Stolz als Teil der „Arbeiterklasse“ – manchmal weit mehr als viele Angestellte. In diesem Sinne können sie innerhalb bestimmter Grenzen als „Arbeiter“ betrachtet werden, obwohl wir nicht behaupten würden, dass sie Teil der Arbeiterklasse sind. Auch wenn dies vielleicht nicht in das starre gesellschaftliche Schema der Sektierer passt, ist es eine Tatsache. Außerdem gibt es ein Spektrum bei den Strafverfolgungsbehörden: vom Kleinstadtpolizisten, Bezirksgerichtsvollzieher, NYPD-Schulsicherheitsbeamten und Gefängniswärter bis hin zu den State Troopers, FBI, Secret Service usw. Die meisten Arbeiter, aber sogar auch die am meisten unterdrückten und lumpenproletarische Elemente neigen dazu, diese Unterscheidungen zu erkennen. Der Polizist aus der Nachbarschaft, mit dem sie zur Schule gegangen sind, wird wahrscheinlich anders betrachtet – und behandelt – als die Bereitschaftspolizei, die aus einem anderen Zuständigkeitsbereich angefordert wird, um einen Streik oder eine Protestbewegung niederzuschlagen. Aber auch damit ist die Frage noch nicht erschöpft. Die Klassenperspektive wird nicht automatisch durch die Herkunft oder den Status der Klasse bestimmt, obwohl dies eine wichtige Rolle spielt. Zum Beispiel sind nicht alle Arbeiter bewusste und kämpferische Klassenkämpfer. Unter dem Druck und den Bedingungen, die in weiten Teilen der USA herrschen, nehmen viele Arbeiter eine kleinbürgerliche Haltung ein. Sie bewundern die Milliardäre als „Selfmade“-Männer und -Frauen, die sich ihren Reichtum „aufrichtig“ verdient haben. Sie denken, den Superreichen sollte man nacheifern und sie verehren – nicht, dass sie gehasst und gestürzt gehören – zumindest noch nicht. Manche Kleinbürger sind gewissenhaft und bezahlen und behandeln ihre Arbeiter recht gut. Andere schauen auf ihre Angestellten herab, schikanieren sie und behandeln sie wie bloßes Kanonenfutter für die Ausbeutung. Einige, wie Marx und Trotzki, taten alles, um die Sache der Arbeiterklasse und der sozialistischen Revolution zu fördern. Und es gibt sogar seltene Fälle, in denen einzelne Bourgeois – wie Engels – sich dazu entschieden, völlig auf die Seite der Arbeiterklasse überzugehen. Die meisten einzelnen Polizisten treten der Polizei bei, nicht weil sie überzeugte prokapitalistische Ideologen sind, die sich ihrer Rolle als Verteidiger der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse klar bewusst sind, sondern weil sie keine anderen Berufsaussichten haben. Oder sie haben ehrliche Illusionen, dass sie als Polizisten, „ihrer Gemeinde helfen“ oder sogar „den Rassismus bekämpfen“. Wie klassifiziert man einen ehemaligen Automobilarbeiter, der Polizist wird? Oder ein Polizist, der ein Automobilarbeiter wird? „Einmal ein Polizist, immer ein Polizist?“ „Einmal ein Fabrikarbeiter, immer ein Fabrikarbeiter?“ Dann gibt es noch die privaten Wachleute, die Bahnpolizei und die Vollzugsbeamten in privaten Gefängnissen, die nicht direkt für den Staat arbeiten. Es gibt auch Whistleblower innerhalb des staatlichen Sicherheitsapparates, vom FBI bis zur NSA, die von Zeit zu Zeit aus der Reihe tanzen und eine Gefängnisstrafe riskieren, um der Welt zu sagen, was sie über die verlogenen Aktivitäten ihrer Behörden wissen. All das passt nicht in die „Schwarz-Weiß“-Schablone des Sektierers, aber so sind die Umstände in der realen Welt nun einmal. Das Leben und die Gesellschaft sind widersprüchlich und wir müssen uns mit den Gegebenheiten befassen, wie sie sind, nicht wie wir sie gerne hätten. Das Ziel einer Klassenanalyse ist nicht, jedes Individuum in der Gesellschaft zu kategorisieren und in eine Schublade zu stecken. Das wäre aufgrund der vielen unscharfen Bereiche, die es gibt und die sich ständig verändern, unmöglich. Vielmehr müssen wir die breiteren Klasseninteressen, Kräfte, Prozesse und Dynamiken betrachten. Es ist für diejenigen, die in einer pseudo-leninistischen Fantasiewelt leben, unverständlich, aber von allen Institutionen haben die Amerikaner laut einer Gallup-Umfrage nur „sehr viel Vertrauen“ in das Militär (74 Prozent), das Kleingewerbe (67 Prozent) und die Polizei (54 Prozent). Zum Vergleich: Die Zustimmung für den Kongress liegt bei elf Prozent, für den Präsidenten und den Obersten Gerichtshof bei 37 Prozent. Während Marxisten ihre grundlegenden Positionen nicht auf Gallup-Umfragen und das episodische Fehlen einer Klassenperspektive bei den Massen stützen, müssen diese Arten von Stimmungen erklärt und berücksichtigt werden. Während der Ereignisse in Ferguson und des Aufstiegs von #BlackLivesMatter hat der Fokus auf den Polizeiterror in den Vierteln armer Schwarzer und Latinos, das Vertrauen in die Polizei allgemein gesenkt. Aber wenn solche zügellose Brutalität in den Medien gerade nicht hervorgehoben wird, tendiert die allgemeine Ansicht in eine positive Richtung. Wie ist das zu erklären? In dieser Welt des Mangels und der Entfremdung gibt es einige schreckliche Menschen. Die meisten normalen Arbeiter denken, dass es eine gute Sache ist, wenn es eine Kraft gibt, die sie vor solchen Menschen „schützt“ und dass diese von den „guten“ Menschen in der Gesellschaft ferngehalten werden. Für die meisten Menschen ist die Idee, Gefängnisse abzuschaffen gleichbedeutend damit, „alle Mörder