Kapitalismus ist „Horror ohne Ende“. Das ist mittlerweile vielen klarer als je zuvor. Eine Schreckensnachricht folgt der anderen: Klimakrise, Wirtschaftskrise, Pandemie, Krieg. Dies geschieht nicht mehr „nur“ in weit entfernten Ländern, sondern betrifft die Arbeiterklasse auch direkt in Deutschland: Jahrelange Kurzarbeit gehört für viele zum Alltag. Menschen verlieren ihre Häuser aufgrund von Umweltkatastrophen, im schlimmsten Fall sogar ihr Leben. Die Regierung setzt auf Durchseuchung, dabei sind die Langzeitschäden von Covid-19 bisher noch kaum erforscht. Und nun heißt es auch noch „Frieren für den Frieden“, während die Reichen ein Millionengeschäft mit dem Krieg machen. Hinzu kommt das tägliche Leid von Millionen von Menschen weltweit, die trotz genügender Lebensmittel verhungern müssen, auf der Flucht ertrinken oder in der Kälte erfrieren, weil sie sich keine Wohnung leisten können. Im besten Fall fristen die Massen ein trostloses Leben, mit der ständigen Angst konfrontiert, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, während ihnen täglich eingeredet wird, dass ein glückliches Leben um die Ecke wartet, wenn sie nur hart genug arbeiten würden.
Von diesem grausamen Hamsterrad profitiert nur die Klasse der Kapitalisten. Während Millionen von Menschen in Armut leben, vermehrt sich ihr Reichtum unentwegt. Für das vergangenen Jahr wird die Rekordsumme von 70 Milliarden Euro an die Anteilseigner deutscher Konzerne ausgezahlt. Der Staat hilft hier kräftig mit, indem er den Unternehmen unter die Arme greift: Corona-Hilfen, Milliardengeschenke für die Rüstungsindustrie und neuerdings weitere Unterstützungspakete im Zuge des Ukraine-Kriegs. Die Erforschung von Impfstoffen wurde mit Steuergeld finanziert, Pharmakonzerne machen saftige Profite und der bürgerliche Staat verteidigt den Patentschutz. Wir sehen also, es ist genug Geld vorhanden. Wenn es aber um kaputtgesparte Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen geht oder um Lohnerhöhungen, ist dieses Geld plötzlich nicht mehr da. Gewinne werden privatisiert, während die Arbeiterklasse die Kosten trägt. Am deutlichsten wird das bei den steigenden Energie- und Treibstoffpreisen. Die Energiekonzerne und Raffineriebetriebe stopfen sich die Taschen voll. Auch die Inflation ist eine Umverteilung von unten nach oben.
Reformismus in der Krise
Immer größere Schichten der Gesellschaft, insbesondere der Jugend, werden sich bewusst, dass der Kapitalismus in einer tiefen Krise steckt. Millionen von Menschen gehen weltweit gegen diese unerträglichen Zustände auf die Straße. In diesem Sinne sollte der Erste Mai ein internationaler Kampftag für die Überwindung des Kapitalismus sein. Doch stattdessen setzt die DGB-Führung weiterhin auf Sozialpartnerschaft und Klassenkollaboration zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse. In der Krise des Kapitalismus läuft diese Strategie auf eine ständige Sparpolitik und allgemeines Lohndumping hinaus.
Besonders deutlich wird die Schwäche der reformistischen Führung bei der aktuellen Tarifrunde im Bereich Sozial- und Erziehungsdienst. Hier haben wir eine kämpferische Basis, überwiegend Frauen, die schon 2008 und 2015 wochenlang gestreikt haben. Ver.di kündigte zwar an, dieses Jahr Streiks und Frauenkampftag zusammenzuführen, organisierte in der Praxis jedoch kaum irgendetwas in diese Richtung. Nur ein sozialistisches Programm, das für eine revolutionäre Veränderung der Gesellschaft steht, kann diese Kämpfe tatsächlich verbinden.
Die Gewerkschaftsführung hat es ebenso verpasst gegen die zynische Pandemiebekämpfung der Bundesregierung und für eine Lösung der Krise auf Kosten der Banken und Konzerne einzutreten. Anstatt mit Maske und Abstand gegen die Angriffe der Unternehmen zu kämpfen, fand der Erste Mai der letzten zwei Jahre fast ausschließlich digital statt. Auch die Gewerkschaften beschworen permanent die lähmende nationale Einheit. Konsequenz dieser Politik war, dass „Querdenken“ die einzige sichtbare Opposition gegen die Regierung auf der Straße war. Aus reaktionärer Perspektive prangerten die Wortführer dieser Bewegung gesellschaftlichen Probleme an, lieferten aber ebenso keine Alternative im Interesse der Arbeiterklasse.
Obendrein hat sich der DGB auch bei der Umweltfrage nicht mit Ruhm bekleckert. Anstatt konsequent die Verbindung zwischen Kapitalismus und Klimawandel aufzuzeigen, wird die Bundesregierung aufgefordert eine klimafreundliche Politik umzusetzen. Doch an den Grünen, die sich selbst Umweltschutz auf die Fahne geschrieben haben, wird deutlich, dass die Regierung die Interessen der Unternehmen vertreten. Im Kapitalismus bedeutet dies, dass der Profit immer über der Klimafrage steht. Stattdessen müssen die Gewerkschaften dafür eintreten, dass die Produktion im Rahmen eines nationalen Plans und unter der Kontrolle der Arbeiterklasse umweltverträglich umgestaltet wird. Im Zuge der Wirtschaftskrise sollten beispielsweise das Bosch Werk Berg am Lain geschlossen werden, obwohl die Arbeiter darauf hingewiesen haben, dass die Produktion auf gesellschaftlich nützliche Güter wie zum Beispiel Teile für Bahnen und Busse oder auch medizinische Geräte umgestellt werden kann.
