„Wir zahlen nicht für eure Krise“. Dies war die Hauptparole auf zahlreichen Demonstrationen des letzten Jahres, um die Forderung zu unterstreichen, dass die Krisenlasten nicht auf den Rücken der Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen. Nach dem schwarz-gelben Bundestagwahlsieg drohen ein sozialer Kahlschlag und ein massiver Stellenabbau. Die kapitalistische Krise hat zu einem Rekorddefizit im Haushalt geführt. Dreistellige Milliardensummen wurden bisher für die Rettung der Banken ausgeben. Jetzt wird uns die Rechnung präsentiert.
Tony Kofoet, Mitglied des Kreisvorstandes DIE LINKE KV Leer
Es ist knapp 21 Monate her, als im Februar 2008 der niedersächsische SPD-Vorsitzende Garrelt Duin, der soeben mit seiner Partei eine derbe Niederlage bei den Landtagswahlen erlitten hatte, einen Tag lang zum Liebling der Mainstreammedien mutierte. Was war geschehen? Der Ostfriese Duin hatte auf einer SPD-Vorstandssitzung als einziges Vorstandsmitglied gegen die Öffnung gegenüber den LINKEN gestimmt. Spätestens seit der Hessen-Wahl 2008 wissen wir, dass die Medien die Metzgers, Everts und Duins und andere ewiggestrige, kleinmütige politische Nobodys braucht, um vor der linken Gefahr zu warnen und den Aufstieg der Partei links von der SPD zu bremsen.
Zum Tode des früheren FDP-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff sind viele Medien voll des Lobes über einen maßgeblichen Protagonisten des Neoliberalismus in der Bundesrepublik. Dabei war der Graf, der in diesen Tagen in vielen Todesanzeigen gewürdigt wird, zeit seines Lebens vor allem eines: ein treuer Sohn und Diener seiner Klasse.
Als der langjährige Koch-Vertraute Franz-Josef Jung am Freitag seinen Hut nehmen musste, war klar, dass im Zuge der Regierungsumbildung das neue Gesicht aus Hessen stammen musste. Weil Hessens Regierungs- chef Roland Koch als Nr. 2 der Bundes-CDU gilt und nicht selbst in die Regierung Merkel eintreten wollte, konnte der Kabinettsneuling nur jemand aus seinem Landesverband sein, der den Hausherr in der hessischen Staatskanzlei künftig auf dem Laufenden hält und als sein Ohr und seine Stimme wirkt. So kam die ehrgeizige Wiesbadener Bundestagsabgeordnete Kristina Köhler zum Amt einer Familienministerin.
Beim Auftakt des SPD-Bundesparteitags in Dresden, der am Freitag mit einer Abschiedsrede des scheidenden Bundesvorsitzenden Franz Müntefering begann, war die Kritik an der bisherigen Linie der Parteiführung, an Hartz IV, Rente erst mit 67, Agenda 2010 und anderen Maßnahmen der letzten elf Jahre mit SPD-Regierungsbeteiligung, nicht zu überhören.
Das bürgerliche Lager aus CDU/CSU und FDP stellt die Mehrheit im neuen Bundestag. Aber nur sein radikaler Flügel, die FDP, konnte Stimmenzuwächse (+ 1,7 Millionen Stimmen) verzeichnen. CDU/CSU verloren über zwei Millionen Stimmen. Nach elf Jahren Opposition kehrt die FDP gestärkt in die Bundesregierung zurück und wird als die lupenreine Interessenvertretung des Kapitals die Linie maßgeblich bestimmen. Was bedeutet diese Konstellation für die arbeitende Bevölkerung, Arbeitslose, Rentner und Jugendliche? Kommt es zu einem Generalangriff auf die sozialen Errungenschaften?
Die historische Wahlniederlage der SPD bei der Bundestagswahl hat an der Parteibasis bundesweit (selbst-)kritische Diskussionen ausgelöst. Doch anstatt erst einmal die Ursachen zu erforschen, politische Konsequenzen zu ziehen und von der Agenda 2010 abzurücken, hat ein kleiner Kreis an der Parteispitze erst einmal die neu zu vergebenden Ämter des inneren Führungszirkels unter sich aufgeteilt.
Nun hat das Kapital endlich wieder seine Wunschregierung - eine Koalition aus CDU/CSU und FDP mit stabiler parlamentarischer Mehrheit. Prompt gingen denn auch am Montag früh an der Börse die Aktienkurse der Stromerzeuger RWE und E.on wieder hoch. Von einer Mehrheit für Schwarz-Gelb im Bundestag und Bundesrat erhoffen sich die Energiekonzerne jetzt eine Laufzeitverlängerung für alte Atomkraftwerke - und vieles mehr.
In der Auseinandersetzung um den Missbrauch sogenannter "Ein-Euro-Jobs" setzen konservative Kreise in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden neue Maßstäbe. So schlug die örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete und -kandidatin für den Wahlkreis Wiesbaden, Kristina Köhler (Foto), bei einer Podiumsdiskussion des Lokalblatts "Wiesbadener Kurier" mit örtlichen Kandidaten Anfang dieser Woche den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern auch bei der Deutschen Bahn vor.
Christoph Mürdter, Mitglied im Kreisvorstand Die LINKE.Wiesbaden
Lassen wir uns nicht blenden. Obwohl die Bundesregierung, Medien und die Kapitalvertreter gebetsmühlenartig davon reden, dass „die Talsohle durchschritten“ sei, haben uns die Folgen der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 1929 noch gar nicht voll erreicht. Die Bundesregierung hat verschiedene Maßnahmen getätigt, um die volle Wucht der Krise abzufedern. Denn es steht keiner Regierung gut zu Gesicht, kurz vor der Wahl eine Kürzungspolitik anzukündigen.