Kategorie: Deutschland

„Revolutionärer Bruch“: Keine brauchbare Antwort im Kampf gegen den Reformismus!

Am 14. Januar trafen sich diverse „marxistische “ Organisationen, um über den gemeinsamen „Revolutionären Bruch“ mit der LINKEN zu diskutieren. Ziel der Konferenz war die Formierung eines gemeinsamen Aktionsbündnisses, das den „Reformismus auf allen Ebenen – auch auf der Ebene der Wahlen – konfrontieren kann”. Wir halten dieses Vorgehen für fatal, da es auf einem grundlegend falschen Verständnis der revolutionären Partei und der Rolle des Reformismus in der Arbeiterbewegung gründet.

flickt / DIE LINKE NRW / Irina Neszeri


Die aktuelle Krise des Kapitalismus nimmt immer heftigere Gestalt an. Die Zeit des relativen Wohlstands für die Arbeiterklasse ist vorüber. Damit die Kapitalisten konkurrenzfähig bleiben und ihre Profite aufrechterhalten können, greifen sie zu Angriffen gegen die Arbeiter mit Sparpolitik, Lohnkürzungen und Entlassungen, während sie obendrein unterstützt durch staatliche Subventionen riesige Profite einfahren. Dieser Horror ist die logische Konsequenz der kapitalistischen Produktion und endet nicht, ehe der Kapitalismus gestürzt ist. Die einzige Klasse, die dazu in der Lage ist, ist die Arbeiterklasse. Sie sammelt ihre Erfahrung in den Klassenkämpfen, in die sie täglich verwickelt wird und beginnt im Zuge dieser sich zu organisieren, um der Politik der Kapitalistenklasse entgegenzutreten. Diese Entwicklung verläuft jedoch nicht geradlinig, sondern ist geprägt von kleinen Etappenzielen, Erfolgen, Stagnation, Rückschlägen und plötzlichen Explosionen, die notwendige Elemente in der Formierung von Klassenbewusstsein bilden. In diesem Prozess müssen erst die alten Illusionen abgelegt werden, bevor neue Perspektiven einen Anhaltspunkt finden. Die Aufgabe der Marxisten besteht in der gegenwärtigen Periode darin, an diesen Prozess anzuknüpfen, seine Entwicklungen nachzuvollziehen und voranzutreiben. Um also zu verstehen, wie es sich zum Reformismus zu verhalten gilt, muss geklärt werden, welche Rolle die reformistischen Massenorganisationen in diesem Prozess einnehmen.

Die Sackgasse des Reformismus

Der Reformismus gibt vor, die Probleme der Arbeiter innerhalb des Kapitalismus zu lösen. Sein linker Flügel erklärt sogar, es wäre möglich, den Kapitalismus innerhalb seiner eigenen Strukturen, also dem bürgerlichen Staat, abzuschaffen. Über diese Ansichten lässt sich eine eindeutige historische Bilanz ziehen, die zeigt, dass jedes Zugeständnis an die Institutionen des bürgerlichen Staates und jede Abweichung von einem klaren, sozialistischen Parteiprogramm zugunsten von Kompromissen mit der herrschenden Klasse schlussendlich keinerlei Verbesserungen der Situation der Arbeiterklasse bringt und zum Scheitern verurteilt ist. 

Der sogenannte „Revolutionäre Bruch” bemerkt in seinem Abschlussdokument richtigerweise, dass der Reformismus, wenn er an die Macht kommt, lediglich neuer Verwalter an der Spitze des Staates wird und eine Politik zum Schutz der Kapitalinteressen durchsetzt. Als Beispiel ziehen die Vertreter des „Revolutionären Bruchs” vor allem die Politik der Linkspartei heran, welche als Teil verschiedener Landesregierungen offen ihre Wahlversprechen brach und stattdessen, um sich als regierungsfähig zu beweisen, bürgerliche Regierungsprogramme mitgetragen hat. Hier zu nennen wären die Privatisierung zehntausender Wohnungen, während der rot-roten Regierungskoalition in Berlin, das Mittragen von Abschiebungen oder das Fallenlassen der für die Wahl der Linken wichtigen Forderungen zur Enteignung der größten Berliner Wohnungseigentümer. Letzterem zollt die LINKE zwar nach wie vor ein Lippenbekenntnis, jedoch soll dieses einer Regierungsbeteiligung nicht im Weg stehen . Auch zur Bundestagswahl 2021 war die Linke bereit, Forderungen aufzugeben, um sich als akzeptabler Koalitionspartner für SPD und Grüne hervorzutun. Das Ergebnis dieser Politik wirkte sich infolge bitter aus und spiegelt sich in den schlechtesten Wahlergebnissen seit Parteigründung wider.