und Kinderschänder freizulassen“ – und das macht ihnen Angst. Im Zeitalter der nicht enden wollenden Schulschießereien sind viele Menschen für bewaffnete Polizisten in Schulen. Das alles wird durch die Massenmedien und die „Teile und Herrsche“-Strategie der herrschenden Klasse noch verschärft. Die Realität ist, dass es selbst in den frühen Tagen eines Arbeiterstaates eine Art von Polizei und sogar Gefängnisse geben würde. Die Probleme der alten Gesellschaft würden sich nicht über Nacht verflüchtigen. Allerdings würden diese Einrichtungen demokratisch von den Arbeitern im Interesse der Mehrheit geführt werden. Interessanterweise ergab die oben zitierte Gallup-Umfrage auch, dass nur 22 Prozent der Befragten „sehr viel“ Vertrauen in das Strafrechtssystem haben, was zeigt, dass es ein gesundes Misstrauen gegenüber dem institutionell rassistischen und unterdrückerischen Justizsystem als Ganzes gibt. Daneben werden diejenigen, die dieselben Gesetze und Institutionen tatsächlich durchsetzen und verteidigen, anders gesehen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die meisten Polizisten und Soldaten mit jemandem verwandt oder persönlich bekannt sind. Von vielen, die sie kennen und um ihr Wohlergehen besorgt sind, werden sie sogar als „Helden“ angesehen. Oder betrachten wir das Beispiel der „cops for labor“ (Polizisten für die Arbeiterbewegung) während des „Wisconsin-Aufstandes“ im Jahr 2011. Wie unsere Genossen damals berichteten:
In einem anderen Artikel, „Wisconsin Shows How to Fight Austerity!“, haben wir festgestellt:
Am Ende musste die State Patrol, die geografisch und operativ weiter von der lokalen Bevölkerung in Madison entfernt ist, und die eindeutig mehr reaktionäre Individuen in ihren Reihen hat, hinzugezogen werden, um den Rundbau des Kapitols zu räumen. Das Problem in Wisconsin war nicht die Existenz von Polizeigewerkschaften, sondern dass die Gewerkschaftsführung den Demokraten hinterherlief, die alles in ihrer Macht stehende taten, um die Bewegung einzudämmen und zu begrenzen. Am Ende ließen die Demokraten lieber zu, dass Walker im Amt bleibt, als selbst von der steigenden Flut einer klassenbewussten Massenbewegung an die Macht gedrängt zu werden. Wir schrieben während der Occupy-Wall-Street-Bewegung:
Oder nehmen wir das Beispiel der tunesischen Revolution. Damals erklärten wir:
All dies soll verdeutlichen, dass die Frage der Polizei ein komplexes und vielseitiges Thema ist. Wie können wir also das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen? Wie immer ist unser Ausgangspunkt die Frage, ob etwas die Einheit, das Vertrauen und das Bewusstsein der Arbeiterklasse stärkt oder nicht. Wenn dies der Fall ist, unterstützen wir es; wenn nicht, lehnen wir es ab. Als logische Konsequenz daraus können wir hinzufügen, dass wir das unterstützen, was den Zusammenhalt und das Vertrauen der herrschenden Klasse und derer, auf die sie sich stützt, um ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten, untergräbt. Die Dialektik zeigt, dass Widersprüche überall existieren – auch im bürgerlichen Staatsapparat. Zwischen den Individuen, die die Funktionen des Staates ausüben, und ihren Herren kann und wird es zu Streitigkeiten kommen. In vielen Fällen sind die Auseinandersetzungen von reaktionärem Charakter. Ein Beispiel: Vor ein paar Jahren gingen einige Insassen des berüchtigten Rikers-Island-Gefängnisses in New York City vor Gericht, um über Misshandlungen durch Gefängniswärter auszusagen. Die Gewerkschaft der Strafvollzugsbeamten organisierte eine Arbeitsniederlegung, um diese Leute an der Aussage zu hindern. Das war ein reaktionärer Streik und wir waren komplett dagegen. Aber es gibt andere, außergewöhnliche Anlässe, wenn die „Formationen bewaffneter Menschen“ die herrschende Klasse konfrontieren und Forderungen an sie stellen, wie es während der Soldatenstreiks nach dem Zweiten Weltkrieg geschah. Oder wenn die Polizei oder Gefängniswärter für höhere Löhne und/oder bessere Bedingungen für sich und die von ihnen bewachten Gefangenen streiken. Im Zusammenhang mit den laufenden Angriffen auf die Beschäftigten des öffentlichen Sektors können diese Kämpfe Auswirkungen auf die breitere Arbeiterklasse haben, wie es beim wilden Streik der Gefängniswärter in Alberta der Fall war. Sollten die Arbeiter in solchen Konflikten die Streikenden ermutigen und versuchen, die Arbeitskämpfe auf den öffentlichen und privaten Sektor im Allgemeinen auszuweiten und auf breitere Forderungen zu drängen? Oder sollten sie die Position der Sekten übernehmen und den Rest des bürgerlichen Staates in seinem Bestreben unterstützen, die Streikenden zu zerschlagen? Fördert es nicht die Interessen der Arbeiterklasse, wenn die Kräfte, auf die die Kapitalisten zur Einschüchterung und Unterdrückung angewiesen sind, gespalten, demoralisiert, nicht mehr fraglos loyal oder sogar in offener Auflehnung sind? Wir haben keinen pauschalen Ansatz. Während wir die Vernetzung der Polizeigewerkschaften mit dem Rest der Arbeiterbewegung unterstützen, insofern dies in bestimmten Fällen den bürgerlichen Staat schwächen kann, sind wir nicht dafür, den Polizeigewerkschaften irgendwelche reaktionären Zugeständnisse zu machen, um sie unter dem Dach der organisierten