Kategorie: International

Klassenkampf von oben: Angriffe auf queere Menschen weltweit

In den letzten Monaten nehmen die Angriffe auf queere Menschen weltweit zu. In der Krise des Kapitalismus greift das bürgerliche Establishment zu Angriffen auf die Arbeiterklasse, insbesondere auf Minderheiten, um abzulenken und zu spalten. Allein in den USA sind dieses Jahr über 500 Gesetzesentwürfe eingegangen, welche die Rechte von Transmenschen und LGBT-Personen im Allgemeinen einschränken sollen – über 70 wurden bereits verabschiedet.

Wikimedia Commons / Matt Hrkac


So wurde in Arkansas ein Gesetz verabschiedet, welches Ärzte für Nebenwirkungen und Kunstfehler verantwortlich machen lässt, mit dem versteckten Ziel Geschlechtsangleichungen und Hormongaben zu verhindern. Außerdem soll damit erreicht werden das Ärzte, welche solche Behandlungen durchführen, keine Versicherung mehr abschließen können. In West Virginia ist es jetzt erlaubt LGBT-Personen zu diskriminieren, wenn es gegen die eigene religiöse Überzeugung verstößt. Zahlreiche andere Gesetzesentwürfe in diese Richtung sind bereits auf dem Weg. Meldungen von tödlichen Angriffen auf LGBT-Personen sind in den USA keine Seltenheit.

6 Monate nachdem die Verabschiedung der „Ehe für Alle“ gefeiert wurde, ist in der queeren Community niemandem mehr nach feiern zu Mute.

Die Demokraten und Republikanern in den USA verhalten sich zueinander wie die Hauptcharaktere aus der Kinderserie „Tom und Jerry“. Beide Parteien dienen der herrschenden Klasse und Vertreten ihre Interessen, sind also befreundet. Tun vor der Arbeiterklasse aber so, als wären sie 2 unvereinbare Gegensätze.

Beide Parteien schüren nicht nur Vorurteile und hetzen die Arbeiterschaft entlang von Linien wie Identität und „Kultur“ gegeneinander auf, sondern betrachten das transphobe Fieber als Schlüsselfaktor für ihr kurzfristiges Wahlkalkül.

Die republikanischen Gesetzgeber sehen darin eine billige Möglichkeit, sich eine verlässliche Basis in einem rückständigen Wählersegment zu schaffen. Doch der "Kulturkampf" hat zwei zynische Seiten. Während die eine kapitalistische Partei den Angriff vorantreibt, reiben sich die andere gierig die Hände mit ihren eigenen Berechnungen.

Dies zeigte sich deutlich bei den Zwischenwahlen im letzten Jahr. Liberale Analysten feierten die Aufhebung von Roe v. Wade durch den Obersten Gerichtshof als eine Maßnahme zur rechten Zeit, die mehr demokratische Wähler an die Urnen brachte. Dabei ist es unerheblich, dass Bidens Partei noch nie eine ernsthafte Maßnahme ergriffen hat, um den allgemeinen Zugang zur Abtreibung in den USA zu verteidigen, geschweige denn gesetzlich zu verankern.

Für die Demokraten ist das nützliche Gespenst des „größeren Übels“ eine willkommene Grundlage für ihre Kampagnen. Ihre Berechnungen verlaufen einfach umgekehrt, indem sie darauf wetten, dass ihre pro-LGBTQ-Lippenbekenntnisse ihre Chancen im Jahr 2024 verbessern werden, während sie in der Praxis absolut nichts tun, um die Rechte oder Lebensbedingungen von Transmenschen zu verteidigen. 

Abschaffung des Transsexuellengesetz in Deutschland

Auch in Deutschland ist der „Kulturkampf“ voll angekommen. Von rechter und konservativer Seite nimmt die Hetze gegen LGBT-Personen zu. So hängt die AfD reaktionäre Plakate in München, auf denen Transpersonen in ein pädophiles Licht gerückt werden. Gleichzeitig führt die CDU einen „Kulturkampf“ um die Sprache und um die traditionelle Familie als zentralen Eckpfeiler der bürgerlichen Ordnung.

Dem gegenüber versucht sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP als fortschrittlich zu inszenieren, indem sie die imperialistischen Interessen des deutschen Kapitals mit der Phrase „feministische Außenpolitik“ in ein progressives Licht zu rücken versucht. Das ist die liberale Seite des „Kulturkampfs“, die der Arbeiterklasse genau so wenig hilft. Auch der Entwurf des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag ist ein gutes Beispiel dafür.

Auf den ersten Blick verspricht es das diskriminierende Transsexuellengesetz, durch eine menschenwürdige und progressive Gesetzgebung zu ändern und somit die Situation für trans-, inter- und nicht binäre Menschen erheblich zu verbessern.