Für den „Revolutionäre Bruch” ergibt sich daraus die Aufgabe „eine Organisation aufzubauen, die ‚die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter:innenklasse, der Jugend, der Frauen und LGBTQIA+, der Migrant:innen‘ im Kampf für den Sturz des Kapitalismus und für die sozialistische Revolutionen anführen kann.“ Über die Notwendigkeit einer solchen Organisation sollte innerhalb der revolutionären Linke kein Widerspruch bestehen, wohl aber um die Frage, wie ihr Aufbau gelingen soll. Die Beobachtung der aktuellen Klassenkämpfe in Deutschland und international zeigt, dass ein immer größerer Teil der Jugend geistig mit dem Kapitalismus bricht, da dieser ihr nichts mehr zu bieten hat. Sie wird mit Inflation, teurem Wohnraum, Krieg und den Folgen des Klimawandels konfrontiert und kann es sich nicht leisten diesen Entwicklungen tatenlos zuzusehen und strömt deshalb in Bewegungen wie „Fridays For Future” oder nimmt an zahlreichen, breiten, sozialen Protesten teil. Immer mehr Jugendliche ziehen jetzt schon revolutionäre Schlussfolgerungen und verstehen sich selbst sogar als Kommunisten.

Doch kommen nicht alle Teile der Jugend, genauso wie die Arbeiterklasse insgesamt, zur gleichen Zeit zu den gleichen Schlüssen. Vor allem in den vergangenen zehn Jahren bildeten sich in Europa verschiedene linksreformistisch ausgerichtete Arbeiterparteien  (Podemos, Syriza), die einen großen Zustrom genossen. Entgegen der Behauptung des revolutionären Bruchs stellten diese einen wichtigen Referenzpunkt in den sich in diesen Phasen zuspitzenden Klassenkämpfen dar und waren ein zentraler Ort, an dem sich klassenbewusste und radikale Schichten der Arbeiterklasse und Jugend zusammenfanden. Es bedarf keiner weiteren Diskussion, dass diese Parteien, in Zuge ihrer Regierungsbeteiligung mit den bürgerlichen Parteien, dazu verdammt waren und es nach wie vor sind, das Vertrauen der Arbeiterklasse zu enttäuschen. Jedoch bleiben sie die erste Anlaufstelle der Massen in den Klassenkämpfen und damit Ausdruck eines keimenden Klassenbewusstseins, solange die Hoffnungen auf eine parlamentarische Lösung der Probleme der Arbeiterklasse nicht aufgegeben sind.

Reformismus kann man nicht totreden

Marxisten müssen im Aufbau der revolutionären Strömung von der konkreten Situation ausgehen und flexibel sein – es kommt unmittelbar darauf an, die Schichten zu organisieren, die jetzt schon bereit sind mit dem Kapitalismus ideologisch und praktisch zu brechen. Diese gilt es von unseren Ideen zu überzeugen, zu organisieren und auszubilden.

Gleichzeitig müssen Marxisten aber auch einen breiteren historischen Blick auf die Entwicklung des Klassenkampfes und des Klassenbewusstseins haben. Die Arbeiterklasse schafft sich im Verlauf ihrer Kämpfe Massenorganisationen. Diese können von Marxisten nicht ignoriert werden, selbst wenn sie politisch durch ihr reformistisches Programm, den Klassenkampf ausbremsen. Die Arbeiterklasse bricht nicht ohne weiteres mit diesen Parteien, im Gegenteil, solange es keine erprobten alternativen Massenorganisationen gibt, bleiben auch die reformistischen Parteien ein ständiger Orientierungspunkt, von denen eine Antwort auf die brennenden Probleme erwartet wird.

Deshalb werden unter dem Druck der kapitalistischen Krise und ihrer sozialen Basis die Reformisten immer wieder dazu gedrängt sein, zumindest in Worten radikal klingende Positionen zu beziehen. Das wird verschiedene Schichten der Arbeiterklasse immer wieder in die traditionellen Arbeitermassenorganisationen ziehen. Die Massen werden sich nur aus der Erfahrung in den Kämpfen auch anderen Parteien zu wenden, wenn die Reformisten sich entlarven und wenn gleichzeitig dort, wo dieser Prozess stattfindet, auch eine sichtbare, verankerte und kampferprobte marxistische Strömung existiert. Diese Entwicklung wird stattfinden, doch es kann ihr nicht künstlich vorweggegriffen werden. 