Arbeiterbewegung zu halten. Ebenso unterstützen wir nicht automatisch jeden Streik oder jede Massenbewegung. Es hängt von den konkreten Umständen ab. Als Beispiel sei der Truckerstreik von 1972 gegen die Allende-Regierung in Chile genannt, der von der CIA orchestriert wurde, um den Druck zu erhöhen, die Regierung zu stürzen. In diesem Gesamtzusammenhang müssen wir die Position der IMT zu Polizei- und Gefängniswärtergewerkschaften und Streiks verstehen. Zunächst einmal wird jeder, der unser Material objektiv liest, sehen, dass die überwiegende Mehrheit der Verweise auf die Polizei sich darauf konzentriert, ihre Funktion als Teil des kapitalistischen Staatsapparats zur Verteidigung der kapitalistischen Interessen zu erklären. Nur in seltenen Ausnahmefällen, wenn Konflikte innerhalb des Staatsapparats ausbrechen, gehen wir konkret auf die Frage von Polizei- oder Gefängniswärtergewerkschaften und Streiks ein. Wenn die Polizei ihre Arbeit niederlegt und sich weigert, als Repressionswerkzeug benutzt zu werden, sollen wir dann ignorieren, dass sich die Situation geändert hat? Wenn sich Risse im Staatsapparat abzeichnen, sollen wir dann versuchen, diese Risse zu vergrößern und die Fesseln der Disziplin weiter zu lockern, oder sollen wir das nicht tun? Wenn die Polizei auftaucht und den Befehl erhält, eine Streikpostenkette zu durchbrechen, werden sie dann eher die Disziplin brechen, wenn sie von den streikenden Arbeitern als Gewerkschaftskollegen angesprochen werden – oder wenn ihnen sofort gesagt wird: „F*ckt euch, ihr Schweine! Bullen raus aus der Arbeiterbewegung!“? Wenn im Kontext eines verschärften Klassenkampfes oder einer revolutionären Situation auch nur ein kleiner Teil des Repressionsapparats durch gewerkschaftsübergreifende Verbrüderung neutralisiert werden kann, wäre das unserer Meinung nach eine gute Sache – und die meisten Arbeiter würden zustimmen. Es ist viel besser, einige, wenn nicht alle Polizisten davon abzuhalten, den Arbeitern die Köpfe einzuschlagen, indem man den Druck einer Massenbewegung nutzt, um die Kräfte der Repression zu spalten. Die „trotzkistischen“ Sektierer lieben es, über „leninistische Prinzipien“ zu schwadronieren – vor allem, weil die meisten von ihnen kleinbürgerliche Professoren und Studenten sind, die nie in den Genuss einer polizeilichen Anzeige kommen werden. Schauen wir uns einige konkrete Beispiele aus den Schriften der IMT an, beginnend mit „Der ‚Geist von Petrograd?‘ Die Polizeistreiks von 1918 und 1919 in Großbritannien“. Anstatt ein paar Zeilen aus dem Zusammenhang zu reißen, wie es die Linksradikalen tun, werden wir etwas ausführlich zitieren:
Es war in Bezug auf diese Ereignisse, dass wir (etwas scherzhaft) von „bolschewistischen Bobbies“ sprachen, als 25.000 wütende Polizisten 2008 durch London marschierten, im breiteren Kontext der zunehmenden Austerität und des verschärften Klassenkampfes. Es hat jedoch den Anschein, dass die Linksradikalen, weil sie „prinzipiell“ gegen Polizeigewerkschaften sind, die Bemühungen des britischen Imperialismus zur Niederschlagung der Streikenden von 1918/19 gutheißen. Das Ergebnis des Streiks war, diejenigen in der Polizei zu schikanieren, die mehr mit den Arbeitern sympathisierten, und sicherzustellen, dass diejenigen, die in der Polizei blieben, dem kapitalistischen Staat gegenüber überloyal waren. War das ein positives Ergebnis für die Arbeiterklasse? Das Problem 1918-19 waren nicht die Polizeigewerkschaften, sondern das genaue Gegenteil – die Tatsache, dass die Polizei eine Gewerkschaft gründen wollte. Die Bourgeoisie war dagegen, feuerte alle Streikenden und entzog ihnen ihre Pensionen – eine harte Botschaft für jeden, der es wagt, sich gewerkschaftlich zu organisieren oder der herrschenden Klasse zu trotzen. Bis heute verbietet das britische Gesetz der Polizei, normalen Gewerkschaften beizutreten. Warum ist das so? Warum wurde der Streik der Gefängniswärter in Alberta ebenfalls von der herrschenden Klasse bekämpft und angegriffen? Nur ein verstockter Sektierer könnte nicht verstehen, dass die herrschende Klasse diese Bewegungen als Bedrohung ansieht, weil sie sich ausbreiten könnte. Und doch finden sich die „reinen“ Sektierer auf derselben Seite der Barrikaden wie der bürgerliche Staat und wiederholen gebetsmühlenartig ihr Mantra: „Keine Polizeigewerkschaften!“ Ein weiteres klassisches Beispiel für die zusammengewürfelte Verwendung von Zitaten durch die Sektierer ist das folgende Fragment aus Trotzkis Schrift, das als das „letzte Wort“ zur Frage der Polizei präsentiert wird: „Die Arbeiter, die Polizisten im Dienst des kapitalistischen Staates geworden sind, sind bürgerliche Polizisten und nicht Arbeiter.“ Dieses Zitat stammt aus einer wichtigen Broschüre, „Was Nun?