Die Intensität der Gefühle ist deutlich zu spüren. Millionen Arbeiter und Jugendliche sind auf der Straße und streiken. Die Nation ist gelähmt. Universitäten sind besetzt, Bahnstrecken und Straßen blockiert, und in der Nacht kommt es zu Zusammenstößen mit der Bereitschaftspolizei. Die Straße hat der Regierung eine erdrückende und demütigende Niederlage beigebracht. Das alles ist Frankreich im April 2006.
Trotz der Versuchs sozialdemokratischer Parlamentarier und bürgerlicher Medien, den „Kompromissvorschlag“ bezüglich der EU-Dienstleistungsrichtlinie als „Erfolg“ zu verkaufen, versammelten sich am 14. Februar 2006 weit über 80.000 Gewerkschafter in Strasbourg, um gegen die drohenden Folgen dieser Richtlinie für die Arbeitsplätze, Einkommen und Arbeitsrecht zu protestieren.
Im Mai soll der Entwurf einer EU-Verfassung von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Ende des Monats stimmt das französische Volk über die Verfassung ab. Über die Hintergründe sprachen wir mit Tobias Pflüger, MdEP. Er ist parteilos und wurde 2004 auf der Liste der PDS in das Europäische Parlament gewählt. Im Interview erklärt er, warum die Linksfraktion im Europäischen Parlament den vorliegenden EU-Verfassungsentwurf ablehnt und warum die PDS in den Landesregierungen standhaft bei ihrem beschlossenen „Nein“ bleiben sollte.
Nachdem 18 Monate versucht wurde einen Vertrag zwischen den Mitgliedsstaaten zusammenzuschustern, sind die Gespräche über die EU-Verfassung am vergangenen Wochenende gescheitert. Es gab verschiedene Vorwände, die für das Scheitern herhalten mussten, aber in Wahrheit finden sich die wahren Ursachen in den fundamentalen ökonomischen Widersprüchen, die unter den EU-Mitgliedstaaten entstanden sind. Und diese werden sich durch die EU-Osterweiterung verschärfen. Das Gefälle im Entwicklungsniveau zwischen den jetzigen 15 Mitgliedstaaten wird durch den Zugang von Staaten wie Polen, Ungarn und Tschechien zunehmen.