Marxisten müssen, um Erfolg zu haben, an das Bewusstsein der Arbeiterklasse anknüpfen, anstatt sie von außen her zu belehren und sich damit unweigerlich von ihr zu isolieren. Sie müssen konsequent dort für ihre Positionen und Ideen eintreten, wo sich die Massen befinden und ein Programm vorlegen, das an den konkreten Problemen und Fragen anknüpft und eine Perspektive vorwärts zur sozialistischen Revolution weist. Das gilt auch, wenn die politisch bewussten Schichten sich in reformistischen Parteien und Gewerkschaften organisieren. Gerade dann ist es notwendig innerhalb dieser Parteien offen für ein sozialistisches Programm einzutreten und Druck auf die Führung aufzubauen, denn gerade das Unvermögen der Reformisten diesen Forderungen so wenig wie den eigenen Minimalforderungen nachzukommen, zwingt die Massen, Erfahrung zu sammeln und eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie werden ihre Illusionen gegenüber dem Reformismus verlieren, weil dieser sie in eine Sackgasse führt. Eine marxistische Strömung kann für diese Arbeiter nur dann ein alternativer Anknüpfungspunkt sein, wenn sie selbst an deren Erfahrungen teilhat, diese Erfahrungen erklären kann und selbst als bessere Führung sichtbar ist. Dann kann das revolutionäre Programm des Marxismus von breiten Schichten als Alternative anerkannt werden.

Das schafft man nicht mir kopflosen Aktionen wie dem „Revolutionären Bruch“ mit der LINKEN – von Organisationen und Teilnehmern, die der absoluten Mehrheit nach selbst keine Mitglieder der LINKEN oder Linksjugend sind und keine Verankerung in der Arbeiterklasse haben. Ein Aktionsbündnis, das in waghalsigen, prinzipienlosen Zusammenschlüssen unterschiedlicher Strömungen und Positionen verzweifelt versucht, den Reformismus in seiner gesamten gesellschaftlichen Bedeutung herauszufordern, ist immer zum Scheitern verurteilt – das lehrt die ganze Geschichte der Arbeiterbewegung. Sich mit einigen hundert Mitgliedern dem parlamentarischen Bürokratismus hinzugeben, bestehende Parteien mit ihren etablierten Strukturen, Mitarbeitern, Büros, Finanzen usw. in Wahlen herauszufordern, zu versuchen, die Gewerkschaften direkt zu konfrontieren, ohne richtiges Standbein in den Belegschaften, wird nichts nutzen. Schlussendlich wird so ein Bündnis wie so viele zuvor, opportunistische Positionen beziehen, in der Hoffnung, dadurch ein paar Stimmen mehr zu erhalten. Die Vertreter des „Revolutionären Bruchs“ stützen sich auf ein falsches theoretisches Verständnis des Marxismus und der revolutionären Strategie. Mit ihrem Aktivismus werden sie nicht in der Lage sein auch nur kleine Teile der Arbeiterklasse zu mobilisieren, geschweige denn sich als unabhängige revolutionäre Organisation in der Arbeiterklasse zu verankern.

Der Horror des Kriegs und der Klimakatastrophe erfordert tatsächlich jetzt eine Lösung, die der Kapitalismus nicht bieten kann. Doch gerade deshalb ist eine geduldige und zielorientierte Aufbauarbeit, die an das Bewusstsein der Klasse anknüpft und dieses weiterentwickelt, essentiell. Wir dürfen nicht mit dem Kopf voran in die großen Probleme unserer Zeit stürzen, die Fehler der Geschichte wiederholen und in Linksradikalismus verfallen. Vor allem müssen wir unsere Ressourcen sinnvoll einsetzen, uns theoretisch und praktisch gut bilden und uns auf die kommende Periode der Klassenkämpfe gut vorbereiten.

Für Marxisten kommt es jetzt darauf an, geduldig die Grundlagen für eine zukünftige Massenströmung des Marxismus aufzubauen. Eine erfolgreiche revolutionäre Organisation muss sich auf ein tiefes Studium der marxistischen Theorie und der Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung gründen. Nur auf dieser Grundlage lässt sich eine klare Perspektive sowie korrekte Methoden für den Klassenkampf und den Aufbau der revolutionären Kräfte erarbeiten und in der Praxis umsetzen. Der Funke baut in Deutschland und als Teil der International Marxist Tendency weltweit so eine marxistische Organisation auf. Wir bereiten uns ernsthaft darauf vor, uns den Herausforderungen zu stellen, die uns im Kampf bevorstehen. Wir kämpfen für eine befreite Gesellschaft, den Sozialismus zu unseren Lebzeiten. Schließ dich uns jetzt an, du bist gefragt!

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