“, die Trotzki 1932 schrieb und die sich mit dem Kampf gegen den Faschismus in Deutschland beschäftigt. Wenn man es in seinem Kontext liest, ist der Zweck des Artikels glasklar. Trotzki kritisierte die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), weil sie die Arbeiter nicht gegen die Faschisten mobilisierte. Stattdessen drängte die SPD die Arbeiterklasse dazu, sich zum eigenen Schutz, auf den bürgerlichen Staat und die Polizei zu verlassen. Das Ziel der SPD-Führung war es, den Klassenzusammenhalt und den Kampfgeist der Arbeiter zu untergraben und Illusionen in die bürgerliche „Rechtsstaatlichkeit“ zu schüren – um den Kapitalismus zu verteidigen. Sie wussten, dass vor dem Hintergrund der tiefen Krise des deutschen Kapitalismus und der revolutionären Erfahrung von nur wenigen Jahren zuvor, wenn die Arbeiter zu den Waffen griffen, um die Faschisten zu bekämpfen, die Dinge außer Kontrolle geraten könnten und den Kapitalismus gefährden würden. Wir stimmen zu 100 Prozent mit Trotzki überein: Die Arbeiterklasse kann sich nicht auf den bürgerlichen Staat verlassen, um die Interessen der Arbeiter gegen die Faschisten zu verteidigen. Wir können uns nur auf unsere eigene Klasse und unsere Organisationen verlassen. Wie wir alle wissen, führte der Verrat der SPD-Führung – zusammen mit dem der Stalinisten – letztendlich zum Aufstieg Hitlers. Was Trotzki hier jedoch nicht diskutierte, war eine Situation, in der die Polizei in Aufruhr ist oder sich anderweitig gegen ihre Herren stellt. Trotzki diskutierte nicht über den britischen Polizeistreik von 1918/19. Da er zu dieser Zeit mit dem Aufbau der Roten Armee und dem Kampf im russischen revolutionären Bürgerkrieg beschäftigt war, kommentierte er nie diese besonderen Ereignisse in Großbritannien. Aber wir können sicher sein, dass er, wenn er es getan hätte, seine Position nicht einfach von einem Kontext in einen anderen kopiert hätte oder andersherum. Zum Beispiel schrieb derselbe Trotzki in einem ganz anderen Kontext im selben Land – dem revolutionären Gärungsprozess in Deutschland in den frühen 1920er-Jahren – das Folgende:
Wie wir aus dem obigen Zitat sehen können, behandelte Trotzki die Polizei nicht als einen monolithischen reaktionären Block. Er forderte nicht, die Polizei aus den freien (sozialdemokratischen) Gewerkschaften herauszuwerfen und er glaubte nicht, dass kein Polizist jemals für die Revolution gewonnen werden könnte. Im Gegenteil, unter den konkreten Bedingungen, auf die er sich bezog, glaubte er, dass „ein Drittel neutral bleiben wird, und etwa ein Drittel wird an unserer Seite kämpfen oder uns helfen.“ Man kann sicherlich anderer Meinung sein als Trotzki, aber man kann nicht leugnen, dass Trotzkis Methode ihn damals zu dieser Schlussfolgerung führte. Anstatt vereinfachende Slogans zu übernehmen und sie unter allen Bedingungen gedankenlos zu wiederholen, folgt die IMT Trotzkis Methode und analysiert jede Situation konkret aus der Perspektive dessen, was die Interessen der breiteren Arbeiterklasse am besten fördert. Wir betonen die Tatsache, dass Polizeibrutalität eine Funktion einer in Klassen gespaltenen Gesellschaft ist und nicht nur eine Angelegenheit einzelner Soziopathen – obwohl die Polizei mehr als genug solche Leute hat. Vor allem betonen wir, dass die Frage der Polizei niemals innerhalb der Grenzen des Kapitalismus gelöst werden kann. Um Polizeibrutalität zu beenden, müssen wir das System des Privateigentums an den Produktionsmitteln beenden. Denn dieses macht Polizisten und den Staat überhaupt erst notwendig. Das ist es, wofür wir kämpfen und wofür wir immer gekämpft haben, egal wie die Sektierer versuchen, Verwirrung zu stiften, indem sie unsere dialektisch differenzierte Position verdrehen. Die Massen, Wahlkampfpolitik und die Verwendung von Slogans Die bürgerliche Wahlkampfpolitik ist ein Minenfeld, besonders in einem Land ohne eine Massenpartei oder -tradition der Arbeiterklasse. Es ist jedoch ein Minenfeld, durch das Marxisten navigieren müssen, gerade weil Millionen von Arbeitern weiterhin Illusionen in bürgerliche Wahlen haben. Die linksradikalen Sekten beschuldigen die IMT, „Illusionen“ in Leute wie Bernie Sanders und AOC zu schüren. Ist das wirklich der Fall? Zunächst einmal sollten wir verstehen, dass für die Sektierer die Erwähnung irgendeines bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Politikers oder einer Partei in etwas anderem als einem mürrischen, feindseligen, denunziatorischen Ton das Äquivalent zum „Säen von Illusionen“ ist. Marx' Ansatz – hart in der Sache, freundlich im Ton – ist ihnen völlig fremd. Aber jeder, der unser Material ehrlich und im Kontext liest, wird Folgendes sehen: 1. Wir haben immer eine prinzipienfeste, klassenunabhängige Position vertreten – nicht ein einziges Mal haben wir dazu aufgerufen, für die Demokratische Partei (oder die Republikanische Partei) zu stimmen oder ihr beizutreten. 2. Als sich das Bewusstsein der Massen und insbesondere der fortgeschrittenen Schichten, angetrieben durch die Krise des Kapitalismus, verändert hat, haben wir unsere Losungen angepasst – aber nicht unsere prinzipielle Position. Kann jemand ernsthaft leugnen, dass in den letzten Jahren ein kolossaler Wandel stattgefunden hat, zum Beispiel in der Frage des „Sozialismus“? Sollen wir weiterhin genau die gleichen Slogans und Formulierungen der Ära vor Sanders/Trump verwenden? 