Im September 2019 rief ver.di ihre Mitglieder auf am globalen Klimastreik von FFF teilzunehmen. Ein Aufruf allein reicht aber nicht. Die Gewerkschaften müssen den Kampf gegen den Klimawandel auf eine neue Stufe haben: es braucht Streiks in allen Sektoren und Betrieben. Hier zeigt sich, dass eine Klimabewegung, die sich nicht auf die Arbeiterklasse orientiert, unfähig ist ihre Forderungen umzusetzen, aber auch, dass Gewerkschaften, die nicht für einen sozialistischen Wandel kämpfen, in vereinzelten Kämpfen letztlich scheitern müssen.
Auch bezüglich des Ukraine-Kriegs reihen sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften hinter die deutsche Kapitalistenklasse und ihre Bundesregierung ein. Anfang März gab der Gewerkschaftsbund sogar eine gemeinsam verfasste Stellungnahme mit der Unternehmerverband BDA heraus. Dass es auch anders geht, zeigt die britische Feuerwehr-Gewerkschaft. In einer Stellungnahme betonen sie die Einheit der Arbeiterklasse auch über nationale Grenzen hinweg: „Die Arbeiter der Ukraine und Russlands haben dieselben Interessen.“ Die Punkte 8 bis 11 zeigen besonders deutlich, wie eine klassenkämpferische und internationalistische Position aussieht:
„8. Dieser Konflikt ist ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der NATO, angestachelt von der Expansion der NATO nach Zentral- und Osteuropa. Wir lehnen diese Expansion und jegliche Intervention durch Streitkräfte der NATO ab.“ „9. Wir halten fest, dass die ökonomischen Sanktionen in erster Linie die arbeitenden Menschen treffen werden und als Angriffe des Westens wahrgenommen werden und somit die Unterstützung Putins weiter stärken könnten.“ „10. Wir haben kein Vertrauen oder Zuversicht in die Regierung Johnsons, in dieser und jeder anderen Frage. Ihr vorsätzliches Versagen in Fragen der Pandemiebekämpfung für nun mehr als zwei Jahre hat ihre völlige Missachtung für menschliches Leben bewiesen und führte zum Tod von mehr als 150.000 Menschen in Großbritannien.“
Die DGB-Führung hingegen sieht einfach nur die Bundesregierung in der Verantwortung nach diplomatischen Lösungen zu suchen. Wo sind die Stellungsnahmen, die die heuchlerische Position der Regierung aufdecken? Wo sind die Proteste gegen die Sanktionen, die nicht nur der russischen Arbeiterklasse schaden, sondern auch der europäischen? Wer wird für die 100 Milliarden Sondervermögen der Bundeswehr aufkommen? Die Reichen sicherlich nicht. Gerade jetzt braucht es eine unabhängige Klassenposition, um sich nicht von dem giftigen Smog der Propaganda der herrschenden Klasse verwirren zu lassen.
Der Reformismus hat der Arbeiterklasse nichts zu bieten. Die Massen suchen nach Lösungen und in diesem Prozess wird eine Partei und eine Führungspersönlichkeit nach der anderen auf die Probe gestellt. Das ist die Ursache für die wachsende politische Instabilität, weltweit aber nun auch in Deutschland. Das politische Pendel schwingt heftig zwischen rechts und links. Eine wirkliche Perspektive liefert nur der Marxismus. Planwirtschaft unter demokratischer Arbeiterkontrolle, d. h. Sozialismus, ist die Lösung für Klimakrise, Wirtschaftskrise, Pandemie und Krieg.
Kampf für den Sozialismus
Der Reformismus bringt seine Schwäche darin krass zum Ausdruck, dass er keine Vision für die Zukunft anzubieten hat. Selbst wenn, würde den Führungen der reformistischen Massenorganisationen das Vertrauen in die Arbeiterklasse fehlen, um solch eine Vision in die Tat umzusetzen. Deshalb fokussieren sie sich auf schwache organisierte Abwehrkämpfe und darauf, den Kapitalismus vor sich selbst zu retten. Niemand hängt so sehr am Status Quo wie die Reformisten. Dem Kampf für eine bessere Zukunft haben sie längst eine Absage erteilt. Marxisten hingegen haben revolutionären Optimismus. Den Sozialismus halten wir für eine reale Möglichkeit – sogar zu unseren Lebzeiten. Wir können uns diese Kühnheit erlauben, denn wir haben die Zukunft auf unserer Seite. Unter der Oberfläche sehen wir die Prozesse, die zu stürmischen Zeiten führen. Die Arbeiterklasse wird sich erheben und danach drängen eine neue Gesellschaft aufzubauen. Die Kämpfe und Bewegungen in den USA, Großbritannien, der Türkei oder in Südkorea machen das deutlich.
Der Kapitalismus wird sich jedoch nicht selbst abschaffen. Selbst revolutionäre Erhebungen wie im Sudan oder in Kasachstan führen nicht automatisch zu einem Sieg des Sozialismus. Es braucht eine revolutionäre marxistische Strömung innerhalb der Arbeiterbewegung, die den Massen eine tatsächliche Lösung anbieten kann. Als International Marxist Tendency bauen wir weltweit so eine Kraft auf. Dabei kommt es auch auf dich an. Tritt uns bei!
Für einen klassenkämpferischen 1. Mai! Für die sozialistische Weltrevolution!
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