Das aktuelle Transsexuellengesetz gibt vor, dass man für die Geschlechts- und Namensänderung im Personalausweis und anderen Dokumenten zwei psychologische Gutachten und einen Gerichtsprozess durchlaufen muss. Noch dazu kommen sehr hohe Kosten von 500 bis 1.000 € pro Gutachten, welche sich Menschen aus armen Verhältnissen nicht leisten können. Die Gutachten nehmen Monate in Anspruch und greifen tief in die Privatsphäre ein. Die Antragsteller werden nach ihrer Sexualität, ihren sexuellen Fantasien, Masturbation und Pädophilie befragt. Ziel sei es herauszufinden, ob die Person ihr Geschlecht nach der Transition wirklich nicht mehr ändern würde. Wenn der Psychologe am anderen Ende noch dazu transfeindliche Positionen hat oder die Existenz von Transmenschen gar leugnet, ist es unmöglich ein positives Gutachten zu bekommen. Selbst wenn man all das über sich hat ergehen lassen, liegt die Entscheidung beim Gericht, ob der Wunsch erfüllt wird.

Der Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes sieht vor die Namensänderung und den Geschlechtseintrag einfach beim Standesamt ändern zu können, allerdings wird eine 3-monatige Bedenkzeit verankert im Gesetz, welche die Änderung unnötig bürokratisch werden lässt. Unter 14-Jährige können in dem neuen Entwurf eine Änderung nur durch Antrag der Eltern vornehmen. Über 14-Jährige mit Erlaubnis der Eltern. Damit wird die Entscheidung im Zweifel Menschen überlassen, die möglicherweise transfeindliche Vorstellungen haben. Immerhin sollen frühere Geschlechts- und Namenseinträge, d.h. der Deadname, ohne Zustimmung der betreffenden Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden können.

Das war es aber auch schon, was die Regierung für Transmenschen anzubieten hat. Dieser kleine Gesetzesentwurf wird nun von Seiten der Liberalen als Meilenstein gefeiert, aber in Wirklichkeit ignoriert er einen Großteil der Lebensrealität von Transmenschen. So ist keine Verbesserung beim Zugang zu Geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen vorgesehen, womit das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper weiterhin ignoriert wird. So ist auch hier außer kleiner kosmetischer Änderungen durch die sogenannte „Fortschrittskoalition“ nichts wirklich gewonnen. Die Regierungsparteien hoffen sich damit in erster Linie Wählerstimmen zu sichern, um an den Futtertrögen des Staates zu verbleiben.

Um dieses Gesetzesvorhaben hat sich wiederum eine hysterische reaktionäre Debatte entwickelt. Transfrauen, (Menschen, die sich trotz der anfänglichen Zuweisung des männlichen Geschlechts als Frau identifizieren), werden unter den Generalverdacht gestellt sich Zugang zu Frauenräumen (Frauenhäuser, Frauentoiletten, etc.) verschaffen zu wollen, um sexuelle Gewalttaten begehen zu können. Dieses Bild wird sowohl von rechten und konservativen Kreisen als auch in linken Kreisen von Radikalfeministen verbreitet. Dabei gibt es dafür nicht die kleinste Grundlage. Auch jetzt wird vor Frauentoiletten und Umkleiden keine Ausweiskontrolle durchgeführt und jeder kann sich Zugang verschaffen. Beide Lager führen einen pausenlosen Krieg gegen Transmenschen, indem sie irrationale Ängste schüren und spalten damit die Arbeiterklasse als Bewegung. 

Wem nützt die Unterdrückung von queeren Menschen weltweit etwas?

Hauptprofiteur der Unterdrückung von queeren Menschen ist die herrschende Klasse. Sie nutzt den „Kulturkampf“ von rechts aber auch von links aus, um die Arbeiterklasse anhand ihrer Geschlechtsidentität, ihrer Religion oder ihrer Hautfarbe zu spalten. Auch linke Strömungen die sich an diesem Kulturkampf beteiligen, seien es Radikalfeministen oder Vertreter der Queer-Theorie spielen der herrschenden Klasse in die Hände, selbst wenn wie meinen, für eine Welt ohne Unterdrückung einzustehen.

Eine gespaltene Arbeiterklasse ist eine gute Arbeiterklasse für die Herrschenden, egal ob in Deutschland oder den USA. Die herrschende Klasse nutzt alle Diskriminierungsformen, um von der Unterdrückung der Arbeiterklasse insgesamt abzulenken. Es ist daher kein Zufall, dass in Zeiten von hoher Inflation bei anhaltender Stagnation des Wirtschaftswachstum Angriffe auf queere Menschen zu nehmen. Ein Arbeiter, der damit beschäftigt ist, seinen niedrigen Lohn auf die Ausländer und Flüchtlinge von nebenan zu schieben und die queere Person am Arbeitsplatz anzufeinden, erkennt seine eigene Unterdrückung durch die Kapitalisten nicht. Ein Arbeiter, der queer-feindlich ist, schneidet sich deswegen ins eigene Fleisch, weil er den gemeinsamen Klassenkampf verhindert. 

Die Arbeiterklasse kann sich daher nur befreien, wenn sie einen entschiedenen Kampf gegen sämtliche Unterdrückungsformen der Kapitalistenklasse führt. Umgekehrt kann die queere Befreiung nur durch den gemeinsamen Klassenkampf für den Sozialismus erreicht werden. Ein Angriff auf queere Menschen ist somit ein Angriff auf uns alle als Klasse!

 

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