3. Weit davon entfernt, „Illusionen zu schüren“, haben wir die Massen durch ihre Erfahrungen begleitet, ihr politisches Verständnis und ihren Horizont erweitert, indem wir positive Forderungen erhoben haben. Gleichzeitig haben wir die grundlegenden Klasseninteressen und -beziehungen sowie die Gefahren erklärt, die mit irgendwelchen Illusionen bei den Demokraten verbunden sind. Zum Beispiel in der Frage des sogenannten „geringeren Übels“. Socialist Alternative (CWI), die Democratic Socialists of America (DSA) und andere folgten Sanders, als dieser 2016 für die Demokraten antrat und rückten in dieser Frage vor 2020 noch weiter nach rechts, Wir hingegen haben eine prinzipielle Position beibehalten. Wir haben nicht nach künstlichen Abkürzungen gesucht, stattdessen haben wir unser Banner für die Zukunft ausgerollt, auch wenn uns das von schnellen und einfachen kurzfristigen Gewinnen abschneidet. Wir verstehen, dass die Qualität der Ideen und Kader in dieser Phase von größter Bedeutung ist und dass die Quantität in der Zukunft daraus resultieren wird. Wir haben uns ausgewogen an diejenigen gewendet, die bereits mit Sanders und den Demokraten gebrochen haben, und an diejenigen, die immer noch hoffen, dass das ein gangbarer Weg zum „Sozialismus“ ist. Wir haben konsequent die Notwendigkeit einer unabhängigen sozialistischen Massenpartei der Arbeiterklasse auf der Grundlage der Gewerkschaften erklärt sowie die Notwendigkeit, eine Kaderorganisation aufzubauen, die für ein revolutionäres Programm in dieser zukünftigen Partei kämpfen kann. All das zu erreichen, ist nicht so einfach, wie die Notwendigkeit zu verkünden: „Schmiedet die Vierte Internationale neu!“ Es erfordert geduldige Erklärungen, theoretische Argumente und historische Beispiele sowie zeitgemäße Losungen und Forderungen, die an das aktuelle Stadium des Klassenbewusstseins anknüpfen und es anheben. Trotzkis Überlegungen zur Frage der bürgerlich-demokratischen Forderungen und der bürgerlichen Demokratie im Allgemeinen werfen ein wichtiges Licht darauf, wie Marxisten sich effektiv mit breiteren politischen Fragen auseinandersetzen können und sollten. Der Schlüssel liegt darin, die Massen in ihrer alltäglichen Erfahrung zu begleiten, ohne die Grenze zur Klassenkollaboration zu überschreiten. Neben der besprochenen Proletarischen Militärpolitik ist Trotzkis Ratschlag an die US-SWP bezüglich des Ludlow-Amendments ein weiteres brillantes Beispiel für seine prinzipientreue und doch äußerst flexible Methode. Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs schlug der Kongressabgeordnete Louis Ludlow aus Indiana eine Änderung der US-Verfassung vor, die ein nationales Referendum über jede Kriegserklärung des Kongresses vorgeschrieben hätte, außer in Fällen, in denen die Vereinigten Staaten zuerst angegriffen worden waren. Die Massen hatten gewisse Illusionen in diese bürgerlich-demokratische Reform, da sie den kommenden Krieg fürchteten und nach Möglichkeiten suchten, ihre politischen Führer zur Verantwortung zu ziehen. Wie sollten sich Marxisten erfolgreich mit denen verbinden, die Illusionen in diese Novelle hatten, ohne selbst „Illusionen“ in die bürgerliche Demokratie, den Liberalismus oder den Pazifismus zu säen? Im Übergangsprogramm schreibt Trotzki:
In einer Diskussion mit Shachtman, Cannon und anderen vertieft Trotzki diese Position:
Im gleichen Gespräch erklärt Trotzki:
Trotzki entwickelte diese Idee auch im Übergangsprogramm:
Das ist unschätzbares Material und sehr lehrreich, wenn es um unsere Herangehensweise an die Bewegung hinter Bernie Sanders geht. „Ohne zu unterstützen und ohne Illusionen zu hegen“, haben wir versucht, „mit aller Kraft das fortschrittliche Misstrauen der Ausgebeuteten gegenüber den Ausbeutern“ zu unterstützen, das in diesem Fall durch das DNC und den zutiefst misstrauischen und verhassten Clinton-Obama-Flügel der Demokraten repräsentiert wird. Auf dem Höhepunkt der Bewegung 2016, bevor Sanders vor Hillary kapitulierte, zu einer Zeit, als er selbst eine unabhängige Kandidatur nicht ausdrücklich ausschloss, sagten wir im Wesentlichen: „Brich mit der Bourgeoisie, übernimm die Macht!“ Die IG sieht das als „Schüren von Illusionen“ in Sanders. Unser Zielpublikum war jedoch nicht Sanders selbst, der sich mit ziemlicher Sicherheit dem Druck der herrschenden Klasse beugen würde (wie wir bei mehreren Gelegenheiten betonten). Vielmehr sprachen wir jene Anhänger von Sanders an, deren Vertrauen in die Demokraten erschüttert worden war, und vor allem die fortgeschrittenen Menschen, die wütend waren und nach Sozialismus außerhalb des Zweiparteiensystems suchten. Erfahrung ist der mächtigste Lehrer. Aber sie kann durch gut abgestimmte und durchdachte Losungen und Forderungen beschleunigt werden. Das ist jedoch nicht so einfach, wie jemanden „anzuprangern“ – die Leute müssen ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Unser Ziel war es, einen Keil in die Risse zu treiben, die sich zwischen dem DNC und denjenigen aufgetan hatten, die die Demokraten gegen die Republikaner unterstützen, weil es keine Alternative gibt. Spätere Ereignisse beweisen zweifelsfrei, dass es viele Tausende von Menschen gibt, die „wütend sind und nach Sozialismus außerhalb des Zweiparteiensystems suchen.“ Um die IMT als Reformisten und Klassenkollaborateure darzustellen, müssen die Linksradikalen eine einseitige, stark verkürzte Auswahl von Zitaten präsentieren, die aus Tausenden von Worten ausgewählt wurden, die in jeder Phase des Phänomens Sanders geschrieben wurden. Es ist eine totale Falschdarstellung zu sagen, dass die IMT „eine langjährige Position“ hat, Sanders zum Aufbau einer sozialistischen Massenpartei aufzurufen. Die Art und Weise, wie wir über Sanders schrieben, bevor seine Kandidatur Fahrt aufnahm, war ganz anders als die Art und Weise, wie wir am Vorabend seiner Kapitulation auf dem DNC über ihn schrieben, oder wie wir heute über ihn schreiben, obwohl unsere grundsätzliche Position die gleiche geblieben ist. Nicht ein einziges Mal haben wir gesagt, dass Sanders, der als Demokrat kandidiert, den Sozialismus herbeiführen würde oder könnte, oder dass seine Art von „Sozialismus“ etwas anderes ist als linker Populismus oder rechter Reformismus, bestenfalls. Was wir gesagt haben, ist, dass er schon heute als Katalysator für einen Bruch mit den Demokraten dienen könnte, der potenziell Kräfte freisetzen könnte, die sich der Kontrolle der herrschenden Klasse entziehen könnten – und dass dies den Weg zu einem Kampf für echten Sozialismus und Revolution öffnen könnte. Wie wir die Forderungen in der Bewegung erheben, hängt von vielen Faktoren ab. Lenins Position im Laufe des Jahres 1917 war, dass die Arbeiterklasse die Macht übernehmen und eine sozialistische Revolution durchführen sollte. Zu den von ihm entwickelten Hauptparolen gehörten: „Frieden, Land, Brot!“ „Nieder mit den zehn kapitalistischen Ministern!“ und „Alle Macht den Sowjets!“ Er schlug keine Slogans vor wie „Stürzt den Kapitalismus!“ „Nieder mit Kerenski!“ „Für eine sozialistische Revolution!“ – obwohl dies seine Ziele waren. Das Entscheidende war, die Massen zu gewinnen, die immer noch Illusionen in die bürgerliche Demokratie hatten (die zu dieser Zeit in Russland erst ein paar Monate alt war). Diese nicht sonderlich radikal klingenden Forderungen hatten dennoch einen kolossal radikalen Inhalt und führten schließlich zu diesem Ergebnis, indem sie den Massen halfen, durch ihre eigene Erfahrung die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der Kapitalismus die Wurzel des Problems war. Der Aufbau einer revolutionären Massenpartei und der Sturz des Kapitalismus werden große taktische Flexibilität erfordern. Eine dialektische Herangehensweise ist notwendig, wenn wir unseren prinzipiellen Inhalt beibehalten und gleichzeitig die Form dynamisch an die sich ändernden Bedingungen anpassen wollen. Zum Beispiel war Trotzki an einem Punkt für den Bruch mit der Sozialistischen Partei, an einem anderen befürwortete er den Eintritt in genau „dieselbe“ Sozialistische Partei, die 1914 die Arbeiter verraten hatte. Aber es war nur „dieselbe“ im Namen und in der Form – der Inhalt und das Potenzial für den Klassenkmapf hatten sich in der Zwischenzeit verändert. Und Lenin war dafür, dass die jungen Kräfte der britischen Kommunistischen Partei der Labour Party beitraten – einer Partei, die er als „bürgerliche Arbeiterpartei“ charakterisierte. Ebenso war Trotzki eine gewisse Zeit lang gegen die Unterstützung der Bildung einer Arbeiterpartei in den USA. Später war er dafür. Und obwohl er aktiv die Vierten Internationale aufbaute, befürwortete er gleichzeitig die Entsendung einiger US-amerikanischer Genossen in die Kommunistische Partei – die von Stalin geführte Partei, der damals versuchte, ihn zu ermorden – zu einer Erkundungsmission, um die Möglichkeiten für ein Wachstum durch diese Arbeit zu prüfen. Weit davon entfernt, ein „Wendehals“ zu sein, erkannte Trotzki, dass die veränderten Bedingungen eine andere Taktik oder Aufmachung erforderten, um die gleichen grundlegenden Ziele zu erreichen. Waren Lenin und Trotzki schuldig, in die sozialistischen, stalinistisch-kommunistischen oder Arbeiterparteien „Illusionen zu schüren“? Oder schauen wir uns das Beispiel des revolutionären Potenzials in Griechenland vom Sommer 2015 an. Leider waren die Genossen der IMT, die auf dem Syntagma-Platz intervenierten, zu wenige, um einen entscheidenden Einfluss auf die Ereignisse zu haben – aber sie taten ihr Bestes! Sie verkauften Hunderte von Zeitungen und verteilten Tausende von Flugblättern, in denen sie die Führung von Syriza aufforderten, mit der Troika und dem Kapitalismus zu brechen und mit aller Macht dazu beizutragen, die Energie der Massen über Tsipras' Reformismus hinaus in eine offen revolutionäre Richtung zu lenken. Hätten die linksradikalen Sektierer dort jemanden gehabt, können wir uns vorstellen, dass sie Tsipras einfach als Verräter denunziert hätten. Anstatt den Massen zu helfen, aus der Erfahrung zu lernen, sie durch die unvermeidliche Reihe aufeinanderfolgender Annäherungen zu begleiten und möglicherweise sogar dabei zu helfen, die Situation auf die Spitze zu treiben, hätten sie sich damit begnügt, sich damit zu brüsten, dass sie „die ganze Zeit recht hatten“, als Tsipras kapitulierte und die Massenbewegung in eine tiefe Flaute geriet. Es geht bei der Entwicklung politischer Perspektiven nicht darum, „richtig“ zu liegen, sondern die wahrscheinlichsten Klassenkampfszenarien vorauszusehen, um eine Richtschnur zu haben, wenn wir in den widersprüchlichen Wirbelwind der Ereignisse eingreifen. Es wäre zum Beispiel einfach, „richtig“ zu sein und zu sagen, dass wir „die ganze Zeit wussten, dass Sanders Hillary unterstützen würde.“ In der Tat haben wir von Anfang an gesagt, dass dies das wahrscheinlichste Ergebnis war. Aber das Leben und das Massenbewusstsein sind komplizierter als das. Nichts ist absolut im Voraus festgelegt. Hätten wir uns nicht mit denen, die Illusionen in Sanders hatten, mit einer ständig aktualisierten Darstellung unserer grundlegenden Position beschäftigt, dann hätten wir nicht die Erfolge erzielt, die wir in den letzten paar Jahren erreicht haben – und die wir weiterhin machen. Einige unserer heutigen Unterstützer begannen als Bernie-Sanders-Anhänger. Was uns betrifft, so ist ein einziger dieser Genossen, der aus seinen Erfahrungen gelernt hat und anschließend helfen kann, andere für eine revolutionäre Perspektive zu gewinnen, hundert linksradikale Sektierer wert, die „die ganze Zeit wussten“, dass Sanders Hillary unterstützen würde. Und was unsere Arbeit in den unterentwickelten, ehemals kolonialen Ländern betrifft, schimpfen die Linksradikalen wieder, dass wir mit der angeblichen „trotzkistischen Orthodoxie“ brechen. In Ländern, in denen das Gesetz der ungleichmäßigen und kombinierten Entwicklung scharf und chaotisch ausgeprägt ist, ist die Theorie der permanenten Revolution der Schlüssel zum Verständnis der Dynamik von Revolution und Konterrevolution. Unter diesen Bedingungen, insbesondere angesichts der verspäteten sozialistischen Revolution in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern, können alle Arten von hybriden politischen Formationen entstehen und tun dies auch. Die Arbeiter und armen Bauern können nicht warten, bis die Arbeiter in den wirtschaftlich entwickelten Ländern die Revolution machen, und sie können auch nicht darauf warten, dass ihre Massenorganisationen und Parteien von den Sektierern genehmigte Reinheitstests bestehen. Das war der Fall bei der PPP in Pakistan, der PRD in Mexiko und der PSUV in Venezuela. Aber obwohl die Bedingungen in diesen Ländern oft instabiler und verwirrender sind, was zum Teil auf die verschwommenen Klassenverhältnisse zurückzuführen ist, bleibt unsere grundlegende Methode die gleiche. Wo die Marxisten nur im Embryo vorhanden sind und keine Massenpartei der Arbeiterklasse existiert, müssen wir die weitsichtigsten Individuen gewinnen, wo immer wir sie finden können, sie in der marxistischen Methode schulen und sie auf die Arbeiterklasse orientieren. Das bedeutet manchmal, in und um einige dieser hybriden Formationen herum zu arbeiten. Wenn es eine Sünde ist, die Arbeiter, die städtischen Armen und die armen Bauern durch die Erfahrung zu begleiten, einen Weg aus der Sackgasse des Kapitalismus zu finden, während wir dafür kämpfen, sie für den revolutionären Marxismus zu gewinnen, dann bitten wir die Hüter der heiligen Tafeln um Vergebung, denn wir haben gesündigt. Ehrlich gesagt, all dies scheint so grundlegend zu sein, dass es fast peinlich ist, es immer wieder zu wiederholen. Aber für die Linksradikalen ist die Methode von Lenin und Trotzki unverständlich. Sie können einfach nicht begreifen, dass es nicht nur auf die spezifischen Worte ankommt, sondern vielmehr auf die theoretische, strategische und taktische Methode, die hinter diesen Worten steht. Was die IMT betrifft, so vertreten wir die marxistische Methode, nicht weil „Lenin und Trotzki das gesagt haben“ oder weil sie zu 100 Prozent richtig lagen, sondern weil sie in neunundneunzig von hundert Fällen brillant richtig lagen. Fazit Die amerikanische Linke befindet sich seit Jahrzehnten in einer langgezogenen Krise. Sie hat den Gesetzen der Schwerkraft lange Zeit getrotzt – aber alles hat eine Grenze. In dieser Epoche des aufsteigenden Klassenkampfes und der kapitalistischen Krise erntet die Linke nun, was sie lange Jahre gesät hat. Ihre politischen und organisatorischen Fehler haben zu einer kolossalen Krise des politischen Vertrauens in ihre Führung und Ideen geführt. Die IMT ist eine kleine Organisation. Dafür sind wir in der Vergangenheit oft verspottet worden. Aber unsere Kritiker haben ein wichtiges Detail übersehen – wir sind die einzigen mit einer gesunden revolutionären marxistischen DNA. Das ist es, was uns Vertrauen gibt und uns durch die vielen Höhen und Tiefen der letzten dreißig Jahre getragen hat. Wir sind noch dabei, den ersten Kern von Kadern aufzubauen und befinden uns noch hauptsächlich in einer Propagandaphase. Die Menschen wollen und brauchen viele Ideen und Erklärungen, wenn wir sie gewinnen wollen. Die Menschen sind kritischer und bis zu einem gewissen Grad auch zynischer als je zuvor. Agitatorische Slogans spielen eine wichtige Rolle in unserer Arbeit. Jedoch lassen sich die meisten Menschen heute nicht allein durch agitatorische Slogans gewinnen – aber auch das wird sich in Zukunft ändern. Indem wir uns auf die Ideen des Übergangsprogramms stützen, sind wir auf dem richtigen Weg geblieben. Wir verstehen, dass Perspektiven eine Wissenschaft sind, während Parteiaufbau eine Kunst ist. Wir sind weder Sektierer noch Opportunisten. Wir sehen die Klassenlinien klar und haben immer unsere Klassenunabhängigkeit bewahrt. Unsere Aufgabe ist es, diese Linie dem Rest der Arbeiterklasse durch geduldige Erklärungen und gemeinsame Erfahrungen klar zu machen – nicht durch selbstherrliche Denunziationen. Unsere Hauptaufgabe bleibt die gleiche, die Trotzki 1938 skizzierte:
Und im Übergangsprogramm:
Das ist der Kurs, den die IMT einschlagen wird. Wir laden alle ein, die die siegreiche sozialistische Revolution noch zu unseren Lebzeiten erleben wollen, sich uns anzuschließen. Nachtrag Ein paar Wochen nach dem Austritt des IG-Unterstützers aus der IMT brachte die IG eine Broschüre mit den üblichen Kritiken an der „reformistischen Linken“ heraus – was ihrer Ansicht nach die IMT einschließt. Sie stellten die Person als den Führer der „Linken Opposition“ der IMT dar, einen heldenhaften Märtyrer, der die bösartige Unterdrückung der Führung ertrug, während er standhaft den Trotzkismus verteidigte. Die Wahrheit ist, dass er keine solche „Linke Opposition“ anführte, niemanden für seine Ansichten gewann und aus eigenem Entschluss ging, nachdem er jede Chance erhalten hatte, seine Genossen zu überzeugen. Aber warum sollen die Fakten eine gute Geschichte ruinieren? Die niedere Unehrlichkeit dieser Leute kommt voll zum Vorschein, wenn man sich anschaut, was sie aus der Korrespondenz des US-Exekutivkomitee mit dem Vermerk „[zensiert]“ herausgeschnitten haben. Aus dem Material, das entfernt wurde, ist der Zweck offensichtlich: die IG möchte die IMT als undemokratisch verunglimpfen, weil sie ihrem Genossen nur organisatorisch und nicht politisch geantwortet habe: 1. Aus dem EK-Brief vom 14. März ist ein wesentlicher Teil des ersten Absatzes entfernt worden: „Keine der Meinungsverschiedenheiten, die du darin ansprichst, sind während deiner Zeit in NYC entstanden; du hast sie nicht bei den Genossen in MSP angesprochen, als sie zum ersten Mal aufkamen, und du hast sie nicht bei den Genossen angesprochen, die du aus Ihrer Zeit in NYC gut kanntest – obwohl du einige von ihnen während der Ferienpause gesehen hast. Stattdessen hast du mehrere Monate gewartet und dann eine vollständig ausgearbeitete Position schriftlich vorgelegt, noch bevor grundlegende Diskussionen über die von dir aufgeworfenen Fragen geführt werden konnten.“ 2. Am Ende desselben Briefes hat er die Einladung des EKs, sich mit ihm zu treffen, falls er während der Frühjahrsferien in NYC wäre, entfernt: „Wir verstehen, dass bald Frühlingsferien an der U of M. sind. Könntest du für ein paar Tage nach NYC kommen? Wenn ja, wäre das eine ausgezeichnete Gelegenheit für dich, sich persönlich mit Genossen aus dem Nationalen Center zu treffen, um deine Kritik persönlich zu diskutieren. Wir freuen uns auf deine Antworten auf die obigen Fragen und hoffen, dass wir die Möglichkeit haben, uns persönlich zu treffen, falls du in den Frühjahrsferien in NYC sein wirst.“ 3. Im EK-Brief vom 25. März streicht er einen wesentlichen Teil des ersten Absatzes, in dem auch die Versuche erwähnt werden, ihn zur demokratischen politischen Diskussion zu bewegen: „Wir dachten, wir würden ein paar Tage warten, bevor wir antworten, um zu sehen, ob du deinen Genossen vor Ort antworten würdest und ob wir vielleicht in der Lage wären, persönlich in NYC zu diskutieren, während du in den Frühlingsferien bist. Aber du hast dich eindeutig entschieden, auch deren Bitte um Klärung zu ignorieren und hast auf unsere Einladung, sich zu treffen und zu diskutieren, nicht geantwortet. Mit den Mitgliedschaftsrechten kommen auch Mitgliedschaftspflichten. Zu diesen Pflichten gehört, dass man immer ehrlich und aufrichtig zu seinen Genossinnen und Genossen sein muss. Deine Nicht-Antwort spricht sehr für das Gegenteil.“ und außerdem: „Eine umfassende Diskussion der von dir angesprochenen Punkte hat in der MSP in deiner Niederlassung und bei den MSP-Treffen begonnen. Das Thema des letzten Treffens wurde im letzten Moment geändert, um deine Fragen anzusprechen (obwohl mehrere Genossen bereits Referate zu anderen Themen vorbereitet hatten). Es wurden mehrere zukünftige MSP-Treffen anberaumt, um jede Frage der Reihe nach zu diskutieren, um das politische Verständnis aller für diese Fragen zu heben.“ 4. Am Ende desselben Briefes entfernt er eine weitere Einladung zu einer Diskussion mit dem EK: „Wir erwarten dennoch deine Antworten auf unsere sehr direkten Fragen und laden dich noch einmal ein, sich persönlich zu treffen, um alle deine Meinungsverschiedenheiten persönlich zu besprechen, wenn du noch in NYC bist. Wenn es dir wirklich ernst damit ist, deine Ideen und Bedenken zu klären, wäre dies eine perfekte Gelegenheit zu diskutieren.“ 5. Eine weitere Löschung aus dem EK-Brief vom 26. März: „Warum hast du sich nicht gemeldet, um deine Zweifel mit den Genossen in New York zu besprechen, mit denen du einst eine enge politische und sogar freundschaftliche Verbindung hattest? Warum hast du die Einladung des EK, sich persönlich zu treffen, während du in NYC warst, nicht angenommen oder auch nur zur Kenntnis genommen, oder zumindest erklärt, warum das nicht möglich war? Vielleicht wärst du von unseren Argumenten nicht überzeugt gewesen, aber hätten nicht deine eigenen Genossen die Möglichkeit haben sollen, diese Fragen mit dir zu diskutieren? An welchem Punkt hast du angefangen, dem Wort einer Sekte mehr zu vertrauen als dem deiner eigenen Genossen?“ Diese Auslassungen sagen alles, was über diese sogenannten Verteidiger des „Trotzkismus“ gesagt werden muss.
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